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Schmalspurstudium Bachelor

Der Bachelor sollte der Abschluss für die akademische Masse sein. Aber die Mehrheit der Studenten hält den ersten Abschluss für ein Schmalspurstudium, mit dem sie in einer Wissensgesellschaft kaum bestehen kann. 75 Prozent wollen weiter studieren. Sie rechnen sich mit einem Masterabschluss bessere Berufschancen aus.

Von Claudia van Laak | 28.04.2012
    Theresa Enghardt ist eine Turbostudentin. Mit 18 machte sie Abi, mit 21 ihren Bachelor, jetzt belegt sie den Masterstudiengang Informatik an der Technischen Universität Berlin.

    "Also ich würde den Leuten auf jeden Fall raten, noch einen Master draufzusetzen."

    Theresa Enghardt hat ihren Bachelor an der privaten Fachhochschule der Telekom in Leipzig gemacht. Eine Supervorbereitung für einen Job in der Telekommunikationsbranche, Stellenangebote hatte sie auch – aber eine solche Schmalspurausbildung war ihr zu wenig.

    "An der Fachhochschule studiert man meist in der Regelstudienzeit und ist dann in so einem Lernplan drin wie alle anderen. Und dass man einfach die Erfahrung an einer Universität macht, dass man so viel Auswahl hat und in andere Fachgebiete reinschauen kann, das finde ich einfach eine sehr wertvolle Erfahrung."

    Viele ihrer Kommilitonen sehen das ähnlich – der Bachelor reicht uns nicht, sagen die meisten Befragten an der TU Berlin.

    "Ich werde auf jeden Fall einen Master machen, ich studiere Maschinenbau, und da ist es als Bachelor nicht einfach, einen Job zu finden, der sich auch finanziell lohnt, also der Master ist schon geplant."

    "Mir hat's nicht gereicht nach dem Bachelor. Eigentlich geht's mit dem Master erst richtig los. Ich habe mich mit dem Bachelor auch nicht richtig auf das Arbeitsleben vorbereitet gefühlt."

    Die Antworten der Studierenden passen zur Politik der TU Berlin. Sie ist Mitglied des TU 9 – einem Verbund der neun größten Technischen Universitäten Deutschlands. "Der Master ist der Regelabschluss für die Ingenieurswissenschaften/Naturwissenschaften" - so steht es in einem Positionspapier dieses Verbunds. Ähnlich die Deutsche Physikalische Gesellschaft: In der Industrie seien Physiker mit Bachelorabschluss nicht gefragt, so das Ergebnis einer Studie im Auftrag dieses Verbandes. Hans-Ulrich Heiß, Vizepräsident der TU Berlin, präferiert ebenfalls den Master:

    "Weil wir eben auch durch unsere Gespräche mit der Industrie wissen, dass dieses Profil, was mindestens dem alten Diplom entspricht, nach wie vor in hohem Maße nachgefragt wird und wir die entsprechende Anzahl von Absolventen produzieren wollen."

    Wenn die großen TUs den Master für den Regelabschluss halten, bedeutet das im Umkehrschluss: Der Bachelor ist für sie nicht viel wert. Diese Haltung erzürnt die Arbeitgeber. Irene Seling von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände BdA.

    "Wenn man sich dieser Meinung hingibt, nur mit dem Master sei man fit für den Arbeitsmarkt, dann entstehen daraus schlecht konstruierte Curricula."

    Zum Beispiel halbierte Diplomstudiengänge, bei denen berufsqualifizierende Module und Praktika fehlten. Die Technischen Universitäten hinkten ihrer Zeit hinterher, wenn sie den Master als Regelabschluss definierten, meint Irene Seling vom BdA.

    "Das ist unserer Ansicht nach die komplett falsche Botschaft an die Studierenden und wir hoffen, dass sich möglichst viele Studierende mit dem Bachelor für einen Einstieg in den Arbeitsmarkt entscheiden."

    Einer Studie des Stifterverbandes zufolge setzen immer mehr Firmen auf den Bachelor. Von allen Unternehmen, die Hochschulabsolventen beschäftigen, hat bereits jedes vierte einen entsprechenden Absolventen eingestellt, Tendenz steigend.