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Schweinepest in Polen
Proteste gegen Abschuss von Wildschweinen

Bauern in ganz Europa fürchten die Afrikanische Schweinepest. Die Infektionskrankheit ist zwar für Menschen ungefährlich, verläuft bei Schweinen aber fast immer tödlich. Die polnische Regierung plant deshalb einen großangelegten Wildschwein-Abschuss. Dagegen aber regt sich Widerstand.

Von Florian Kellermann | 11.01.2019
    Ein Wildschwein in der Frontansicht.
    Umweltschützern zufolge könnten bis Ende Januar in Polen bis zu 200 000 Wildschweine getötet werden. (Lino Mirgeler/dpa)
    Ungewöhnliche Proteste vor dem polnischen Parlament in Warschau und auch in anderen Städten im ganzen Land: Einige sind in Wildschwein-Kostümen gekommen, andere haben aus Kartons einen riesigen Schweinekopf gebastelt. Wieder einmal sorgt das polnische Umweltministerium für Aufregung. Minister Henryk Kowalczyk verteidigt sich:
    "Die Proteste erwecken den Eindruck, als stünde der Weltuntergang bevor. Dabei hat das Ministerium den Jägerverbänden nur empfohlen, den Abschuss von Wildschweinen zu koordinieren. Denn wenn er an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Zeiten stattfindet, scheucht er die Tiere nur auf, sie verlassen ihr Terrain und verbreiten die Krankheit."
    Mit der Krankheit meint der Minister die Afrikanische Schweinepest. Die hat sich in Polen in den vergangenen fünf Jahren verbreitet. Nach Angaben des Ministeriums gibt es derzeit über 200 Seuchenherde. In betroffenen Regionen sind über 3.000 Tiere erkrankt. Deshalb sei der koordinierte Abschuss der Wildscheine notwendig, so Minister Kowalczyk. Er soll morgen beginnen und an zwei weiteren Winter-Wochenenden fortgesetzt werden.
    Ministerium will Bauern schützen
    Das Ziel der Maßnahme hat indes nicht der Umwelt-, sondern der Landwirtschaftsminister ausgegeben: Am besten sollten alle Wildschweine in betroffenen Gebieten sterben, erklärte Minister Jan Krzysztof Ardanowski:
    "Wir zwingen die Bauern zu bestimmten Maßnahmen, damit ihre Bestände geschützt werden - und wir zahlen dafür. Aber so lange die Schweinepest außerhalb von ihren Höfen grassiert, können wir sie nicht wirksam bekämpfen. Aber vielleicht liegt ja jemandem daran, dass diese Seuche in Polen weiter existiert."
    Tier- und Umweltschützer laufen Sturm gegen die Pläne. Über 200.000 Tiere seien betroffen, sagen sie, und sprechen von einem sinnlosen Massaker, so der Zoologe Andrzej Elzanowski:
    "Experten weisen darauf hin, dass die Aktion nichts bringt. Das sagen Wissenschaftler, nicht Umweltaktivisten. Denn erstens ist es nicht möglich alle Wildschweine umzubringen. Die Afrikanische Schweinepest wird also bleiben. Und zweitens wird die Lücke in der Natur, die dadurch entsteht, nur Wildschweine aus den Nachbarregionen und Nachbarländern anziehen. Das Ganze ist ein Hirngespinst und dazu noch äußerst brutal."
    Prämie für Abschuss trächtiger Säue
    Für Entsetzen sorgte besonders, dass die Jäger vor allem auf trächtige Säue schießen sollen. Für so ein Exemplar sollen die Jäger umgerechnet 150 Euro bekommen, mehr als doppelt so viel wie für ein gewöhnliches Wildschwein.
    Auch Oppositionspolitiker kritisieren den Plan, von Banditentum sprach selbst der Rechtspopulist Pawel Kukiz. Besonders unangenehm ist für die Regierung, dass sich selbst die Dachorganisation der Bauernverbände distanzierte. Deren Vorsitzender Slawomir Izdebski:
    "Ich habe nie Druck auf einen Minister ausgeübt, dass hier ein Massaker an Wildschweinen stattfinden soll. Ich trete seit vielen Jahren für einen kontrollierten Abschuss ein, mit genauen Plänen, in verschiedenen Etappen und mit Wärmesichtgeräten. Diese Geräte dienen dazu, um das Leiden der Tiere zu minimieren."
    In dieser Woche wuchs der Protest mit jedem Tag. Eine Petition im Internet haben inzwischen 150.000 Polen unterschrieben. Einige hundert Wissenschaftler appellieren in einem offenen Brief an die Regierung, doch noch in letzter Minute auf die Aktion zu verzichten. Gestern schaltete sich Staats-Präsident Andrzej Duda. Er rief die Jäger auf, wenigstens die trächtigen Säue zu verschonen.