Donnerstag, 28. März 2024

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Schlechte Bezahlung und Wertschätzung
Die schmutzigen Seiten der Reinigungsbranche

Reinigungskräfte arbeiten oft nachts oder früh am Morgen. Dann schrubben sie Büros, Toiletten und Treppen. Ihre Arbeit ist hart und schlecht bezahlt. Manche Firmen setzen jetzt auf „Daytime-Cleaning“, um die Putzarbeit sichtbarer zu machen. Viele Reinigungskräfte haben allerdings andere Sorgen.

Von Monika Dittrich | 01.12.2019
Eine Reinigungskraft putzt in der Stadthalle von Memmingen (Foto vom 10.11.2015) im Gegenlicht. Foto: Karl-Josef Hildenbrand /dpa
Reinigungskräfte rücken oft an, wenn andere Feierabend haben (dpa/picture-alliance/Karl-Josef Hildenbrand)
Freitagnachmittag: Susanne Holtkotte lehnt sich in ihrem Sofa zurück. Eine anstrengende Arbeitswoche liegt hinter ihr:
"Ich freu mich auch, wenn ich Feierabend habe und weiß, ich hab jetzt zwei Tage frei. So ein Freitag ist einfach großartig!"
Susanne Holtkotte arbeitet als Reinigungskraft in einem Krankenhaus in Bochum. Ihr Arbeitgeber ist eine Reinigungsfirma, das Krankenhaus der Kunde.
Dort ist sie in der Bettenzentrale mit 13 Kolleginnen und Kollegen dafür zuständig, Krankenhausbetten zu reinigen und frisch zu beziehen.
"Ja, an guten Tagen hat man es nur mit normalverschmutzten Betten zu tun. Aber es gibt natürlich auch die Tage, an denen man sich das Bett am liebsten wegwünscht", erzählt sie. "Man muss es halt sehen, wie es ist: Wir sind in einem Krankenhaus, in diesem Haus sterben Menschen. Menschen werden in diesen Betten wiederbelebt, Menschen werden operiert und im Anschluss passiert etwas. Die Betten können stark verblutet sein, die können eingenässt, verkotet sein. Man findet alles in so einem Bett."
100 Mal bücken in einer Schicht
So ein Bett wieder herzurichten für den Krankenhausbetrieb, das sei eine schweißtreibende Angelegenheit.
"Da geht man nicht nur mal eben mit einem Lappen drüber. Da ist jede Ritze, jedes Stück Matratze, die Betten werden auseinandergenommen, bis unten zum Rad wird wirklich jede Stelle desinfiziert. Man ist über dem Bett, unter dem Bett, vorne, hinten überall. Wenn man so eine Schicht macht, kann man davon ausgehen, man bückt sich an so einem Tag 80 bis 100 Mal."
Susanne Holtkotte sitzt auf einer Couch und hält ein Buch mit dem Titel "715 Euro" in der Hand
Susanne Holtkotte arbeitet als Reinigungskraft in einem Krankenhaus in Bochum (Deutschlandradio / Monika Dittrich)
Sie bekommt den im Gebäudereiniger-Handwerk allgemeinverbindlichen Mindestlohn von 10 Euro 56 pro Stunde, ab Januar werden es 10 Euro 80 sein. Das ist etwas mehr als der gesetzliche Mindestlohn.
Trotzdem müsse sie auf jeden Euro achtgeben, sagt Susanne Holtkotte, die Vollzeit arbeitet. Sie lebt allein in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Bochum.
"Ich bin immer dankbar, wenn der Monat zu Ende ist. Aber manchmal ist wenig Geld und viel Monat, das ist die falsche Reihenfolge."
Angst vor Altersarmut
Mehr Geld wäre natürlich wünschenswert, sagt sie. Im kommenden Jahr stehen Lohntarifverhandlungen an; Susanne Holtkotte hofft dann auf eine spürbare finanzielle Verbesserung. Was aus ihrer Sicht auch noch wichtig wäre: mehr Anerkennung und Wertschätzung für Reinigungskräfte.
"Ich sag immer, wenn es uns nicht geben würde, dann hätte der Rest drum herum wirklich ein Problem. Dass da aber welche sind, die diesen Scheiß beseitigen müssen, das wird manchmal vergessen. Und da sind wir an so einem Punkt, wo man einfach mal resigniert."
Doch Resignieren ist nicht Holtkottes Sache. Im Gegenteil. Sie engagiert sich gewerkschaftlich, ist Betriebsrätin. Außerdem hat sie kürzlich ein Buch veröffentlicht. Der Titel: "715 Euro. Wenn die Rente nicht zum Leben reicht". 715 Euro und 9 Cent: Das ist nämlich der Betrag, mit dem sie als Rentnerin laut Auskunft der Rentenversicherung rechnen kann.
Damit will sie sich nicht zufriedengeben – auch deshalb habe sie das Buch geschrieben.
"Also das Buch ist im Schneidersitz auf dem Sofa entstanden mit einem Kugelschreiber und einem Ringbuch, weil ich keinen Computer habe."
Wenig Wertschätzung
Sie schildert darin die Arbeitsbedingungen in der Reinigungsbranche und die Angst vieler Menschen, die so wenig verdienen wie sie – und denen deshalb im Alter Armut droht.
Wegen ihrer klaren Worte wurde Susanne Holtkotte bereits in Talkshows eingeladen. Auch der sozialdemokratische Arbeitsminister Hubertus Heil ist schon gemeinsam mit ihr aufgetreten. Die gerade von der Bundesregierung beschlossene Grundrente, die die SPD durchgesetzt hat, dürfte sich auch für Susanne Holtkotte auszahlen – sie rechnet nach heutigem Stand mit 280 Euro zusätzlich und käme damit auf knapp tausend Euro Rente.
Susanne Holtkotte ist eine von etwa 650.000 Reinigungskräften in Deutschland. Dazu zählen nicht die meistens schwarz beschäftigten Putzhilfen in Privathaushalten. Gemeint sind die Menschen, die in Reinigungsfirmen angestellt sind und beispielsweise Büros, Arztpraxen, Museen, Schulen, Ministerien, Geschäfte, Flugzeuge und Bahnhofstoiletten sauber halten.
Eine Mitarbeiterin des Theaters in Meißen (Sachsen) reinigt mit einem Staubsauger die Sitze im Zuschauersaal des Theaters. 
Überwiegend Frauen arbeiten in der Reinigungsbranche (picture alliance / Arno Burgi)
"Es ist eine statusniedrige Tätigkeit, das heißt, es ist eine Dienstleistung, die gesellschaftlich sehr geringe Wertschätzung erfährt", sagt Lena Schürmann.
Sie ist Soziologin an der Humboldt-Universität Berlin. Sie forscht zu Arbeit und Geschlecht und ihre Doktorarbeit hat sie über die Reinigungsbranche geschrieben, "Schmutz als Beruf" heißt der Titel.
"Die Arbeit ist so organisiert, dass sie verschwindet. Die Reinigungskräfte sind nicht sichtbar und werden auch nicht als Angehörige des Betriebs erachtet, der den Reinigungsauftrag abgegeben hat", so Schürmann.
Putzen im Verborgenen
Die Reinigungskräfte sind deshalb so wenig oder gar nicht sichtbar, weil sie meistens dann arbeiten, wenn es der Rest der Gesellschaft nicht mitbekommt: am Abend, in der Nacht und am frühen Morgen, wenn Büros verwaist, Geschäfte geschlossen und Praxen leer sind. Denn diejenigen, deren Arbeitsplätze geputzt werden, sollen oder wollen davon nicht gestört werden.
"Die Reinigungsbranche führt uns auch so ein bisschen an die Existenzbedingungen des Menschseins heran. Reinigungsarbeiten sind darauf ausgerichtet, die Spuren, die wir in unserem Alltag, im Arbeiten hinterlassen, wieder zu tilgen. Das ist ganz wichtig für unser modernes Verständnis von uns selbst als Arbeitswesen, als Erwerbstätige, dass es diese Abspaltung des Putzens gibt."
Lena Schürmann beschäftigt sich auch mit der Frage, warum es überwiegend Frauen sind, die als Reinigungskräfte arbeiten.
"Also wir sehen, wie Geschlecht als Ressource für Ausbeutung funktioniert. Da die Geschlechterdifferenzierung ein gesellschaftlich eingeführtes Klassifikationssystem ist, das nicht nur eine Verschiedenheit der Tätigkeit rechtfertigt, sondern auch eine Hierarchisierung der Tätigkeit. Und da, wo wir auf viele Frauen treffen, ist es immer leichter, die Tätigkeit abzuwerten."
Preiskampf und Arbeitsverdichtung
Das zeige sich auch an vielen prekären Arbeitsverhältnissen in der Reinigungsbranche, in der es viele befristete Verträge gibt, Teilzeitstellen und vor allem sozialversicherungsfreie Mini-Jobs.
"Wir sehen außerdem viele Patchwork-Arbeitsverhältnisse, das heißt, Personen haben eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit und haben zusätzlich noch einen Mini-Job. Hinzu kommt, dass die Laufzeit der Verträge oft nur sehr kurz ist."
Das hat vor allem damit zu tun, dass die Kunden ihre Aufträge immer wieder neu ausschreiben und die Reinigungsfirmen sich darauf bewerben müssen; die Laufzeit der Arbeitsverträge richtet sich dann häufig nach der Laufzeit des Reinigungsauftrags.
Der Preiskampf ist groß, vor allem öffentliche Auftraggeber stehen im Ruf, die Preise immer weiter nach unten zu drücken. Branchenkenner berichten von einer starken Arbeitsverdichtung, es müssen immer mehr Flächen gereinigt werden – in gleichbleibender Zeit.
"Daytime-Cleaning" könnte eine Lösung sein
Die Arbeitsbedingungen seien schwierig und das Ansehen niedrig – auch weil die Arbeit der Reinigungskräfte bisher so häufig im Verborgenen stattfinde, sagt die Soziologin: "Ich denke, vermehrte Sichtbarkeit für Reinigungstätigkeiten ist ein ganz wichtiger Schritt, um die Erwerbstätigen aus ihrem Schattendasein zu lösen. Und um sie in die Lage zu versetzen, ihre Interessen besser vertreten zu können."
Eine Reinigungskraft vom Online-Reinigungsdienst Homejoy putzt am 04.11.2014 in einer Wohnung in Berlin.
Um die Reinigungskräfte sichtbarer zu machen, setzen einige Unternehmen auf "Daytime-Cleaning" (dpa/Jens Kalaene)
Mehr Reinigungstätigkeiten tagsüber zu erledigen, im laufenden Betrieb, könnte eine Lösung sein. "Daytime-Cleaning" heißt das entsprechende Schlagwort in der Branche. Auch in Frankreich gibt es derzeit eine Debatte darüber: Marlène Schiappa, Staatssekretärin für Gleichstellung, hat eine Initiative gestartet, um Frauen im Reinigungs- und Dienstleistungsgewerbe mit ihrer Arbeit sichtbarer zu machen. Im französischen Fernsehen sagte sie:
"Das Produkt dieser Arbeit, also die Sauberkeit, möchten alle gern sehen, aber denjenigen, die diese Arbeit machen, will man nicht begegnen, und schon gar nicht will man mit ihnen sprechen. Da wird eine Art Diskretion verlangt. Ich finde, das ist eine Entmenschlichung der Arbeitsbeziehung. Nein, so kann das nicht funktionieren."
Vorbehalte bei den Kunden
Eine Argumentation, der Ulrike Laux nur zustimmen kann. Sie ist Mitglied im Bundesvorstand der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt - kurz IG-BAU - und dort unter anderem zuständig für die Branchen- und Tarifpolitik im Reinigungsgewerbe.
Gerade erst hat die Gewerkschaft mit der Arbeitgeberseite, dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks, einen neuen Rahmentarifvertrag ausgehandelt. Der soll Verbesserungen bringen, unter anderem für Teilzeitkräfte, Lohnzuschläge werden steigen und für viele wird es mehr Urlaub geben.
Das Problem, dass die Arbeit der Reinigungskräfte zu wenig wahrgenommen wird, bleibt aber bestehen.
"Wir haben mal deutlich gemacht, dass eine Reinigungskraft ihre Tätigkeit ausführt und wenn sie das gut macht, dann wird überhaupt nicht festgestellt, dass sie da war. Deshalb haben wir es immer genannt: die Unsichtbaren. Und die Kolleginnen und Kollegen haben auch einen Berufsstolz. Die wollen nicht unsichtbar sein. Die wollen sichtbar sein mit ihrer wichtigen Tätigkeit."
Auch die IG Bau macht sich deshalb für das sogenannte Daytime-Cleaning stark. Ulrike Laux:
"Wir reden ganz gezielt über die Tagesreinigung, dass das von den Kunden auch umgestellt wird, dass die Beschäftigten tagsüber in die Objekte können. Viele müssen ja erst um 17 Uhr anfangen und das geht dann in den Abend rein. Das geht nicht, da fahren wir seit Jahren schon eine Kampagne, dass wir sagen, dort, wo es möglich ist, unbedingt wieder in die Tagesreinigung kommen, und das heißt von morgens 7 Uhr bis abends um 18 Uhr."
"Nicht gerade das sexiest Handwerk"
Vorbehalte gibt es vor allem bei den Kunden: Viele Büroangestellte zum Beispiel wollen nicht, dass während ihrer Arbeitszeit eine Reinigungskraft mit Lappen und Staubsauger anrückt.
"Die Reinigungszeiten, die vom Kunden gewünscht werden, liegen meistens in den sehr frühen Morgenstunden oder am späten Nachmittag", sagt Holger Eickholz, er ist operativer Geschäftsführer der Niederberger Gruppe, einem bundesweit tätigen Gebäudedienstleister mit Sitz in Köln.
Das Unternehmen beschäftigt fast 4.000 Mitarbeiter. Eickholz kennt die Forderungen der Kundschaft ebenso wie die Debatte über Sichtbarkeit und Anerkennung der Reinigungskräfte. Auch er hätte nichts dagegen, wenn seine Leute mehr am Tag eingesetzt würden. Sein Problem ist nämlich, dass es ohnehin schwierig geworden ist, genügend Mitarbeiter zu finden. Zuletzt konnte sein Unternehmen nicht einmal die Hälfte der einhundert Ausbildungsplätze besetzen. "Gebäudereinigung ist eben nicht gerade das sexiest Handwerk alive."
Zusammenhängende und familienfreundliche Arbeitszeiten am Tag könnten die Attraktivität des Berufs erhöhen. Holger Eickholz wirbt deshalb bei seinen Kunden für die Tagesreinigung – auch wenn er weiß, dass das nicht immer und überall funktioniert.
"Wenn hier jetzt jemand reinkäme und wollte reinigen, während wir hier im Interview sitzen, wäre das schwierig. Das heißt, ich muss als Dienstleister eine ganz neue Logistik auch aufbauen. Ich muss die Mitarbeiter schulen: Was mache ich, wenn ein Raum besetzt ist. Der muss notiert werden, der muss beim nächsten Durchgang noch mal angesteuert werden, damit er an dem Tag, an dem er gereinigt werden soll auch tatsächlich gereinigt wird."
Steuerfreie Nachtzuschläge
Es seien außerdem beispielsweise leisere Staubsauger notwendig und die Reinigungsmitarbeiter müssten auf den direkten Kundenkontakt vorbereitet werden. Trotzdem habe sein Unternehmen die Erfahrung gemacht, dass sich die Tagesreinigung bei vielen Kunden bereits bewährt habe. Auch, weil sie die Reinigungskräfte direkt ansprechen können, wenn etwas reklamiert werden muss oder eine Sonderaufgabe zu erledigen ist. Und ja, natürlich werden die Menschen, die putzen, mit ihrer Arbeit auch sichtbar.
"Wir haben schon miterlebt, dass Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter zu betrieblichen Feiern eingeladen wurden. Sie gehören einfach zum Inventar."
Offenbar gibt es Bewegung in der Branche – hin zu mehr Tagesreinigung. In Berlin beispielsweise haben einzelne Bezirke Modellprojekte gestartet – Schulgebäude werden dort tagsüber geputzt, teilweise sogar während der Unterrichtszeit.
Eine Reinigungskraft beim Staubsaugen des blauen Teppichbodens vor dem CSU Logo. 
Beim "Daytime-Cleaning" müssten leisere Staubsauger eingesetzt werden (picture-alliance / dpa / Frank Hoermann/SVEN SIMON)
Natürlich ist die Tagesreinigung nicht überall möglich – mancherorts muss eben nachts geputzt werden. Und es gibt auch Reinigungskräfte, die auf den steuerfreien Zuschlag von 30 Prozent in der Nacht zwischen 22 und 6 Uhr nicht verzichten wollen. Denn: Die ganze Situation der Branche – von den Arbeitsbedingungen bis hin zum Personalmangel – hat eben auch etwas mit Geld zu tun.
Die Bezahlung zumindest bei den einfachen Reinigungskräften ist niedrig – und auch Arbeitgeber Holger Eickholz weiß nicht, ob er von 10 Euro 56 in der Stunde leben könnte:
"Ich muss sagen, ich habe das noch nicht probiert. Aber ich schätze, dass das nicht ganz einfach ist. Selbst bei einem 8-Stunden-Job, ja."
Von einem Niedriglohn-Sektor will er allerdings nicht sprechen, und auch Johannes Bungart, Geschäftsführer beim Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks wehrt sich gegen den Begriff der prekären Arbeitsverhältnisse:
"Also mit dem Wort prekär wäre ich sehr vorsichtig. Die Arbeitsbedingungen sind sehr gut aus meiner Sicht. Weil wir allgemeinverbindliche Tarifverträge haben, dass wir Mindestlöhne haben, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen. Und Sie müssen auch berücksichtigen, dass wir dort, wo es einfache Tätigkeiten sind, auch deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen."
Altertümliche Darstellung in den Medien
Dass der Beruf kein gutes Ansehen habe, erklärt er sich ganz anders: "Das irritiert manchmal, mit welcher Arroganz auf Reinigungskräfte geschaut wird. Ich kann das nicht verstehen. Unsere Beschäftigten leisten einen sehr wertvollen Dienst für unsere Gesellschaft, was das Thema Hygiene angeht, was das Thema Gesundheit angeht. Ohne unsere Tätigkeit würde kein Flugzeug in die Luft gehen, würde kein Krankenhaus funktionieren."
"Gerade in den Medien wird doch die Reinigungskraft immer sehr despektierlich dargestellt", sagt auch Holger Eickholz von der Niederberger Gruppe. "Da sieht man meistens eine im geblümten Kittel, mit einem Schrubber, möglichst noch mit einem Zinkeimer auf dem Boden – so richtig altertümlich dargestellt."
Die Arbeitgeber werben damit, dass die Branche - immerhin das beschäftigungsstärkste Handwerk in Deutschland – viele Aufstiegsmöglichkeiten biete:
"Wenn man natürlich weiß, wie viel dahinter steckt, dass es nicht nur damit getan ist, Böden und Toiletten zu putzen, sondern dass Gebäudereiniger anspruchsvolle Tätigkeiten haben, von Fassadenreinigung bis Holzbearbeitung, Denkmalpflege, Glasreinigung. Vom Gesellen über Meister, man kann sogar studieren, Reinigungs- und Hygienetechnik. Es gibt welche, die ihren Doktor gemacht haben. Also es gibt in unserer Branche mehr Aufstiegsmöglichkeiten, als man sich vorstellt."
Tatsächlich liegen ausgebildete Gebäudereiniger-Gesellen mit ihren Löhnen üblicherweise deutlich über den Mindestlöhnen. Allerdings arbeiten in der Branche eben auch sehr viele Menschen, die keine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung haben.
Zettel oder Schokolade
Die Soziologin Lena Schürmann von der Berliner Humboldt-Universität hat für ihre Doktorarbeit Reinigungskräfte auch nach ihrem Arbeitsstolz und ihrer Berufsidentität gefragt.
"Ich selber habe ja auch probehalber als Reinigungskraft gearbeitet, in der Nacht. Und es ist ein sehr hartes Arbeitspensum, das dort abzuarbeiten ist. Es sind unangenehme Erfahrungen. Also ein Herrenklo von unten zu putzen, ist wirklich nicht besonders schön. Sich nicht zu ekeln und dem Ganzen aus einer sachlichen Perspektive entgegenzutreten und sich auch nicht entwürdigen zu lassen, das sind alles Leistungen des Durchhaltens, auf die Personen auch stolz sein können."
Auch Susanne Holtkotte, die Reinigungskraft und Buchautorin aus Bochum, ist stolz auf ihre Arbeit.
"Wir werden wirklich benötigt."
Besucher und eine Reinigungskraft gehen am durch einem verglasten Durchgang im Universitätsklinikum Frankfurt in Frankfurt am Main (Hessen). 
Viele Reinigungskräfte wünschen sich mehr Wertschätzung für ihre Arbeit (picture-alliance / dpa / Andreas Arnold)
Das Thema Tagesreinigung findet auch sie wichtig – aber nicht so wichtig wie die grundsätzliche Würdigung und Wertschätzung ihrer Arbeit.
Neben einem angemessenen Lohn, den sie bei etwa 12 Euro 50 pro Stunde sehen würde, gehe es auch um die zwischenmenschliche Anerkennung. Das habe nichts damit zu tun, ob nun in der Nacht oder am Tag geputzt wird:
"Es gibt Betriebe, da geht das eben nicht anders. Da muss man nachts reinigen. Aber selbst wenn diese Reinigungskraft in der Nacht kommt, war sie da als guter Geist, und die hat nichts dagegen, wenn da mal ein Zettel hängt mit Dankeschön, oder eine Tafel Schokolade."
Susanne Holtkotte will weiterkämpfen – für mehr Geld, für Anerkennung, für bessere Arbeitsbedingungen. Das übrigens empfiehlt sie auch allen anderen in dieser Branche.
"Was mir so am Herzen liegt, ist einfach: Lasst euch nicht alles gefallen. Wenn Ihr Euch ungerecht behandelt fühlt, macht was dagegen. Ich kann nicht erwarten, dass Veränderungen kommen, wenn ich nicht selber was dafür tue. Wenn ich nicht bereit bin, etwas dafür zu leisten, dass sich etwas verändert, dann habe ich auch keinen Grund mich zu beschweren."