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Schonende Kräutertrocknung
Elektroschocks für Basilikum

Jeder, der schon mal einen Tomate-Mozzarella-Salat gemacht hat, kennt es: Hat man nur getrocknetes Basilikum zur Hand, schmeckt der Salat nach nichts - zumindest nicht nach Basilikum. Doch nun haben Forscher im schwedischen Lund eine Technik entwickelt, mit der sie frisches Basilikum so trocknen können, dass sein Aroma erhalten bleibt.

Von Christine Westerhaus | 07.06.2017
    Basilikum, verkaufsfertig verpackt
    Basilikum, verkaufsfertig verpackt (imago)
    Allan Rasmusson steht am Eingang eines Labors am Institut für Chemie der Lund Universität. Schon in der Tür strömt dem Besucher der intensive Duft von frischem Basilikum entgegen. "Hier drin gibt es eine Ausrüstung, mit der man Pflanzenblätter elektrisch behandeln kann. Unsere Mitarbeiterin Sumiyo wird uns gleich zeigen, wie das funktioniert."
    Auf dem Boden des Labors stehen etwa 30 Plastiktöpfe mit frischem Basilikum. "Wir haben eine Menge von Basilikum hier. Wir sind große Kunden." Allan Rasmusson hat eine Weile in Berlin gearbeitet und spricht deshalb auch Deutsch.
    20 Mikrosekunden lange Stromstöße
    Seine Mitarbeiterin Sumiyo Kanafusa nimmt sich nun einen der Töpfe und schneidet ein paar Blätter von der Pflanze ab. Dann legt sie diese in eine durchsichtige Plexiglaskammer, etwa so groß wie ein Ipad, und schließt den Deckel. Sumiyo stammt aus Japan, deshalb erklärt Allan Rasmusson weiter auf Englisch, was nun mit den Blättern geschieht. "An diese Plexiglaskammer sind auf jeder Seite Elektroden angeschlossen. Die Blätter liegen in einer Lösung aus Wasser und Salz und Sumiyo wird sie nun an den Stromkreis anschließen."
    Nach einer Sekunde ist die Prozedur schon vorbei. Sumiyo Kanafusa öffnet den Deckel der Plexiglaskammer und holt die Basilikum-Blätter heraus.
    "Wir haben gerade etwa 20 Mikrosekunden lange Stromstöße mit einer Stärke von 600 Volt durch die Blätter geschickt. Das ist etwa ein Zehntel der Spannung, die an einem Elektrozaun um eine Kuhweide anliegt. Das Ganze geht sehr schnell und schadet der Pflanze nur ein bisschen. Aber es sorgt dafür, dass sie ihre Blattporen offen hält, deshalb trocknen die Blätter viel schneller."
    Mehr Inhalts- und Aromastoffe
    Normalerweise schließt eine Pflanze ihre Poren, sobald sie von der Wasserversorgung abgeschnitten ist. So verliert sie weniger Feuchtigkeit. Doch Blätter, die langsam trocknen, verlieren ihr Aroma, erklärt Allan Rasmusson.
    "Dann werden die Inhaltsstoffe in den Blättern abgebaut. Vor allem die Aromastoffe, die für den Geschmack und den Geruch der Kräuter sorgen. Aber auch die Farbe verändert sich."
    Auf einem weißen Blatt Papier demonstriert Allan Rasmusson den Unterschied: Während das herkömmliche getrocknete Basilikum eher bräunlich aussieht, ist das mit Stromstößen behandelte deutlich grüner. Und es schmeckt intensiver.
    "Man merkt gleich, dass unser Basilikum eher einen öligen Charakter hat. Wir werden auch bald wissen, wie genau sich die Inhaltsstoffe zwischen dem frischen und unserem getrockneten Basilkum unterscheiden. Aber Sie merken es ja schon: Unser Basilikum schmeckt nach etwas - im Gegensatz zu dem getrockneten Zeug, das man im Supermarkt bekommt."
    Zufällig entdeckter Trick
    Auf den Trick mit den Stromstößen sind die Forscher per Zufall gekommen. Rasmussons Kollege Enrico Gomez, der eigentlich Lebensmitteltechniker ist, hatte bei Experimenten zufällig beobachtet, dass Pflanzen ihre Poren öffneten, wenn man sie unter Strom setzt. Welche Dosis für Basilikumblätter die richtige ist, haben die Forscher dann gemeinsam in Experimenten erprobt. Rasmusson ist sich sicher, dass das Verfahren auch mit anderen Kräutern funktioniert.
    "Dill wäre zum Beispiel auch ein Kandidat, denn auch getrockneter Dill schmeckt nach nichts. Aber wir müssen für jede einzelne Pflanze neu ausprobieren, ob es funktioniert."
    Er selbst habe zuhause noch nicht mit Stromstoß-behandeltem Basilikum gekocht, erklärt Rasmusson. Aber ein japanischer Koch in Malmö, dem die Forscher eine Kostprobe geschickt haben, war begeistert. Auch ein schwedischer Anbieter von Tiefkühlkost hat schon Interesse angemeldet. Wenn sich der technische Aufwand lohnt, könnte getrocknetes Basilikum aus dem Supermarkt also in ein paar Jahren deutlich intensiver nach dem frischen Original riechen und schmecken als heute.