Dienstag, 19. März 2024

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Schach
Deutsches Jahrhundert-Talent misst sich mit Weltspitze

Deutschland hat das Potential für einen Boom, sagt Holger Hank, der Schach-Experte der Deutschen Welle. Der 14 Jahre alte Vincent Keymer könne dafür das Zugpferd werden. Keymer spiel aktuell zum ersten Mal gegen die besten der Welt und zeigte auch gegen Superstar Magnus Carlsen eine gute Leistung.

Holger Hank im Gespräch mit Tobias Oelmaier | 22.04.2019
Vincent Keymer während des Schachturniers Grenke Chess Open 2018, das er gewinnen konnte.
Vincent Keymer - Schach-Talent (Georgios Souleidis/dpa/picture-alliance)
Mit 14 Jahren könne Vincent Keymer natürlich noch kein Spitzenspieler sein, erklärt Holger Hank. Er spiele aktuell in Karslruhe und Baden-Baden zum ersten mal gegen die Topspieler. Selbst gegen den Superstar der Szene, Weltmeister Magnus Carlsen, habe er gut gegengehalten:
"In der Partie gegen Carlsen hat es lange sehr gut ausgesehen. Carlsen brauchte über sechs Stunden, um Vincent Keymer am Ende niederzuringen. Und das zeigt schon, was für ein große Talent der Schüler aus Saulheim in der Nähe von Mainz tatsächlich ist", sagt Holger Hank. Für ihn ist Keymer das größte deutsche Talent seit 50 Jahren.
Holger Hank, Schachexperte der Deutschen Welle
Holger Hank, Schachexperte der Deutschen Welle (Südraumfoto/Imago)
Ob er es in die Weltspitze schaffe, sei aber fragwürdig, denn in anderen Nationen konzentrierten sich die Toptalente ausschließlich auf Schach. Diese Entscheidung stehe auch für Keymer bald an.
Hank sagt: "In anderen Ländern boomt das Spiel natürlich gerade – Usbekistan, Indien, China, USA. Das Potential in Deutschland wäre da. Es fehlt ein Zugpferd, und insofern hoffen natürlich alle in der deutschen Schachszene auf Vincent Keymer."
Angriff könnte wieder wichtiger werden
Generell habe sich das Spiel in den letzten Jahren stark verändert, die Dominanz der ehemaligen Sowjet-Nationen sei Geschichte. "Mit dem Computer kann man überall auf der Welt auf höchstem Niveau trainieren", erklärt Hank den Trend. Die Computer seien überhaupt ein wichtiger Faktor für das Spiel geworden:
"Die spielen inzwischen natürlich viel besser als die Menschen – das ist längst schon entschieden. Aber die Art und Weise ist auch interessant: Bisher war es oft so, dass Schachcomputer sehr stark in der Verteidigung waren. Dann haben auch die Schachprofis angefangen, die Verteidigung stärker in den Blick zu nehmen. Jetzt aktuell gibt es ein neues Schachcomputerprogramm, was mit viel künstlicher Intelligenz arbeitet und das neigt dazu, anzugreifen. Also es kann durchaus sein, dass sich die Schachprofis davon inspirieren lassen."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.