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Schneller aus der Privatinsolvenz

Seit 1999 gibt es die Verbraucherinsolvenz mit möglicher Restschuldbefreiung. Der Bundestag will heute noch über eine Änderung entscheiden. Erwartet wird, dass die Restschuldbefreiung unter Umständen nicht nach sechs, sondern nach drei Jahren eintreten kann. Die Neuerung ist umstritten.

Von Gudula Geuther | 16.05.2013
    Über sechs Millionen Menschen in Deutschland sind überschuldet, darunter nicht nur Hartz-IV-Empfänger, sondern auch Handwerker, Freiberufler, gescheiterte Existenzgründer. Seit 1999 gibt es die Verbraucherinsolvenz mit der Möglichkeit der Restschuldbefreiung. Anders als zuvor soll damit der Schuldner nicht mit der Insolvenz zwangsläufig in Hoffnungslosigkeit fallen. Nicht nur aus sozialen Erwägungen. Denn wer Licht am Ende des Tunnels sieht, wird eher motiviert sein, sich besonders zu engagieren um aus der Schuldenfalle herauszukommen, das kommt auch den Gläubigern zugute.

    Nach einer sechsjährigen sogenannten Wohlverhaltensperiode, in der der Schuldner arbeitet oder sich ernsthaft um Arbeit bemüht und in der er das pfändbare Einkommen abgibt kann die Restschuldbefreiung eintreten. Voraussetzung ist, dass er sich keiner Verschleierung oder Insolvenzstraftat schuldig gemacht hat. Restschuldbefreiung heißt: Die restlichen Schulden gibt es zwar noch, der Schuldner muss sie aber nicht mehr bezahlen. Dieser Effekt kann nach dem heute erwarteten Beschluss dann also schon drei Jahre früher eintreten. Voraussetzung allerdings ist, dass der Schuldner bis dahin 35 Prozent der Schulden zurückgezahlt hat. Ein Schritt in die richtige Richtung, sagt der Vorsitzende des Verbands der Insolvenzverwalter Deutschlands, Christoph Niering. Allerdings hält er die Hürde für zu hoch:

    "Es wird nur ganz wenige Schuldner geben, die in der Lage sein werden, diese Hürde zu nehmen. Weil die wenigsten Schuldner planvoll in diese Situation geraten. Die meisten werden durch Krankheit, Arbeitslosigkeit, Ehescheidung oder ähnlich schwierige Situationen in die Insolvenz geraten. Und von daher werden sie diese Insolvenz nicht planen können und da schon Vorsorge treffen können, 35 Prozent für die Gläubiger an finanziellen Mitteln zu sichern."

    Aus den laufenden Einkünften könne solche Schulden so gut wie niemand bezahlen. Er vermutet deshalb, dass das Gesetz auf eine bestimmte Konstellation beim Schuldner zielt:

    "Es drängt sich der Eindruck auf, dass es möglicherweise nachher nur für die in Betracht kommt, die in ihrem privaten Umfeld Unterstützer haben, die in der Lage sind, diesen Betrag zur Verfügung zu stellen oder die eben selbst noch über ausreichend Vermögen verfügen. Für die wenigsten wird das allerdings in Betracht kommen."

    Fünf Prozent, schätzt er, höchstens. Er verweist auf andere Länder, die auch aus sozialen Erwägungen ohne eine solche Hürde nach drei Jahren befreien. Anderer Ansicht sind Wirtschaftsvertreter. Christian Gross etwa von Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Er fürchtet, mit der zusätzlichen Möglichkeit der Befreiung steige das Ausfallrisiko für Banken. Das mache es für Existenzgründer schwerer, einen Kredit zu bekommen.