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Schlaflos in Deutschland
Ohne Smartphone ins Bett

Mehr als zwei Drittel der Deutschen schlafen mitunter nachts schlecht. Das beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit und kann Krankheiten begünstigen. Bei chronischen Schlafstörungen können unter anderem Entspannungstechniken und konsequente Schlafhygiene helfen.

Von Martin Winkelheide | 27.06.2017
    Ein Frau liegt im Bett und schaut mit müden Augen auf ihren Wecker.
    Vor dem Schlafengehen sollte der Fernseher eine Stunde vorher ausgemacht werden. (imago )
    Es ist keine Selbstverständlichkeit, jede Nacht schnell ein- und gut durchzuschlafen.
    "Natürlich schläft jeder Mensch mal schlecht. Das kennt jeder, das zeigen die ganzen Berichte. 70 bis 80 Prozent aller Deutschen haben mal schlechte Nächte."
    Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit
    Von einer Schlafstörung, einer Insomnie, sprechen Schlafmediziner allerdings erst, wenn die Einschlafprobleme an mindestens drei Nächten in der Woche auftreten und sich über mehrere Wochen hinziehen, betont Prof. Dieter Riemann vom Universitätsklinikum Freiburg. Und noch etwas muss hinzukommen:
    "Wenn ich schlecht schlafe und deswegen müde, unkonzentriert, unausgeglichen bin, dann ist das für uns eine Insomnie von Krankheitswert."
    Lang anhaltende Schlafstörungen beeinträchtigen nicht nur die Leistungsfähigkeit, sie begünstigen das Entstehen einer Depression und erhöhen das Herzinfarktrisiko. Was Mediziner beunruhigt: Die Zahl der Menschen mit Insomnie steigt.
    "Von etwa sechs Prozent vor fünf, sechs Jahren - auf jetzt neun Prozent. Also fast jeder Zehnte."
    In ärztlicher Behandlung sind die wenigsten Betroffenen.
    "Der Standard in der Medizin war lange Zeit die Verordnung von Schlafmitteln."
    Heute wissen Schlafmediziner: Schlafmittel sollten nicht länger als drei bis vier Wochen genommen werden. Denn Schlafmittel machen schnell süchtig. Mit der Zeit lässt ihre Wirksamkeit nach. Und: Bei älteren Menschen erhöhen sie die Sturzgefahr.
    Verhaltenstherapeutische Methoden gegen chronische Schlafstörungen
    Schlafexperten empfehlen daher andere, verhaltenstherapeutische Methoden gegen chronische Schlafstörungen, die miteinander kombiniert werden sollten. Ein Baustein: Entspannungstechniken. Von autogenem Training über Muskelentspannung bis Yoga. Ein anderer Baustein:
    "Wir empfehlen die Regeln zur Schlafhygiene."
    Heißt konkret: Fernseher aus - eine Stunde vor dem Schlafengehen. Ebenso Computer und Smartphone. Keinen Alkohol, keinen Kaffee mehr vor der Nachtruhe.
    "Die letzte Komponente dieser Therapie ist, dass wir uns mit den Grübeleien auseinandersetzen."
    Denn: Der Gedanke daran, nicht einschlafen zu können, wird - je länger desto mehr - selbst zum wichtigsten Stressfaktor, der am Einschlafen hindert, so der Psychologe Dieter Riemann von der Universitätsklinik Freiburg. Verhaltenstherapie hilft. Das belegen Studien. Eine flächendeckende Versorgung gibt es nicht. Für Patienten bleibt die Herausforderung, einen entsprechend geschulten Arzt oder Therapeuten zu finden.