
Der russische Präsident hat sich längst von allen vertraglichen Lieferverpflichtungen gegenüber dem Westen verabschiedet. Gas fließt nur solange und in dem Umfang, wie es in das russische Kalkül passt, den Westen weiter zu zermürben. Denn Putin führt nicht nur einen Angriffskrieg gegen die Ukraine verbunden mit dem Ziel, sich den Nachbarn einzuverleiben. Der Überfall auf die Ukraine ist zugleich auch ein Angriff auf die europäische Nachkriegsordnung. Mehr noch, es geht dem Kreml darum, die EU und damit die westlichen Demokratien nachhaltig zu destabilisieren oder zumindest zu schwächen.
Die Situation bleibt unverändert schwierig
Dies vorausgesetzt, hat der heutige Tag wenig an der schwierigen Situation verändert: Deutschland ist weiterhin massiv von russischen Gaslieferungen abhängig und muss unter erheblichen Kraftanstrengungen versuchen, diese Abhängigkeit zu kappen. Doch dies wird, wenn überhaupt, erst 2024 möglich sein. Gleichzeitig ächzen die Bürger unter der galoppierenden Inflation – eine unmittelbare Folge des Angriffskrieges und indirekt auch der verhängten Sanktionen gegen Russland.
Während gleichzeitig zumindest die kurzfristigen Auswirkungen auf die russische Wirtschaft überschaubar bleiben, selbst wenn auch dort die Preise gestiegen und das Wachstum merklich eingebrochen sind. Doch der russische Staat kann angesichts der deutlich gestiegenen Rohstoffpreise auf erhebliche Mehreinnahmen setzen und damit auch soziale Verwerfungen im Land abfedern - auch wenn der bisherige Lebensstandard mittel- bis langfristig nicht zu halten sein wird. Russland dürfte in seiner Entwicklung um Jahrzehnte zurückgeworfen werden.
Russisches Erpressungspotential in absehbarer Zeit am Ende
Doch in einem repressiven Staat ist Widerstand lebensgefährlich. Während in Deutschland und den anderen westlichen Demokratien täglich um die Zustimmung der Bürger gegenüber den Einschränkungen zuhause und den Sanktionen gegen Russland geworben werden muss. Wenn Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck nun, reichlich spät, neue Energieeinsparmaßnahmen ankündigt, dann offenbart das auch die Gratwanderung, die die Regierung derzeit bewältigen muss.
Doch trotz der vielen Risiken und Unsicherheiten, die zugleich die Staatsfinanzen und die Haushaltskassen der Bürger erheblich belasten, gibt es auch Grund zur Zuversicht. Nicht, weil Russland den Gashahn zumindest vorläufig jetzt doch weiter offenlässt. Sondern weil sich Deutschland und die EU in diesem Konflikt klar positioniert haben und hoffentlich weiter Kurs halten werden. Und weil die Energiewende längst eingeleitet worden ist, sodass auch das russische Erpressungspotential in absehbarer Zeit am Ende sein wird.