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Sanktionen gegen Russland
Ukrainer begrüßen neue Strafmaßnahmen gegen Moskau

Die meisten Ukrainer begrüßen die Sanktionen der EU gegen Russland. Auch die Regierung in Kiew sieht einen Schritt in richtige Richtung. In den nächsten Tagen soll es zu einer Annäherung der Konfliktparteien kommen, geplant ist ein Treffen der Kontaktgruppe in Minsk.

Von Florian Kellermann | 30.07.2014
    Ein pro-russischer Kämpfer bewacht die Absturzstelle des Flugs MH17 bei Donezk.
    Pro-russische Kämpfer bewachen die Absturzstelle des Flugs MH17 bei Donezk. (AFP / Bulent Kilic)
    Die Rentnerin Irina Olchanska lebt in Kiew, dennoch gehen die Kampfhandlungen 700 Kilometer weiter östlich ihr nahe. Der Sohn einer bekannten Familie meldete sich freiwillig zur ukrainischen Armee und starb. Sie findet es gut, dass die EU jetzt doch einschneidende Sanktionen gegen Russland verhängt.
    "Wir verstehen ja, warum Deutschland so lange gezögert hat, sich für solche Sanktionen stark zu machen. Sie werden der Wirtschaft schaden. Aber langfristig wichtiger ist doch die Sicherheit. Und Putin muss gestoppt werden, sonst kann das alles noch zum dritten Weltkrieg führen. Wir sollten nicht nur an morgen denken, sondern auch an übermorgen."
    Irina Olchanska, eine Kunsthistorikerin, ist überzeugt, dass Russland hinter den Separatisten steht - und auch hinter dem Abschuss einer malaysischen Passagiermaschine vor knapp zwei Wochen.
    Von einem angemessenen Schritt der Europäischen Union sprach auch Valerij Tschalyj, Mitarbeiter von Präsident Petro Poroschenko.
    "Er zeugt von einer Partnerschaft und von gemeinsamen Werten in der Europäischen Union, der sich die Ukraine in der Zukunft anschließen möchte."
    OSZE-Beobachter dringen nicht zur Absturzstelle vor
    Allerdings befürworten längst nicht alle Passanten in der Kiewer Innenstadt die Sanktionen. Er wolle nicht, dass die russische Bevölkerung leide, sagt ein Klavierlehrer am Konservatorium, die Maßnahmen sollten nur die russischen Oligarchen treffen, meint er.
    Auslöser für die Sanktionen war der Abschuss der malaysischen Passagiermaschine über von Separatisten beherrschtem Gebiet - und der Umgang der Kämpfer mit der Unglücksstelle. Auch heute gelang es OSZE-Beobachtern nicht, auf das Gelände vorzudringen. Die Separatisten wollten eine unabhängige Untersuchung verhindern, so Andrij Lysenko, Sprecher des nationalen Sicherheitsrates, am Nachmittag.
    "Wir greifen das Gebiet nicht unmittelbar an, um dort keine Spuren zu verwischen, sondern erobern Dörfer um das Gelände herum. Die Terroristen haben an der Stelle des Aufpralls weitere Artilleriegeschütze aufgebaut und das Gebiet vermint."
    Annäherung der Konfliktparteien ist möglich
    Besonders umkämpft war heute die Stadt Perwomajsk im Bezirk Luhansk mit fast 40.000 Einwohnern. Ihre Einnahme stehe unmittelbar bevor, heißt es bei der ukrainischen Armee. Die Truppen der Terroristen seien so geschwächt, dass sie in der Stadt Horliwka inzwischen Männer aus der Bevölkerung zwangsrekrutierten. Kämpfe gibt es auch weiterhin in unmittelbarer Nähe der russisch-ukrainischen Grenze. Die Ukraine behauptet, ihre Truppen würden wiederholt direkt von russischem Gebiet aus beschossen. Der Geheimdienst SBU legte heute ein Satellitenfoto vor, das dies bestätigen soll. Allerdings berichtet auch Russland von einem Beschuss von ukrainischer Seite.
    Trotz der Kämpfe könnte es in den nächsten Tagen, vielleicht schon morgen, zu einer erneuten Annäherung der Konfliktparteien kommen. Valerij Tschalyj, Mitarbeiter des ukrainischen Präsidenten, bestätigte heute Pläne für ein Treffen der sogenannten Kontaktgruppe, das in Minsk in Weißrussland stattfinden soll. Der Gruppe gehören Vertreter von Russland, der Ukraine und der OSZE an. Bei jüngsten Treffen waren Angehörige separatistischer Gruppierungen per Videokonferenz zugeschaltet. Nun solle es um zwei Themen gehen, so Tschalyj: Die Untersuchung des Geländes, wo das malaysische Flugzeug abstürzte, und die Freilassung von Kriegsgefangenen.