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Deutschland investiert nur 64 Euro pro Kopf

Eine Studie, die im Auftrag des Interessenverbandes Allianz pro Schiene erstellt wurde, kommt zu dem Schluss: Deutschland investiert zu wenig in die Schiene. Österreich und die Schweiz werden hier als Vorbilder gesehen.

Von Dieter Nürnberger | 12.07.2017
    Schienen am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main (Hessen), aufgenommen am 13.08.2013.
    In Deutschland wird nach Ansicht der Allianz pro Schiene zu wenig in die Bahn-Infrastruktur investiert. (Daniel Reinhardt/dpa)
    378 Euro gibt die Schweiz pro Kopf für staatliche Investitionen in die Schieneninfrastruktur aus. In Österreich sind es immerhin noch knapp 200 Euro pro Einwohner. Und darüber hinaus stecken beide Alpenländer seit Jahren deutlich höhere Summen in die Schiene statt in die Straßeninfrastruktur. Das ist das Ergebnis eines Vergleichs wichtiger europäischer Wirtschaftsnationen - die heute vorgestellte Studie wurde von der Unternehmensberatung SCI Verkehr erstellt. Geschäftsführerin Maria Leenen:
    "Die Schweiz hat ein klares Primat der Schiene. Sowohl im Personen-, als auch im Güterverkehr. Und dementsprechend ist die Frage der Erreichbarkeit aller Ziele - ohne eigenen Pkw - ein Primat der Politik. Und wenn ich diesem Primat folge, komme ich natürlich auch zu anderen Investitionen und habe ich eine andere Verkehrsbilanz."
    Deutschland liegt in diesem Vergleich seit Jahren auf einem der hinteren Plätze: 64 Euro pro Kopf werden hier in die Schieneninfrastruktur investiert. Der Interessenverband Allianz pro Schiene hat ebenfalls an der Studie mitgewirkt. Für Geschäftsführer Dirk Flege ist die wiederholt schlechte Platzierung Deutschlands keine Überraschung. Ein Armutszeugnis für den derzeitigen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt von der CSU sagt er, aber auch für die Vorgänger im Amt.
    "Der Status-Quo wird zementiert. Es ist ein Weiter-So, immer mehr Asphalt, immer mehr Beton. Viel zu wenig für den Schienenverkehr. Das hat Tradition, in der Verkehrspolitik in Deutschland. Leider."
    Anteil der Schiene bei 47 Prozent
    Bei den staatlichen Infrastrukturinvestitionen in Deutschland kommt die Straße auf einen Anteil von 53, die Schiene lediglich auf 47 Prozent. Das Verhältnis in der Schweiz liegt bei 60 Prozent Schiene. Verkehrspolitiker blicken deshalb seit Jahren auf die eidgenössischen Vorbilder. Auch Alexander Kirchner, er ist Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG):
    "Die planen heute den Verkehr für das Jahr 2030. Und wenn das abgeschlossen ist, fangen sie an, darüber nachdenken, welche Infrastruktur dafür benötigt wird. Damit das auch funktioniert. In Deutschland passiert das oft umgekehrt, dass wir erst Infrastruktur bauen und dann überlegen, was wir darauf fahren."
    Doch gibt es auch Kritiker solcher Vergleiche. Deutschland habe rund 80 Millionen Einwohner und sei ein Flächenland. Die Schweiz hingegen sei deutlich kleiner - mit 8,4 Millionen Einwohnern. SCI-Geschäftsführerin Maria Leenen kontert:
    "Viele würden auch sagen, in einem so bergigen Land kann ich erst recht nicht für die Eisenbahn bauen, weil ich viele Tunnel bauen muss. Das ist in einem flacheren Land - wie vielleicht in Norddeutschland - deutlich leichter."
    80 Euro pro Kopf an Investitionen fordert die Allianz pro Schiene nun auch für Deutschland. Wobei es tatsächlich auch Licht am Ende des Tunnels gibt. Denn im Verglich zum Vorjahr konnte Deutschland bei den Investitionen zumindest etwas aufholen. Und inzwischen sind deutlich höhere Summen für den Erhalt des Schienennetzes vorgesehen.
    Doch bleibt Kritik: Denn laut einer Prognose des Ministeriums wird beispielsweise der Schienengüterverkehr hierzulande bis 2030 um 45 Prozent wachsen. Um das bewältigen zu können, so die Allianz pro Schiene, bräuchte man aber einen deutlicheren Anstieg der Infrastrukturinvestitionen als bisher geplant.