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Sanierung
Wärmebildkameras entlarven schlechte Dämmung

Wer wissen möchte, ob sein Haus gut und ausreichend isoliert ist, braucht in der Regel eine so genannte Wärmebildkamera. Doch die kostet viel Geld. In der hessischen Gemeinde Lohfelden bei Kassel können sich Bürger jetzt kostenlos eine Wärmebildkamera ausleihen.

Von Carolin Hoffrogge | 05.06.2014
    Fassaden von Wohnhäusern in der Karl-Marx-Allee am Abend bei untergehender Sonne, fotografiert am 27.06.2013 in Berlin. Foto:
    Viele Altbauten sind nicht saniert und verbrauchen dadurch mehr Energie, die Sanierungsquote in Deutschland liegt bei nur ein Prozent. ( Jens Kalaene / dpa)
    "Da wir uns im Januar eine neue Haustür einbauen lassen haben und vor einigen Jahren das Dach sanieren lassen haben, habe ich gedacht, ich gucke einfach mal, wie es dann aussieht. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Isolierung des Daches mit Zellulosedämmstoff erfolgte, dass heißt da ist dieser Dämmstoff eingeblasen worden. Da hatte ich schon Sorge, ob das überall hingekommen ist."
    Farben geben Hinweis auf Temperaturströme
    Die Lohfeldenerin Iris Bernstein will noch mal nachprüfen wie die Handwerker gearbeitet haben, dafür leiht sie sich die Wärmebildkamera eine Woche lang aus. Eigentlich sei die Kamera dafür gedacht, den Besitzern zu zeigen, wo es in ihren alten Häusern hapert, sagt Klimaschutzmanager Achim Wietzorke, wo es zieht, wo eine schlechte Dämmung ist, wo optimiert werden kann, um weniger Energie zu verbrauchen. Achim Wietzorke nimmt einen schwarzen Koffer von seinem Büroschrank und öffnet ihn:
    "Das ist die Kamera, ist ein relativ kleines Teil. Das ist die Objektivblende, nicht auf Menschen richten, da kommt ein Laserstrahl raus, das kann zu Augenverletzungen führen. Dann an diesem rechten grauen Knopf wird das Gerät eingeschaltet und auch wieder ausgeschaltet, dazu muss man nur länger draufdrücken. Ich schalte das Gerät mal ein, es ist auch aufgeladen."
    Pfusch am Bau ist immer ein Thema
    Sie ist zwar doppelt so groß wie eine herkömmliche Digitalkamera, aber genau so einfach zu bedienen, erklärt Wietzorke. Hält der Klimaschutzmanager die Wärmebildkamera auf sein Bürofenster zeigt ihr Display knallige Farben an.
    "Die Farben geben einen Hinweis auf die Temperaturströme. Blau ist kalt, gelb und rot ist ziemlich heiß. So kommt man den Wärmeströmen auf die Spur. Pfusch am Bau ist immer ein Thema, dort wo verschiedene Bauteile aufeinanderstoßen, eine aufsteigende Wand und das Dach, dort muss man als Handwerker sorgfältig arbeiten, sonst kommt es zu Wärmeverlusten."
    Zehn Minuten weist Wietzorke Iris Bernstein ein, dann will sie los, nach Hause, endlich alles mit der Kamera aufnehmen. Sie wohnt in einem großen, 100 Jahre alten Einfamilienhaus. Es steht auf einem Sockel und hat ein geschwungenes Walmdach.
    "So, jetzt geht's los. Was hat er gesagt, Knopf länger drücken. Okay!"
    Die Lohfeldenerin hält die Wärmebildkamera von innen auf die Haustür.
    "Dann gehe ich jetzt mal zur Haustür und gucke was passiert. (Schritte) Das ist genau die Fuge da links. Da ist es dunkelblau. Die ist schon fertig eingebaut, aber wir müssen da links noch den Isolierschaum reinmachen."
    An der Haustür der Familie Bernstein müssen die Handwerker noch mal Hand anlegen. Das weisen die Farben auf dem Display der Wärmebildkamera eindeutig nach. Iris Bernstein geht mit der Kamera ins Dachgeschoss. Hier prüft sie die Zellstoffdämmung zwischen Fenster und Wand.
    "Was ich hier erwarte, dass diese Fläche deutlich blauer oder weniger rot ist, als die andere Fläche. Hier habe ich jetzt das Fenster."
    Sanierungsquote liegt bundesweit nur bei einem Prozent
    Die Wärmebildkamera zeigt eine minimale Temperaturabweichung von eineinhalb Grad zwischen dem eingebauten Fenster und der Wand an. Ihre Handwerker haben gute Arbeit geleistet, freut sich Iris Bernstein. Aber die Wand runter zum Keller, die muss bald gedämmt werden, hier zeigt die Kamera ein dunkles Blau. Christoph Brake ist Grüner Ratsherr in Lohfelden und Initiator der kostenlosen Ausleihe.
    "Wir haben die Sanierungsquote von 1 Prozent im Jahr, bundesweit. Dass heißt, wir brauchen 100 Jahre um die Häuser in Lohfelden zu sanieren. Eine zu geringe Sanierungsquote, um das Klima zu schützen. Dafür brauchen wir Anreize für die Leute, dass die bereit sind, in Klimaschutz zu investieren. Dazu müssen sie erst mal sehen, wo es denn hapert."
    Eine komplette Energieberatung kann der Gang mit dem Gerät durch das Haus aber nicht sein, sagt Initiator Christoph Brake. Trotzdem sei die Idee einfach und genial.
    "Ich habe auf einer Exkursion einem Kollegen aus Graz erzählt, was wir hier machen in Lohfelden. Er meinte, das hat er ja noch nie gehört. Das ist international einzigartig, was wir hier machen."