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Schule in Bewegung

Wie kann sich eine Schule in Bewegung bringen? Und wie pflanzt sich dieser Gedanke dann auch über den normalen Sportunterricht hinaus in den gesamten Schulalltag hinein fort?

Von Armin Himmelrath | 28.10.2005
    Lehrerin: " Jetzt nehmt ihr euch mal einen Ball, damit ihr euch entspannen könnt... "

    Donnerstag morgen, in der Klasse 5a der Albert-Einstein-Gesamtschule in Remscheid. Lehrerin Dorle Hövekamp unterbricht ihren Unterricht und lässt ihre Schüler zunächst eine Entspannungsübung machen.

    Schülerin:" Ich massiere meine Partnerin mit einem Massierball am Rücken. "
    Reporter:" Die liegt jetzt ganz bequem da auf dem Tisch. Vielleicht kann ich die mal stören. Was ist das für ein Gefühl? "
    Schülerin: " Das tut ganz gut und es entspannt auch. "


    Die Atmosphäre im Klassenzimmer hat sich innerhalb von wenigen Minuten völlig verändert. Ganz selbstverständlich kümmern sich die Fünftklässler darum, dass es ihnen zwischen Vokabeln, Grammatik und Sachkundebüchern auch körperlich und seelisch gut geht. Ein wichtiger Schlüssel dazu ist - Bewegung. Und deshalb schließt Dorle Hövekamp jetzt ein Spiel namens Tisch-Basektball an. Schnell verschieben die Schüler die Tische im gesamten Klassenzimmer, um dann mit Tischtennisbällen und Plastikbechern zu spielen.

    Schüler:" Wir spielen Tischtennis, nur ohne Schläger. Mit den Händen oder mit Bechern. "
    Lehrerin:" Es ist eigentlich dafür gedacht, dass, wenn im Unterricht mal Phasen sind, wo die Schüler sich nicht mehr so gut konzentrieren können, dass sie dann durch die Bewegung, den Spaß an der Bewegung, ein bisschen abschalten können und danach dann wieder konzentrierter weiterarbeiten können. "
    Reporter: " Jetzt kann ich mir vorstellen, dass viele Kollegen sagen: Mensch, eben war die Klasse ganz ruhig, hat so super gearbeitet, und jetzt bricht hier das totale Chaos aus, die kriege ich doch nie wieder ruhig?! "
    Lehrerin: " Ja, wenn man klare Regeln festsetzt, dass wirklich nach 5 Minuten Schluss ist oder 7, 8 Minuten, dann geht die Klasse eigentlich auch gut darauf ein, und danach kann man auch wieder konzentriert weiterarbeiten, während man eben sonst auch einfach oft auch gegen Ende der Stunde dann doch immer nur noch mit Druck was schafft und Frontalunterricht und dann eigentlich auch nicht mehr viel hängen bleibt bei den Schülern. "

    Wer sich öfter mal bewegt, der lernt auch besser, ist Jörg Wehner, Sportkoordinator an der Albert-Einstein-Schule, überzeugt. Bewegung und Sport sind deshalb eine wichtige Säule im S hulprogramm der Remscheider Gesamtschule - und zwar weit über den Rahmen des normalen Sportunterrichts hinaus. Die häufig geäußerte Befürchtung, durch mehr Bewegung würden die Kinder im Unterricht spürbar unruhiger, sei Unsinn, sagt Jörg Wehner.

    " Wir haben hier vor Ort einen Tanzwettbewerb, der Ende des Schuljahres vorgeführt wird, und die Schüler und Schülerinnen, das sind so bis zu 150, die dort teilnehmen, können in den Pausen für ihren Wettbewerb üben und trainieren. Diese Gruppen, haben wir festgestellt, sind nachher, nach den Pausen, im Unterricht ausgesprochen konzentriert, gut von der Mitarbeit, und es ist genau die entgegen gesetzte Erfahrung: Diese sind leistungsfähig, die in den Pausen sich zufriedenstellend, für sich befriedigend bewegt haben. "

    Mit ihrem klaren Bekenntnis zu Sport und Bewegung hat die Albert-Einstein-Gesamtschule im vergangenen Jahr beim Wettbewerb Bewegte Schule einen Sonderpreis gewonnen. Dort gehörte sie als weiterführende Schule unter den Preisträgern zu den großen Ausnahmen - und nutzt diese Tatsache jetzt offensiv zur Eigenwerbung. Jörg Wehner.

    " Wir stellen die Bewegte Schule auch hier beim Tag der offenen Tür vor, und wir sehen also großes Interesse der Eltern, die dann auch sagen: Ja, das spricht für die Schule. Das ist ein Kriterium, dass die Schule auszeichnet, und uns auch in der Überlegung, zu welcher Schule wir gehen, ne Unterstützung ist. "

    Und auch andere weiterführende Schulen haben angefangen, sich für das Konzept zu interessieren. Den Kollegen, die zunächst oft skeptisch reagieren, wenn sie ihre Unterrichtsstunden immer mal wieder mit kleinen sportlichen Übungen unterbrechen sollen, kann Jörg Wehner dann aus eigener Erfahrung berichten.

    " Ich hab's bisher nie bereut, wenn ich diese Bewegungspausen, diese Bewegungsphasen durchgeführt habe. Der Unterricht war danach ruhiger, weniger Sanktionen, also Maßnahmen meinerseits wurden notwendig, um wieder Unterrichtsatmosphäre herzustellen. Der Unterricht war effektiver - es wurde das wieder reingeholt, was ich in der Zeit verloren habe. "

    www.albert-einstein-schule.de