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Sachsen-Anhalt
Zahl der ausländischen Studierenden wächst

In Teilen der Öffentlichkeit gebe es zwar noch Ressentiments gegenüber Ausländern, aber junge Menschen aus dem Ausland seien explizit eingeladen, in Sachsen-Anhalt zu studieren, sagt Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Eine solche Einladung braucht es gar nicht: Die Zahl ausländischer Studierender wächst seit Jahren.

Von Christoph Richter | 27.08.2018
    Studenten und Besucher in der Universitätsbibliothek an der Otto-von-Guericke Universität in Magdeburg
    In Sachsen-Anhalt kommt inzwischer jeder 7. Studierende aus dem Ausland (dpa / picture-alliance / Peter Gercke)
    "In kurzer Zeit habe ich Deutsch gelernt."
    Nadja Al-Najar kommt aus Daraa im Süden Syriens, das liegt an der Grenze zu Jordanien. Jetzt lebt sie im knapp 4.000 Kilometer entfernten Schönebeck bei Magdeburg. Und studiert an der Hochschule Bernburg den Masterstudiengang Food und Agri Business. Ein interdisziplinärer Masterstudiengang. Es geht dabei um Fragen der Erzeugung, Verarbeitung von Agrarprodukten und Lebensmitteln. An der Universität Damaskus hat Nadja bereits Landwirtschaft studiert, dort einen Uni-Abschluss gemacht.
    "Meine Zeugnisse wurden hier anerkannt. Aber meinen Ingenieur, habe ich versucht in der Ingenieurkammer anzumelden. Aber leider haben sie den dort abgelehnt."
    Weshalb die 33-Jährige jetzt einen Master-Abschluss machen wolle, um einen vollwertigen – also einen europaweit gültigen - Hochschulabschluss in der Tasche zu haben.
    Zahl ausländischer Studenten stark gestiegen
    Immer mehr ausländische Studierende wählen als Ziel Sachsen-Anhalt. Ein Trend der sich nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Halle an der Saale seit zehn Jahren kontinuierlich nach oben entwickelt. Die Fakten:
    2017 haben exakt 7.382 Ausländerinnen und Ausländer in Magdeburg, Halle oder Bernburg studiert. Damit kommt in Sachsen-Anhalt jeder 7. Studierende aus dem Ausland. Vor zehn Jahren lag der Wert weit darunter.
    "Wir brauchen diesen Zustrom. Wir brauchen ihn kulturell, wir brauchen ihn für die Wirtschaft. Für die Wissenschaft sowieso", unterstreicht Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister Armin Willingmann, SPD.
    Die meisten der ausländischen Studierenden in Sachsen-Anhalt kommen aus China und Indien, aber sie kommen auch von den Fidschi-Inseln, aus Botswana oder Paraguay. Die Welt zuhause in Sachsen-Anhalt, hier könne man es mit Fug und Recht sagen, betont Jens Strackeljahn, der Rektor der Otto von Guericke Universität in Magdeburg.
    "Made in Germany ist einfach international noch eine Marke. Das interessiert die Länder vor allem – dazu gehört Indien – bei denen die Bindung an die Naturwissenschaften, die Technikdisziplinen deutlich stärker ausgeprägt ist als hier. Wir müssen noch stärker dafür sorgen, dass die internationalen Programme mit einer breiteren Verteilung studiert beziehungsweise gewählt werden."
    "Alle müssen die Chance haben, Deutsch zu lernen"
    Das heißt, die Studienfächer müssten noch besser miteinander verzahnt werden. Zu oft blieben die Kulturen unter sich. Gerade mit englischsprachigen Studienangeboten täten sich die einheimischen Studierenden immer noch etwas schwer. Andersherum kämen zu rein deutschsprachigen Studienangeboten kaum ausländische Studierende.
    "Und was uns da umtreibt, wie ist da die Verbleibstatistik. Das heißt, wir müssen mehr tun. Integration heißt auch Sprachkurse anbieten, und zwar in den Fällen, wo das nicht Teil der Studienausbildung, des Curriculums ist. Das ist eine Aufgabe. Praktisch alle, die hier sind, müssen die Chance haben, Deutsch zu lernen."
    Die ausländischen Studierenden seien Multiplikatoren und Vermittler ihrer Kultur. Das dürfe nicht nur ein gestelzter Satz sein, sondern müsse gelebt werden, ergänzt der Magdeburger Wissenschaftsminister Armin Willingmann. Die Studierenden bereichern nicht nur unsere Kultur, sie seien "wertvolle Boschafter" für Sachsen-Anhalt.
    Mehr Offenheit von den Sachsen-Anhaltern gewünscht
    Und junge Menschen aus dem Ausland sind explizit eingeladen, so Willingmann weiter, um in Sachsen-Anhalt zu studieren. Trotz der immer noch bestehenden Ressentiments gegenüber Ausländern, zumindest in Teilen der Öffentlichkeit.
    "Also ich hab den Eindruck – selbst wenn es gelegentliche Vorkommnisse gibt – auf gar keinen Fall abraten kann, nach Sachsen-Anhalt zu kommen. Im Gegenteil, man kann nur weiter einladen. Ich halte das für geboten. Ich habe den Eindruck, dass gerade dort, wo größere Gruppen von ausländischen Studierenden sind, die Integration ganz hervorragend läuft. Die Hochschule Anhalt ist ein gutes Beispiel, die im ländlichen Raum liegt und sehr integrativ wirkt."
    Ausländische Studierende wünschen sich mehr Offenheit von den Sachsen-Anhaltern, ob im Supermarkt oder anderswo. Dass sie nicht gleich die Nase rümpfen oder mit offenem Mund angeschaut werden, nur weil sie eine andere Hautfarbe hätten. Mit den Kommilitonen sei es kein Problem in Kontakt zu treten, komplizierter sei es mit den Menschen auf der Straße oder den Nachbarn, erzählt Nadja Al-Najar aus Syrien.
    "Ich sag immer, sie sind herzlich willkommen, bei uns einen Kaffee zu trinken. Sie sagen immer ja, ja, aber nachher niemand meldet sich."