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Schlussspurt vor der US-Wahl
Kampf mit harten Bandagen

Hillary Clinton ist mal wieder in Florida unterwegs: Der Bundesstaat ist als Swing Staate traditionell stark umkämpft und wenn Clinton Florida gewinnt, kann ihr Gegner Trump im Wahlmännergremium kaum noch eine Mehrheit finden. Doch Clinton muss sich nach wie vor wegen der E-Mail-Affäre und anderen Enthüllungen rechtfertigen.

Von Marcus Pindur | 02.11.2016
    US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Cllinton bei einer Rede in Fort Lauderdale, Florida, USA, 01 November 2016.
    US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton bei einer Rede in Fort Lauderdale, Florida, USA, 01 November 2016. (AFP / Jewel Samed)
    Zweimal hintereinander hat Barack Obama Florida gewonnen, und Clinton will dies auch. Sie appellierte bei ihrem Auftritt an ihre wichtigste und größte Wählergruppe: Frauen.
    "Wenn wir uns anschauen, was Donald Trump über die Jahre so gemacht hat, dann stellen wir fest, dass er viel Zeit damit verbracht hat, Frauen zu beleidigen, herabzuwürdigen und anzugreifen."
    Mit Clinton auf der Bühne war Alicia Machado, ehemalige Gewinnerin des Miss Universe-Titels. Trump hatte sie, als sie nach ihrem Titelgewinn zugenommen hatte, öffentlich als "Miss Piggy" verspottet. Heute ist die gebürtige Venezolanerin amerikanische Staatsbürgerin – und Wählerin. Ihr Zeugnis ist in zweierlei Hinsicht wichtig für die Clinton-Kampagne: Als Frau und als Latina, eine Wählergruppe, die in Florida den Ausschlag geben könnte, aber relativ schwer zu mobilisieren ist.
    FBI sorgt erneut für eine Überraschung
    Clinton will das Gesprächsthema wechseln: Weg von den E-Mails ihrer Mitarbeiterin Huma Abedin, die derzeit vom FBI untersucht werden – ohne dass FBI-Direktor Comey Auskunft gegeben hat, warum diese E-Mails wichtig sind und was überhaupt darin Relevantes enthalten sein könnte. Das empört den Clinton-Wahlkampfmanager Robby Mook, der FBI-Chef Comey einen Doppelstandard vorwirft: den Vorgang über die E-Mails habe er nur Tage vor der Wahl an die Öffentlichkeit gebracht. Ein Statement des FBI über die russische Urheberschaft des Daten-Hackings in die E-Mail-Konten der Clinton-Kampagne dagegen habe Comey hintertrieben.
    "Ich finde es schockierend, dass Fragen zu FBI-Untersuchungen über Donald Trump mit dem Verweis auf laufende Ermittlungen unbeantwortet bleiben. Wenn es um Hillary Clinton geht, dann ist das FBI nicht so schweigsam."
    Das FBI sorgte gestern mit einer weiteren Veröffentlichung für eine Überraschung – und bei Clinton-Anhängern für Empörung. Sieben Tage vor der Wahl wurde der Bericht über eine Untersuchung aus dem Jahr 2001 online gestellt. In ihm geht es um einen betrügerischen Börsenmakler, den Bill Clinton am Ende seiner zweiten Amtszeit amnestiert hatte – ein damals hoch umstrittener Vorgang.
    Der jetzige Zeitpunkt dieser Veröffentlichung setzt FBI-Direktor Comey weiter dem Verdacht aus, er versuche, den Wahlkampf zu beeinflussen. Das FBI gab zu den Gründen zunächst keine Erklärung ab.
    Trump holt auf
    Unterdessen haben die Umfragewerte für Clinton leicht nachgelassen. In einer neuen ABC/Washington Post-Umfrage lag Trump bundesweit erstmals seit langem einen Prozentpunkt vor Clinton.
    Doch entscheidend ist die Lage in den umkämpften Swing States. Und da liegt Hillary Clinton immer noch weit vor Trump. Sie macht Wahlkampf in Florida, wo ihre Siegchancen 50 zu 50 stehen. Trump dagegen trat in den letzten Tagen in Wisconsin und in Michigan auf, wo Clinton klar vor ihm liegt.
    Wahlkampfexperten halten dies für eine Verzweiflungsstrategie Trumps. Falls es ihm in den nächsten Tagen nicht gelingt, in klar Hillary Clinton zuneigenden Bundesstaaten deutlich zu punkten, dann wird es fast unmöglich für ihn, eine Mehrheit im Wahlmännergremium zu erreichen.
    Doch auch für die Clinton-Kampagne steht es auf Messers Schneide: Wenn die E-Mail-Affäre Wähler der Mitte verschreckt, könnte auch sie am Ende als Verliererin dastehen. Kaum jemand wagt es, in der Schlussphase eines an Überraschungen reichen Wahlkampfes eine eindeutige Prognose abzugeben.
    Geld und Medien im US-Wahlkampf: Interview mit Ted Koppel
    Keine Wahlkämpfe weltweit sind teurer, erbarmungsloser und spannender als die um die amerikanische Präsidentschaft. Von Nixon vs. Kennedy bis Clinton vs. Trump - die Duelle um das Weiße Haus schreiben selbst Geschichte. Ted Koppel hat als ehemaliger Anchor der legendären US-Nachrichtensendung "Nightline" unzählige Wahlkämpfe begleitet. Im Interview kommentiert er, welche Rolle Geld in US-Wahlkämpfen spielt und welche besondere Rolle die Medien eingenommen haben und im aktuellen Wahlkampf einnehmen: