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Russland
Ermittlungen gegen Oppositions-Stiftung

Ein Moskauer Gericht beschäftigt sich mit der Stiftung „Fünfte Jahreszeit“. Sie bildet das organisatorische Gerüst für die Oppositionsarbeit von Alexej Nawalny. Das Justizministerium will die Auflösung erreichen, doch Nawalny wirbt unverdrossen dafür die Präsidentschaftswahlen im März zu bestreiken.

Von Thielko Grieß | 22.01.2018
    Nawalny auf der Bühne, hinter ihm Unterstützer, die ihm applaudieren.
    Der Oppositionspolitiker Nawalny auf einer Kundgebung in Moskau am 24.12.17 (Sergei Fadeichev / TASS / dpa)
    In einem Versammlungsraum in der Stadt Ischewsk spricht Alexej Nawalny vor Dutzenden Anhängern - frei, wie immer, er scherzt, ironisiert die Machthaber im Kreml. Solche regionalen Zentralen hat Nawalny im vergangenen Jahr dutzendfach im ganzen Land eröffnet. Dafür braucht es Registrierungen, Miet- und Personalverträge - also ein organisatorisches Gerüst, das die Stiftung "Fünfte Jahreszeit" bildet.
    Es ist dieses Gerüst, auf das das Justizministerium nun mit seinem Antrag zielt. Eine offizielle Begründung für den Antrag ist bislang nicht öffentlich geworden. Nawalnys Wahlkampfchef Leonid Wolkow erklärte, sollte die Stiftung zwangsaufgelöst werden, werde man sich etwas anderes einfallen lassen; ein Umbau allerdings würde wohl Kräfte binden.
    Nawalny ruft zu Protesten auf
    Trotzdem hat Alexej Nawalny, Anwalt und Oppositioneller, für den kommenden Sonntag in Dutzenden Städten zu Demonstrationen aufgerufen.
    "Plant für Sonntag nichts, nehmt teil! Die Aktionen werden genehmigt. Es ist sehr wichtig, an ihnen teilzunehmen, auch wenn sie im Kreml denken, dass Väterchen Frost gegen uns kämpfen wird. Der 28. Januar ist in Russland ein nicht besonders warmer Tag. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viele Grad unter Null es zum Beispiel in Jakutsk sein werden. Aber trotzdem solltet ihr hingehen. Das ist der wichtigste Mechanismus, Druck auf den Staatsapparat auszuüben."
    Angriffsziel Wahlbeteiligung
    Die letzte landesweite Aktion hatte im Oktober stattgefunden. Mit diesen Aktionen hält sich Nawalny in der politischen Diskussion des Landes, obwohl er an der Präsidentschaftswahl im kommenden März nicht teilnehmen darf, weil er nach Ansicht der Wahlkommission wegen einer Bewährungsstrafe die Bedingungen dazu nicht erfüllt.
    Im Gegenzug ruft der 41 Jahre alte Politiker nun zum Wahlstreik auf. Damit zielt er auf die Wahlbeteiligung, die vonseiten des Machtapparats des Kremls ohnehin als Schlüsselfaktor betrachtet wird. Sie auf ein Niveau zu heben, aus dem Kandidat und Amtsinhaber Wladimir Putin Legitimität ableiten kann, gilt vielerorts als schwierig.
    Wähler mit Gewinnspielen an die Urne locken
    In manchen Städten werden deshalb gleichzeitig zur Wahl Referenden zur Schulpolitik oder Gewinnspiele veranstaltet, um Menschen in die Wahllokale zu locken. Wladimir Putin, der sich wieder zur Wahl stellt, nennt seinen Widersacher grundsätzlich nicht beim Namen. Während der Jahres-Pressekonferenz verglich er Nawalny mit dem früheren georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili, der sich inzwischen in der Ukraine als Regierungsgegner profiliert und Putin als vom Westen geförderter Unruhestifter gilt:
    "Wollen Sie, dass solche Saakaschwilis die Lage im Land destabilisieren? Wollen Sie, dass wir von einem Maidan zum nächsten kommen, dass es bei uns Umsturzversuche gibt? Das alles hatten wir schon."
    Der Präsident tritt bei der Wahl als eigenständiger Kandidat an, nicht als Kandidat der Partei Einiges Russland. Die zur Registrierung erforderlichen Unterschriften hat er Medienberichten zufolge längst gesammelt.