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Sankt Petersburg
Streit über die Isaaks-Kathedrale

Die Isaaks-Kathedrale in Sankt Petersburg ist eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt. Dass die Kirche offiziell keine Kirche ist, sondern ein staatliches Museum, stört dabei weder Touristen noch Einheimische. Doch das könnte sich in Zukunft ändern: Die Kathedrale soll in Kirchenbesitz übergehen, was für reichlich Diskussionen sorgt.

Von Markus Sambale | 22.03.2017
    Die Issakskathedrale in Sankt Petersburg
    Die Issakskathedrale ist zum Streitobjekt geworden (dpa)
    Mehr als 100 Meter ragt die Isaaks-Kathedrale in die Höhe – im Zentrum von Sankt Petersburg. Die vergoldete Kuppel ist weit sichtbar, den Innenraum schmücken prächtige Gemälde und Mosaike. Errichtet wurde der klassizistische Bau im 19. Jahrhundert.
    Jetzt ist ein Streit entbrannt um das Wahrzeichen. Der Grund: Die Kathedrale ist offiziell keine Kirche, sondern ein staatliches Museum, das Jahr für Jahr von Millionen Touristen besucht wird. Der Petersburger Gouverneur will das nun ändern und die Kathedrale der orthodoxen Kirche überlassen.
    Doch viele Petersburger sind dagegen: "Das ist unsere Stadt", riefen sie bei mehreren Demonstrationen, zu denen Tausende Menschen kamen. Ein ungewöhnlich lauter Protest in heutiger Zeit.
    Verfassung sieht Trennung von Staat und Kirche vor
    Vielen geht das eigenmächtige Handeln des kirchenfreundlichen Gouverneurs gegen den Strich. Eigentlich sieht die russische Verfassung die Trennung von Staat und Kirche vor, trotzdem ist die Kirche zu einer wichtigen Machtstütze des Kremls geworden – gerade beim Verbreiten nationaler Losungen.
    Boris Wischnewskij ist ein Petersburger Lokalpolitiker von der Oppositionspartei Jabloko und meint:
    "Wir werden betrogen und absichtlich falsch informiert, als ob das Gesetz eine Übergabe der Kathedrale vorschreibt. Aber das Gesetz sieht das nicht vor."
    Manche befürchten, dass die Kirche den Zutritt für Touristen beschränken könnte oder die Instandhaltung der Kathedrale vernachlässigt. Patriarch Kyrill, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, versichert aber:
    "Das Denkmal wird mit neuem Leben erfüllt"
    "Wenn die Kirche das Recht bekommt, ihre Heiligtümer zu schützen, ist das nicht gefährlich. Das Denkmal wird mit neuem Leben erfüllt, es wird zu einem Mittel der Aufklärung des Volkes."
    Zu Sowjetzeiten waren in der Isaaks-Kathedrale – wie fast überall - Gottesdienste verboten. Seit den 1990er Jahren darf die orthodoxe Kirche einen Teil der Kathedrale wieder für religiöse Zeremonien nutzen, sie ist aber nur zu Gast in dem staatlichen Gebäude. Schon länger bemüht sich die Kirche darum, das Gotteshaus offiziell zu verwalten. Und zählt auf Unterstützer in konservativen und patriotischen Kreisen.
    Nach einem Medienbericht machen die Petersburger Behörden Druck: Bis Ostern müsse die Übergabe der Isaaks-Kathedrale an die orthodoxe Kirche abgeschlossen sein, heißt es. Doch Nikolai Burow, der Direktor des Museums in der Kathedrale, bremst:
    Beide Lager mobilisieren weiter ihre Anhänger
    "Ich habe den Auftrag bekommen, die Dauer eines Umzugs zu berechnen. Eine Frist bis Ostern ist offiziell nicht genannt worden – und sie wäre auch meiner Meinung nach nicht realistisch."
    Solange noch keine Fakten geschaffen sind, wollen Befürworter und Gegner weiter ihre Anhänger mobilisieren. Die meisten Petersburger wollen laut einer Umfrage, dass die Isaaks-Kathedrale im Staatsbesitz bleibt. Ob sie sich durchsetzen, ist aber fraglich.