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S.O.S. aus dem Frankfurter Eurotower

Die Europäische Zentralbank soll zukünftig die Banken in der Eurozone beaufsichtigen. Die erschöpften Notenbanker im Frankfurter Eurotower funkten in dieser Woche schon S.O.S. Seit Beginn der Finanzkrise 2008 arbeiten sie im Dauerstress.

Von Stefan Wolff | 05.07.2012
    Im Eurotower in Frankfurt brennen auch noch spät abends die Lichter. Die Mitarbeiter der EZB arbeiten im Krisenmodus und an den Grenzen ihrer Kapazitäten. Die zuständige Gewerkschaft hat geklagt, bei der Europäischen Zentralbank fehle Personal. Sollte eine Euro-Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB geschaffen werden, würde die Arbeitslast größer:

    "Das kann kein Grund sein, dass man notwendige Aufgaben nicht durchführt."

    sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka Bank. Zumal das Personal für eine Bankenaufsicht sicher aufgestockt würde. Diese wird notwendig, sollten notleidende Banken aus dem Euroraum tatsächlich aus den Mitteln des Rettungsschirms ESM mit Geld versorgt werden. Ulrich Kater:

    "Es geht darum, dass man den Häusern, den man Eigenkapital zur Verfügung stellt, auch eine Kontrolle an die Seite stellt, was eventuell durch eine neutrale und nicht nationale - zumindest nicht so eng nationale Institution - wie die EZB vielleicht sogar besser geht, als durch nationale Bankenrekapitalisierungsfonds, die wir ja beispielsweise in Deutschland auch haben, wo eventuell mehr Rücksicht genommen wird auf die Banken im eigenen Land."

    Es wäre ein gewichtiger Schritt in Richtung Bankenunion, der durchaus begrüßt wird. Der Präsident der französischen Notenbank, Christian Noyer, hält die EZB für die richtige Kontrollinstanz, bezeichnete eine dort angesiedelte Bankenaufsicht als "Quantensprung in der Finanzintegration". Doch bei den Bankenaufsichtsgremien der einzelnen Euro-Länder regt sich Widerstand. Denn eine Euro-Bankenaufsicht würde natürlich bedeuten, dass die nationalen Behörden Kompetenzen abgeben müssten.

    Überflüssig würden Bafin und Co. allerdings nicht, sagt Ulrich Kater:

    "Die Bankensysteme in Europa sind sehr unterschiedlich. Es spricht viel dafür, diese Aufsicht nur für die großen Player, das heißt die systemrelevanten Banken, zu installieren und die vielen Besonderheiten der nationalen Bankensysteme in der Obhut der nationalen Aufsichtsbehörden zu belassen."

    Im September soll der Gesetzesvorschlag eingebracht werden. Kommt er durch, könnte die Aufsichtsbehörde schon Anfang 2013 aufgebaut werden. Ein Problem ist dabei, dass die Bankenaufsicht rechtlich bei den 27 EU-Mitgliedern angesiedelt ist. Auf dieser Ebene wurde bereits die Bankenaufsicht EBA installiert.

    "Die Euroraumländer, die Mitgliedstaaten des Euro, müssen schneller integrieren. Das bedeutet auf vielen Ebenen Doppelfunkionen und Doppelstrukturen."

    sagt Ulrich Kater. Auch auf politischer Ebene ist diese Trennung bereits sichtbar. Beim EU-Gipfel vergangene Woche haben die Euro-Regierungschefs noch getagt, während sich die Vertreter der Nicht-Euro-Länder schon zur Nachtruhe haben zurückziehen können.