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Schmähkritik
Erdogan stellt Strafantrag gegen Böhmermann

Der türkische Staatspräsident Erdogan hat einen Strafantrag gegen den ZDF-Moderator Böhmermann wegen Beleidigung gestellt. Ein entsprechendes Schreiben liegt der Staatsanwaltschaft Mainz vor. Vize-Ministerpräsident Kurtulmus erkennt in Böhmermanns Schmähkritik gar eine Beleidigung von 78 Millionen Türken.

11.04.2016
    Der Moderator Jan Böhmermann am 06.02.2015 bei der Aufzeichnung der NDR Talkshow Bettina und Bommes im NDR-Studio auf dem Messegelände in Hannover.
    Der Moderator Jan Böhmermann (Imago / Future Image)
    Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat nun offiziell Strafantrag gegen den Satiriker Jan Böhmermann wegen Beleidigung gestellt. Ein entsprechendes Schreiben sei eingegangen, teilte die Staatsanwaltschaft Mainz am Montagabend mit.
    Gegenstand des durch eine Anwaltskanzlei gestellten Antrags sei das Schmähgedicht in der Sendung "ZDF Neo Royal" vom 31. März.
    "Verbrechen gegen die Menschlichkeit"
    Das Gedicht sei nicht nur eine Beleidigung Erdogans, sondern von allen 78 Millionen Türken, so Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus. Er warf Böhmermann vor, mit dem Gedicht ein "schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit" begangen zu haben. Der Text habe "alle Grenzen der Schamlosigkeit übertroffen". Die Regierung in Ankara könne das nicht akzeptieren.
    Kritik an türkischem Antrag
    Das Vorgehen der Türkei im Fall Böhmermann ist in Deutschland überwiegend auf Kritik gestoßen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann sagte in Berlin, es sei unmöglich, dass die Regierung in Ankara massiv interveniere und die Strafjustiz aufmarschiert sehen möchte. Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht verlangte, Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse sich schützend vor die Kunstfreiheit stellen und der von der Türkei geforderten Strafverfolgung Böhmermanns eine klare Absage erteilen.
    Die Grünen-Politikerin Tabea Rößner warf Merkel vor, der Presse- und Kunstfreiheit einen Bärendienst erwiesen zu haben. CDU-Generalsekretär Peter Tauber verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung, die den Antrag prüft. Tauber betonte, die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter sei strafbar. Man könne nicht einfach sagen, es gebe zwar eine Rechtsnorm, diese interessiere uns aber nicht.
    (tzi/pg)