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Schweden
Rechte Propaganda, gefördert von der EU

Ende Mai wollen sich Neonazis in Stockholm zum "Manhemsdagen" treffen. Eine rechte Schau-Veranstaltung, bezahlt unter anderem mit Geldern des Europäischen Parlaments. Die Veranstalter schmücken sich mit der Finanzierung aus Brüssel.

Von Victoria Reith | 17.04.2016
    Unter dem Namen "Demonstration des Volkes" haben Ende Januar in Stockholm rechte Gruppierungen eine Kundgebung abgehalten. Im Nachgang wurden mehrere Menschen verhaftet.
    Unter dem Namen "Demonstration des Volkes" haben Ende Januar in Stockholm rechte Gruppierungen eine Kundgebung abgehalten. Im Nachgang wurden mehrere Menschen verhaftet. (AFP - Marcus Ericsson)
    Zwei Wochen nach dem Eurovision Song Contest, einer gigantischen Show, die queer, tolerant und bunt ist, laden Neonazis in der schwedischen Hauptstadt Stockholm Gesinnungsgenossen aus dem In- und Ausland zu einer braunen Veranstaltung mit Festival- und Messecharakter ein.
    Auf der Homepage des "Manhemsdagen" gibt es nähere Infos zum Programm: Rechte Literatur und Merchandising werden angeboten - zum Beispiel Buttons mit einem regenbogenfarbenen Schirm, der vor "LGBT Propaganda" (Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) schützen soll. Im Rahmen eines "Grillfest" mit "alten Spielen" sind zahlreiche schwedische Redner angekündigt. Einer davon, Björn Björnkvist, wird auf der Veranstaltungsseite beschrieben als "bekannt für seine treffsicheren und oft humoristischen Reden". In Wahrheit ist er mehrfach verurteilt wegen "Hetze gegen Volksgruppen".
    Nicht die erste Veranstaltung dieser Art
    Dass eine solche Veranstaltung stattfindet ist allerdings kein Novum in Stockholm. Im Januar hielten unter den Namen "Demonstration des Volkes" rechte Gruppierungen eine Kundgebung ab, in Folge derer mehrere Menschen verletzt wurden. Schweden erlebt zudem seit Herbst die stärkste Welle rechter Gewalt überhaupt.
    Was stutzig macht, ist die Finanzierung. Die Stiftung Expo, einst gegründet vom Journalisten und Schriftsteller Stieg Larsson, untersucht rechte und antidemokratische Strömungen in der Gesellschaft. Expo hat herausgefunden, dass die EU rund 400.000 Euro an die rechtextreme Partei "Allianz für Frieden und Freiheit" (APF) zahlt - und das, obwohl 2014 die Regeln verschärft wurden, um zu verhindern, dass antidemokratische Parteien Zuwendungen erhalten.
    Nur zwei Mitgliederparteien im Parlament
    Die APF hat zahlreiche Mitglieder in Europa, von denen aber nur die griechische "Goldene Morgenröte" und die deutsche NPD im EU-Parlament vertreten sind. Der Generalsekretär der APF ist der frühere Parteichef der inzwischen aufgelösten schwedischen Nazi-Partei "Svenskarnas parti" (Partei der Schweden).
    Neben den Zuwendungen, die direkt an die APF gingen, hat das EU-Parlament nach Informationen von Expo weitere Zuwendungen in Höhe von rund 200.000 an die Stiftung der Partei, Europa Terra Nostra, gezahlt. Europa Terra Nostra und der rechte Podcast "Motgift" (deutsch: "Gegengift") sind Gastgeber des Manhemsdagen, zudem wird neben der APF die faschistische Organisation "Nordische Jugend" bei der Veranstaltung "informieren".
    "Die Aktivitäten der Europäischen Stiftung "Europa Terra Nostra" sind finanziell unterstützt vom Europäischen Parlament." Das Parlament übernehme keine Verantwortung für die Inhalte auf der Seite.
    "Die Aktivitäten der Europäischen Stiftung "Europa Terra Nostra" sind finanziell unterstützt vom Europäischen Parlament." Das Parlament übernehme keine Verantwortung für die Inhalte auf der Seite. (Screenshot Webseite "Manhemsdagen")
    Empörung auf Seiten der Sozialdemokraten
    Die sozialdemokratische Europaparlamentarierin Marita Ulvskog schreibt bei Twitter, dass die Finanzierung durch den EU-Haushalt eine "Schande ist. Die Regeln müssen geändert werden!"
    Expo zitiert Ulvskog weiter: "Ich finde, es ist furchtbar peinlich und verstörend, dass wir diese Art von Aktivität mitfinanzieren. Eine große Mehrheit im Europäischen Parlament wäre schockiert, wenn sie davon wüsste." Ulvskog wolle nun ein Krisensitzung mit der Fraktion der Sozialdemokraten einberufen, um herauszufinden, wieso die Regeländerung offenbar gescheitert ist.
    Mit der Namenswahl "Manhems"-Tag scheinen die Veranstalter an die zwischen 1934 und 1944 pronazistische "Samfundet Manhem" ("Manhem-Gemeinschaft") anknüpfen zu wollen, wie die "taz" berichtet. Die rassistische und antisemitische Organisation beschäftigte sich unter anderem mit der "Lösung der Judenfrage".