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Schnelle Reform der Reform

Der nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) will Ausnahmegenehmigungen in Aussicht stellen, die eine schnelle Änderung von Bachelorstudiengängen ermöglichen. Dadurch soll es Hochschulen erleichtert werden, die neuen Bolognastudiengänge zu verbessern.

Andreas Pinkwart im Gespräch mit Regina Brinkmann | 11.12.2009
    Regina Brinkmann: Die wochenlangen Proteste der Studierenden zeigen offenbar Wirkung: Die Politik nimmt sich des Themas an. In der kommenden Woche lädt Bundeskanzlerin Merkel zum Bildungsgipfel nach Berlin und schon im Vorfeld zeichnet sich ab, dass auch dort etwas für die Verbesserung der Studienbedingungen getan werden soll. Vom Qualitätspakt für die Bachelorstudiengänge ist die Rede. Und in Bonn haben sich Hochschulrektoren und Kultusminister gestern an einen Tisch gesetzt, nachdem wochenlang der Schwarze Peter hin- und hergeschoben wurde.

    Frage an den NRW-Innovationsminister Andreas Pinkwart, der gestern auch in der Sitzung dabei war: Ist mit den Beschlüssen von Hochschulrektoren und Kultusministern jetzt klar, wer handeln muss und wer in der Pflicht steht, die Umsetzung der Bolognareform hierzulande zu verbessern?

    Andreas Pinkwart: Ja, wir haben Verbesserungsbedarf in zwei Bereichen: Einmal geht es um die Studierbarkeit der Bachelor- und Masterstudiengänge, vor allen Dingen im Bachelorbereich, und dazu können die Hochschulen auf der Grundlage dessen, was verabredet worden ist, jetzt wichtige Dinge voranbringen. Und das andere ist, dass die Politik sicherlich auch noch im Wort ist, den Bolognaprozess auch mit zusätzlichen Mitteln zu unterlegen, und das ist gestern auch noch mal zum Ausdruck gebracht worden.

    Brinkmann: Sie haben gesagt, die Studiengänge sollen jetzt auf jeden Fall studierbarer werden. Wie lange müssen denn die Studierenden darauf warten, bis diese Entscheidung …

    Pinkwart: Ich habe eben noch mal mit der Hochschulleitung und Studierenden gerade an der Ruhr-Universität Bochum diskutieren können. Wir hatten ja in Nordrhein-Westfalen bereits schon vor zwei Wochen mit den Universitätsrektoren die zentralen Punkte besprochen. Hier ist die Ruhr-Universität schon tätig geworden, man hat das hier vom Rektorat in die Fachbereiche getragen, im Senat auch ein entsprechendes Vorgehen schon beschlossen, dass im Wintersemester die Studiengänge alle durchgegangen werden und man schaut, was läuft gut, was läuft noch nicht gut, was kann verbessert werden, sodass man zum Ende dann des Semesters die Punkte auch klar identifiziert hat, die man ändern will.

    Wir haben seitens des Landes Nordrhein-Westfalen allen Hochschulen, die dort Änderungen vornehmen wollen, sinnvollerweise eine Ausnahmegenehmigung auch in Aussicht gestellt, sodass das dann auch schnell umgesetzt werden kann.

    Brinkmann: An den Entscheidungen, die gestern getroffen wurden, gibt es aber auch durchaus Kritik. Studierende bemängeln, dass beim Zugang zum Master keine Zugeständnisse gemacht wurden. Warum soll auch weiterhin vielen Studierenden der Zugang zum Master versperrt bleiben?

    Pinkwart: Ja, ich halte diese Formulierung so für nicht ganz zutreffend. Wir wollen ja keinen Zugang zum Master generell verschließen, so wie wir auch keinem mit Hochschulzugangsberechtigung den Weg zu einer Hochschule verschließen wollen, der dort einen Bachelorstudiengang aufnehmen will.

    Nur wir können weder bei Studienbeginn zum Bachelor noch beim Master, wenn wir es ernst meinen mit Mobilität auch der Studierenden, garantieren, dass jeder den Studiengang seiner Wahl am Ort seiner Wahl auch tatsächlich studieren kann. Das ist weder im Bachelor machbar, wenn wir es qualitätvoll machen wollen, noch ist das im Master machbar. Aber dass jeder, der einen Bachelor zum Abschluss gebracht hat, dann auch einen Master machen kann, das bleibt ihm unbenommen, die Möglichkeit hat er. Dazu muss er sich an seiner Hochschule für ein Masterstudium dann bewerben oder bei einer Nachbarhochschule. Jedenfalls kann ich in Nordrhein-Westfalen sagen, wir haben so viele Masterangebote an unseren Hochschulen, dass jeder, der einen Bachelor erfolgreich abgeschlossen hat, danach auch ein Masterstudium annehmen kann.

    Brinkmann: Gleichwohl ist es natürlich eine finanzielle Sache auch, ob es jetzt diese Masterstudiengänge gibt oder nicht. Also da gibt es offensichtlich noch viel zu wenige Plätze und Geld …

    Pinkwart: Für Nordrhein-Westfalen, das kann ich nicht sagen, unsere Hochschulen … Wir hatten eine Kappung, die die rot-grüne Regierung ja noch beschlossen hatte in Nordrhein-Westfalen, sofort mit Regierungsübernahme 2005 aufgehoben. Unsere Hochschulen haben die Freiheit, bedarfsbezogene Masterangebote zu schaffen.

    Insofern haben die Studierenden die Möglichkeit, auch einen Masterstudienplatz zu finden. Nur wenn wir Mobilität wirklich wollen, dass man auch mal wechseln kann zwischen einer Hochschule, wenn man wechseln können soll auch von einem Fachhochschulbachelor zu einem universitären Master, dann muss die Möglichkeit bestehen, bei der notwendigen Qualitätssicherung, dass man sich auf einen Masterstudiengang einer Uni A auch von Uni B oder C bewerben kann oder von einer Fachhochschule bewerben kann. Und wenn das möglich sein soll bei gleichzeitiger Qualitätssicherung, kann man nicht jeden Bewerber auf einen solchen Studiengang natürlich nehmen müssen.

    Brinkmann: Qualitätssicherung, Verbesserung der Bolognaabschlüsse, all das kostet Geld, und Sie haben ein Hochschulsonderprogramm ins Gespräch gebracht: Vier Milliarden sollen unter anderem die Lehre verbessern. Schöne Idee, aber ist das überhaupt noch finanzierbar?

    Pinkwart: Ja, wir haben ja zusätzliche Mittel, die neue Koalition in Berlin, auch für Bildung vorgesehen. Wir haben auch im Koalitionsvertrag gesagt, dass wir bei Bologna qualitätsfördernd tätig werden wollen.

    Ich denke, hier wäre ein Handlungsfeld, weil: Eines muss die Politik ehrlich einräumen in Deutschland: Als Anfang dieses Jahrzehnts der Bolognaprozess dann umgesetzt wurde, haben weder Bund noch die Länder den Hochschulen zum Zwecke der Bolognareform zusätzliche Mittel gegeben, die vor allen Dingen für die Universitäten notwendig gewesen wären, weil sie ja in der Vergangenheit immer andere und im Regelfall ja schlechtere Betreuungsrelationen hatten als die Fachhochschulen. Insofern müssten wir hier ein Stück weit etwas nachholen, was seinerzeit versäumt worden ist.

    Brinkmann: Inwieweit haben Sie denn dieses vorgeschlagene Hochschulsonderprogramm mit der Bundeskanzlerin abgestimmt. Die schmiedet ja ebenfalls Pläne zur Verbesserung der Studienbedingungen, will den Ländern in der kommenden Woche beim Bildungsgipfel einen Qualitätspakt für das Bachelorstudium vorschlagen?

    Pinkwart: Ja, diesen Qualitätspakt haben wir ja bereits in der Koalitionsvereinbarung von FDP und Union gemeinsam verabredet. Wir haben ebenfalls verabredet, dass der Bund bis 2013 zwölf Milliarden Euro zusätzlich für Bildung zur Verfügung haben wird, und wir haben verabredet, dass der Bund auch mit Blick auf das Zehn-Prozent-Ziel den Ländern und Privaten der Wirtschaft auch Anstöße geben soll, damit sie bis 2015 auch ihren Beitrag entsprechend erbringen können. Und hier wäre ein solches Hochschulsonderprogramm, wie ich es vorgeschlagen habe, ein Beitrag, um diese Kernaussage, die wir auch vereinbart haben, ausfüllen zu können.

    Brinkmann: Soweit Andreas Pinkwart, Innovationsminister von Nordrhein-Westfalen. Und das Gespräch haben wir aus terminlichen Gründen vor dieser Sendung aufgezeichnet.