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Saubere Helfer auf dem Acker

Chemie. - Vom Waschmittel bis zum Shampoo - eines ist den chemischen Saubermännern gemein: sie alle enthalten so genannte Tenside. Die Substanzen reduzieren die Oberflächenspannung des Wassers und fördern die Schmutzlösung. Daneben können Tenside auch Schaum stabilisieren oder vermeiden helfen - ganz nach Wunsch. Ein andere Eigenschaft ist dagegen eher unbekannt, denn mit Tensiden kann auch die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln verbessert werden, wie Forscher anlässlich des 6. Weltkongress für Oberflächenaktive Stoffe "" in Berlin berichten.

Von Uta Bilow | 22.06.2004
    Der Mensch ist ein reinliches Wesen. Jedes Jahr verbraucht er fast fünf Millionen Tonnen Fett lösender Zusätze und waschaktiver Substanzen, um mit Waschpulver, Putz- und Spülmitteln Haushalt, Körper und Kleidung zu säubern. Die Industrie hat einen ähnlich großen Bedarf an Tensiden, wie die oberflächenaktiven Stoffe in der Fachsprache heißen. Dort haben sich Tenside zu wahren Arbeitspferden entwickelt, die eine Vielzahl von Anwendung abdecken. Rainer Höfer von Cognis, einem der großen Tensid-Produzenten, über waschaktive Substanzen, die ursprünglich für Flüssigwaschmittel entwickelt wurden:

    Wir haben inzwischen festgestellt, dass sie hervorragende Hilfsmittel für die Formulierung von Pflanzenschutzmittel sind, da sie einmal sehr gute Dispergiereigenschaften haben, und als "Potentiators" wirken können: Sie helfen, die Wirkung der Pflanzenschutzmittel zu verbessern und erlauben so, sie auch in deutlich geringerer Menge einzusetzen. Gleichzeitig bringen sie alle Vorteile mit, die bereits bekannt waren, als sie für Waschmittel eingesetzt werden, nämlich Hautfreundlichkeit und gute biologische Abbaubarkeit.

    Ein Streichholz, das ist das einfachste Bild für ein Tensidmolekül. Sein dicker Kopf verhält sich Wasser abstoßend, während sich das lange Ende gut mit Wasser verträgt. Daher ballen sich solche Tensidmoleküle zusammen, wenn man sie in Wasser gibt. Sie formen kugelartige Tröpfchen, in deren Kern die Wasser abstoßenden Köpfe eng aneinander liegen, während die Kugel nach außen hin ihre wasserverträglichen Enden zeigt. So können die Tensidmoleküle Wasser unlösliche Partikel umschließen und in Wasser lösen. Die Chemiker unterscheiden vier Gruppen von Tensiden und unter diesen legen die so genannten nichtionischen Tenside zurzeit am stärksten zu.

    Die nichtionischen Tenside haben einerseits den Vorteil, dass sie speziellen Schmutz besonders gut von der Faser ablösen, andererseits haben sie den Vorteil, dass sie Wasserhärte unempfindlich sind. Würde man nur mit nichtionischen Tensiden ein Waschmittel herstellen, so bräuchte man den so genannten Builder oder Wasserenthärter in der Waschmittelformulierung nicht, der etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent des gesamten Waschpulvers ausmacht.

    Ulrich Sohling forscht bei der Süd-Chemie im bayrischen Moosburg. Die nichtionischen Tenside sind zudem sehr gut löslich und liefern schon bei niedrigen Temperaturen wie zum Beispiel dreißig Grad eine saubere Wäsche. Leider sind sie aber flüssig, und der deutsche Kunde bevorzugt nun mal festes Waschpulver. Deshalb hat Sohling ein Konzept entwickelt, die flüssigen Tenside quasi zu verfestigen.

    Dieses Konzept erlaubt es, diese flüssigen Rohstoffe in Gehalten von mehr als fünfzig Prozent in feste Form zu überführen, und damit einfach zu vorgefertigten Waschmitteln hinzu zu dosieren. Der Vorteil für den Waschmittelhersteller liegt darin, dass er schnell seine Formulierung bezüglich des Tensidgehaltes ändern kann oder Tensidgehalte einstellen kann, die er mit seinem eigentlichen Herstellungsprozess nicht erreichen kann.

    Eine Mischung aus preiswertem Tonmineral und Kieselsäure nimmt das flüssige Tensid auf, das forthin als Granulat gelagert und dosiert werden kann. Große Erwartungen verbinden die Tensid-Forscher mit einer neuartigen Klasse von Oberflächen aktiven Stoffen, den so genannten Gemini-Tensiden. Diese Zwillings-Moleküle bestehen sozusagen aus zwei Streichhölzern, deren Köpfe über eine mehr oder weniger lange Brücke miteinander verbunden sind. Ihre Oberflächenaktivität ist um ein Vielfaches höher als die von gewöhnlichen Tensiden, da die Wasser abstoßenden Streichholzköpfe im Doppelpack wesentlich effektiver wirken. Noch sind die Forscher dabei, die Anwendungsmöglichkeiten dieser jungen Substanzklasse auszuloten.