Freitag, 29. März 2024

Archiv


Salafistische Prediger im Umfeld einer staatlich anerkannten Kita

Der Mainzer Moscheeverein Arab Nil Rhein betreibt seit 2009 die erste staatlich anerkannte muslimische Kita in Rheinland-Pfalz. Das Problem: Der Verein lässt in dem Kita-Gebäude Prediger aus dem salafistisch-wahabitischen Spektrum des Islam auftreten.

Von Ludger Fittkau | 10.05.2013
    Eine Szene in einem libanesischen Fernsehsender. Der islamische Prediger Mohammed Al Arifi spricht mit drei jungen Männern, die im Studio auf einem Sofa sitzen. Er erklärt ihnen, ab wann es erlaubt sei, ihre Frauen zu schlagen, wenn sie ungehorsam sind.

    Wegen solcher öffentlicher Äußerungen hat der Prediger aus dem wahabitisch-salafistischen Spektrum Saudi-Arabiens in der Schweiz Einreiseverbot. Auch im Bundestag wurde er Thema einer Anfrage der Linkspartei.

    In Mainz jedoch trat Mohammed Al Arifi noch vor wenigen Wochen auf. In der Al Nur-Moschee am westlichen Rand der Mainzer Innenstadt. Auch der deutschsprachige Imam Ibrahim Hassan tritt hier auf. Im Internet predigt er religiöse Regeln, in denen körperliche Gewalt gegen bestimmte Menschengruppen gebilligt wird. Etwa gegen Menschen, die Alkohol getrunken haben:

    "Ein Betrunkener wurde vor den Propheten gebracht und der befahl: Schlag ihn! Es wird erzählt, einige von uns begannen, ihn mit ihren Händen zu schlagen. Aber es ist jetzt nicht gemeint, brecht ihm die Knochen und so weiter, sondern ihn zu tadeln und ihm mitzuteilen, dass das, was er getan hat, nicht in Ordnung ist. Dass er dadurch ein bisschen das Gefühl hat, warum habe ich das getan und dass er es nicht wieder tut. Das ist nur als Erziehungsmaßnahme gedacht, dass die Gesellschaft das verabscheut, weil Alkohol schädlich ist."

    Für Teufelswerk hält Ibrahim Hassan die Tatsache, dass es muslimische Frauen gibt, die sich weigern, vor der Ehe ein Kopftuch zu tragen. Zu lautes Lachen erklärt er für schädlich und Beispiele aus dem Lebensalltag der Muslime nimmt er aus Saudi-Arabien.

    Mit seinen Lehren wendet sich der Imam gerne auch an Jugendliche.
    Das ist besonders brisant. Denn in der Mainzer Al Nur-Moschee, in der Hassan und al Arifi aufgetreten sind, gibt es einen staatlich anerkannten Kindergarten. Diese Kita war 2009 in Rheinland-Pfalz als erste in der Trägerschaft eines Moscheevereins staatlich anerkannt worden. Seitdem erhält die Einrichtung Fördergeld von der Stadt Mainz. Die Entscheidung wurde seinerzeit öffentlich kontrovers diskutiert. Schon damals gab es Hinweise auf islamistische Tendenzen in diesem Mainzer Moscheeverein namens Arab Nil Rhein-Verein.

    Heute gehört das für die Kita-Aufsicht zuständige rheinland-pfälzische Landesjugendamt zum Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen. Irene Alt heißt die Ministerin, sie ist eine Grüne. Für ein Interview mit dem Deutschlandradio steht sie allerdings nicht zur Verfügung. Ihre Pressesprecherin Astrid Eriksson antwortet schriftlich.

    "In dem Gebäude befindet sich im Erdgeschoss die Kindertagesstätte und im Obergeschoss eine Moschee. Nach unserer Kenntnis nutzt die Kita den Gebetsraum als Mehrzweckraum, wenn er nicht anderweitig genutzt wird. Wir gehen davon aus, dass religiöse Prediger in der Moschee auftreten und nicht in den Räumen der Kita."

    Dass SPD-geführte Mainzer Innenministerium sieht die Aktivitäten in der Al Nur-Moschee kritischer. Es glaubt, dass der Moscheeverein mehr oder weniger offen mit der grundgesetzwidrigen Anwendung von Sharia-Bestimmungen sympathisiert und eine strikte Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit auf die Vereinsagenda gesetzt habe.

    Aufgrund der Recherchen des Deutschlandradios hat sich jetzt die Stadt Mainz eingeschaltet, die die Kita in der Al Nur-Moschee finanziell fördert. Man habe die für die Betriebsgenehmigung des Kindergartens zuständige Landesbehörde um eine Stellungnahme gebeten, teilt der Pressesprecher der Stadt mit. Das Ende des Vorgangs ist offen.