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Salzbergbau an der Werra
Gutachten sieht Gefährdung des Trinkwassers

Ein Gutachten des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie warnt vor einer Versalzung der Trinkwasserquellen und Heilbrunnen durch Salzbergbau an der Werra im Grenzgebiet von Hessen und Thüringen. Das bringt den Konzern K+S in Bedrängnis.

Von Ludger Fittkau | 20.02.2015
    Ein Lader kippt am 01.07.2014 im Kaliwerk Werra am Standort Hera bei Philippsthal (Hessen) das abgesprengte Rohsalz in einen Brecher.
    Salzproduktion der K+S AG (picture alliance / dpa / Uwe Zucchi)
    Der Kasseler DAX-Konzern Kali und Salz – kurz K+S – ist der größte Salzproduzent der Welt. Ein bedeutender Arbeitgeber auch am Fluss Werra im Grenzgebiet von Hessen und Thüringen. Immerhin rund 2500 K+S-Beschäftigte arbeiten in Salzbergwerken und oberirdischen Fabrikanlagen der Region. Deshalb wollte das Land Hessen noch im vergangenen Herbst einen neuen Vertrag mit dem Unternehmen abschließen. Damit sollte Kali und Salz eine Produktionsperspektive für die nächsten 60 Jahre bekommen.
    Das Problem dieses Planes: die enormen Umweltfolgen der Salzgewinnung im Werra-Gebiet. Salzhaltige Abwässer müssen in großen Mengen laufend entsorgt werden. Es geht um mehrere Millionen Kubikmeter Salzlaugen pro Jahr. Bisher werden sie etwa zur Hälfte in die Werra eingeleitet, die bekanntlich in die Weser mündet. Der andere Teil der Salzlaugen wird in tiefe Bodenschichten versenkt. Die Bedingung: Grund- und Trinkwasser dürfen durch diesen Entsorgungsweg nicht gefährdet werden.
    Salzlaugen gelangten womöglich ins Trinkwasser
    Doch das hessische Umweltministerium vermutet nun, genau dies könnte jetzt beim Tiefbrunnen Eitra im Kreis Hersfeld-Rotenburg geschehen sein. Aktuell werden Messungen vorgenommen, so die hessische Umwelt-Staatssekretärin Beatrix Tappeser von den Grünen. Sollte sich herausstellen, dass Abwässer von K+S den Tiefbrunnen versalzen, könnte dem Unternehmen die Erlaubnis entzogen werden, die Laugen im Boden zu versenken:
    "Die Versenkerlaubnis würde jetzt nicht nur eine kleine Region betreffen, sondern die würde insgesamt Kali und Salz und die derzeitige Versenkerlaubnis betreffen. Und insofern müssten dann andere Entsorgungswege gewählt werden."
    Doch diese anderen Entsorgungswege gibt es nicht, sagt Michael Wudonig, Pressesprecher von K+S. Mehr salzhaltige Abwässer in die Werra zu pumpen, komme aus rechtlichen Gründen nicht in Frage. Werde nun die Versenkerlaubnis für salzhaltige Abwässer in den Boden nicht wie von der Politik versprochen bis 2021 verlängert, muss wohl die Produktion gedrosselt werden. Michael Wudonig:
    "Wir brauchen diesen Entsorgungsweg, insofern hätte ein Entzug der Versorgungserlaubnis für das Werk Werra schwerwiegende negative Folgen."
    Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnt wiederum schon seit Jahren vor den ökologischen Folgen etwa für Bäche und Flüsse, die durch die Salzlaugen im Boden entstehen. Der BUND forderte deshalb das grüne Umweltministerium in Wiesbaden bereits im Herbst 2014 auf, die Versenkerlaubnis in den Boden für Kali und Salz nicht zu verlängern, die Ende 2015 ausläuft. Thomas Norgall, Sprecher des BUND Hessen:
    "Die Versenkung soll bis 2021 weitergehen. Das ist deswegen für uns ein Problem, weil anschließend dieses Material dann doch wieder in Fließgewässern landet und weil wir schon mal eine politische Zusage hatten, dass mit der Versenkung Schluss ist."
    Anrainer stellten Strafanzeige
    Die Werra-Weser-Anrainerkonferenz ist ein Zusammenschluss von Kommunen, die von den ökologischen Folgen der Salzgewinnung im Werra-Raum betroffen sind. Sie will nach Bekanntwerden des kritischen Gutachtens des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie nun den Stopp der Versenkungserlaubnis für K+S mit juristischen Mitteln erzwingen. Man habe Anzeige gegen unbekannt erstattet, so Walter Hölzel, Vorsitzender der Werra-Weser-Anrainerkonferenz:
    "Es geht darum, dass Grundwasser und Trinkwasser vom Wasserhaushaltsgesetz geschützt sind. Die Verunreinigung ist eine Straftat."
    Der Konzern K+S hat aber die Hoffnung, nachweisen zu können, dass das Trinkwasser durch das Versenken der Salzlaugen in den Boden nicht gefährdet ist. Das zuständige Regierungspräsidium in Kassel muss die Unterlagen des Unternehmens in den kommenden Wochen prüfen, mit denen die Verlängerung der Versenkungsgenehmigung beantragt wird. Spätestes im Laufe des Sommers dürfte klar sein, ob Kali und Salz künftig noch Salzlaugen in den Boden pressen darf oder nicht.