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Schädliche Nahrung auf Reisen

Gesundheit.- Immer wieder warnen US-Lebensmittelexperten vor bedenklichen Produkten aus Europa, Indien oder China, die in großen Mengen in die USA importiert werden. Die Angst vor Bakterien aus der alten Welt wird immer größer.

Von Michael Lange | 14.06.2011
    In Europa sind Nahrungsmittel längst nicht so sicher wie in den USA. Das ist nicht nur ein verbreitetes Vorurteil der US-amerikanischen Bevölkerung. Auch renommierte Fachleute wie der Mikrobiologe Michael Doyle, Direktor des Zentrums für Lebensmittelsicherheit an der Universität von Georgia, warnen öffentlich vor Lebensmittelimporten aus China, Indien oder Europa.

    Wurden 2006 etwa 15 Prozent der Lebensmittel in den USA aus dem Ausland importiert, so sind es heute fast 20 Prozent. Tendenz steigend. Der Schutz vor Bakterien werde in vielen Ländern der Welt nicht so ernst genommen wie in den USA, warnt Michael Doyle. Stattdessen herrsche außerhalb der USA vielfach eine unbegründete Angst vor Chemikalien. Er nennt das: Chemophobie.

    Die Chemophobie, insbesondere in der EU, führe dazu, dass auf wichtige Konservierungsstoffe verzichtet werde. Während das Risiko durch die meisten Chemikalien nicht bewiesen sei, infizieren sich Millionen Menschen Jahr für Jahr durch Bakterien in Nahrungsmitteln, so Michael Doyle. Tausende Menschen kommen ums Leben. Vor diesem Hintergrund sei es riskant, auf antibakterielle Substanzen zu verzichten.

    "Das macht mir wirklich Angst. Es gibt viele Käseprodukte, denen wir Sorbate als Konservierungsmittel zusetzen. So lassen sich Bakterien der Art Clostridium botulinum gut kontrollieren, und wir sind vor Ausbrüchen sicher. Wir sollten nicht ohne Grund auf diese und andere chemische Konservierungsstoffe verzichten."

    Der weit verbreitete Glaube, dass naturbelassene Produkte stets gesünder und sicherer seien als künstlich konservierte, führe zu neuen Gefahren, und die kämen oft mit dem Schiff aus Übersee, erklärt Michael Doyle.

    Deshalb begrüßen er und andere Mikrobiologen ausdrücklich ein kürzlich verabschiedetes neues US-Gesetz zur Lebensmittelsicherheit. Es sieht strengere Bestimmungen insbesondere für importierte Produkte vor. Was jedoch fehle, sei die Finanzierung zusätzlicher Kontrollen, so Michael Doyle.

    Wenn ein großes Schiff mit Nahrungsmitteln in den Hafen einläuft, dann wird nur ein kleiner Teil der Ladung wirklich kontrolliert. Etwa ein Prozent werde überhaupt inspiziert, und nur bei etwa einem halben Prozent der Importe werden Tests durchgeführt.

    Vor allem Obst und Gemüse, aber auch Fleisch müssten verstärkt kontrolliert werden, fordert der Lebensmittel-Mikrobiologe. Über viele weitere Risiken wisse man bisher nur wenig.

    "Sie werden überrascht sein, wie viele Salmonellen in schwarzem Pfeffer, weißem Pfeffer oder anderen Gewürzen zu finden sind, so Michael Doyle. Und auch viele Pizzagewürze seien mit Vorsicht zu genießen."

    Obwohl Oregano stark antimikrobiell wirkt, finden sich darin allerlei Sorten Salmonellen. Deshalb sollten Gewürze nach Ansicht des US-Experten grundsätzlich bestrahlt werden, bevor sie in den Konsum gelangen.

    Das gilt natürlich nicht für frisches Obst und Gemüse. Und deshalb sei ein sicherer Schutz vor Infektionen wie EHEC auf Sprossen oder anderen Frischprodukten auch in den USA nicht zu garantieren.