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Schutz vor Allergien
Fisch für die Mutter, feste Nahrung für Babys

Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen, entwickeln seltener Allergien. Doch warum? Forscher in Goteburg haben bei ihrer Suche nach möglichen Hintergründen interessante Beobachtungen gemacht, die etliche Ratschläge zur frühkindlichen Ernährung auf den Kopf stellen.

Von Christine Westerhaus | 04.01.2017
    Atlantische Lachse - hier auf dem Hamburger Fischmarkt
    Fisch, wie etwa im Bild atlantischer Lachs, enthält große Mengen an Omega-3-Fettsäuren - und diese schützen vor Allergien. (picture alliance /dpa /Marcus Brandt)
    Wer auf dem Bauernhof aufwächst, ist ständig in Kontakt mit den verschiedensten Keimen. Das Immunsystem eines Neugeborenen lernt also schon sehr früh, sich mit Bakterien auseinanderzusetzen. Das sei einer der Gründe, warum Kinder vom Bauernhof seltener Allergien entwickeln, sagt Karin Jonsson von der Göteborger Chalmers Universität. Doch auch die Ernährung spiele eine wichtige Rolle.
    "Man weiß, dass der Kontakt zu Tieren vor Allergien schützen kann, aber auch der Konsum unpasteurisierter Milch. Wir haben uns in unserer Studie besonders auf die Ernährung konzentriert. Dabei haben wir gesehen: Mütter, die in der Schwangerschaft und während des Stillens besonders viel fetten Fisch gegessen haben, bieten ihren Babys offenbar einen Schutz vor Allergien. Allergische Kinder hatten weniger Omega-3-Fettsäuren im Blut als unempfindliche. Fisch enthält große Mengen an Omega-3-Fettsäuren. Und je mehr Fisch die Mütter gegessen hatten, umso größere Mengen dieser Fettsäuren fanden wir in den Proben."
    Früher feste Nahrung für Babys
    Wie und warum Omega-3-Fettsäuren vor Allergien schützen können, ist bisher unklar. Das möchte Karin Jonsson nun im nächsten Schritt herausfinden. Ihre Untersuchung ist Teil der sogenannten "Bauernhofstudie", in der schwedische Forscher herausfinden wollen, warum Stadtkinder häufiger Allergien entwickeln als solche, die zwischen Hühnern und Kühen aufwachsen. Seit mehr als zehn Jahren verfolgen die Wissenschaftler das Schicksal Neugeborener, die entweder in der Stadt oder auf dem Land aufgewachsen sind. Schon während der Schwangerschaft und in der Stillzeit haben die Allergieforscher Stuhl- und Blutproben genommen. Die Mütter haben zudem genauestens dokumentiert, was sie selbst gegessen haben und was sie ihren Kindern verabreicht haben. Bei der Auswertung dieser Daten hat Karin Jonsson eine weitere interessante Entdeckung gemacht: Je früher die Babys feste Nahrung bekamen, umso geringer war ihr späteres Allergierisiko.
    "Wir haben beobachtet, dass Babys, die schon in den ersten vier Monaten Fisch bekommen hatten oder auch Eier innerhalb der ersten elf Monate, dass diese Kinder später seltener Allergien entwickelten. Bei Mehl haben wir den gleichen Effekt gesehen."
    Ein früher Kontakt zu Lebensmitteln ist wichtig
    Lange Zeit wurde jungen Müttern geraten, mindestens sechs Monate lang ausschließlich zu stillen und den Kindern Allergie auslösende Nahrungsmittel wie Eier oder Nüsse erst sehr spät zu geben. Karin Jonsson ist aber überzeugt, dass diese Vorsicht genau das Gegenteil bewirkt: Gerade ein sehr früher Kontakt zu diesen Lebensmitteln sei wichtig, damit sich der Körper daran gewöhnen kann.
    "Es ist bekannt, dass das Immunsystem Kontakt zu Lebensmitteln haben muss, um sie tolerieren zu können. Vor allem zu den Proteinen darin, denn das sind die Inhaltsstoffe, auf die viele Menschen allergisch reagieren. Ich denke, in westlichen Ländern, wo es sauberes Wasser gibt, wäre es gut, Babys schon im Alter von vier Monaten an richtiges Essen zu gewöhnen. Diese Empfehlung wird in Finnland eingeführt und ich denke, auch andere Länder werden dem folgen."