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Schweinepest
Krähen zu Unrecht unter Verdacht

Nachdem in Polen und Litauen die afrikanische Schweinepest aufgetreten ist, fürchtet sich Mecklenburg-Vorpommern vor einem Übergreifen der schweren Virusinfektion, die für Haus- und Wildschweine tödlich ist. Auf der Suche nach den Übertragungswegen richtet sich die Aufmerksamkeit jetzt auch auf Krähen.

Von Almuth Knigge | 26.03.2014
    Eine Krähe sitzt auf einer Bank.
    Krähen dürfen eigentlich nicht gejagt werden. (dpa / Wolfgang Runge)
    Krähen oder Rabenvögel haben bei vielen Menschen keinen guten Ruf. Sie sollen über Singvögel herfallen, kleinen Kälbchen und Lämmern die Augen aushacken und dem Landwirt finanziellen Schaden zufügen – weil sie die Saat fressen und die Folien, die das Silagegras und das Futter schützen, aufhacken.
    Und jetzt sollen sie angeblich auch noch dazu beitragen, die gefürchtete afrikanische Schweinepest auszubreiten, warnte vor kurzem Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus - SPD. Backhaus forderte, im Nordosten Deutschlands sollten auch Nebelkrähen, Raben, Elstern sowie Raubtiere in Großschutzgebieten gejagt werden. Obwohl das eigentlich verboten, beziehungsweise nur mit Ausnahmegenehmigung erlaubt ist.
    "Den Krähen wird hier etwas nachgesagt, was nicht zutreffend ist."
    Ursula Karlowski ist Biologin und sitzt für die Grünen im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.
    "Ich kenne nur gegenteilige, wissenschaftliche Aussagen, die Krähen von einem solchen Verdacht freisprechen und andererseits kenne ich keine Beweise, die dafür sprechen. Es ist also eine eindeutige Faktenlage, dass Rabenvögel nicht die afrikanische Schweinepest ausbreiten können."
    Panikmache und Verunglimpfung der intelligenten Vögel wirft sie dem Minister vor, der die Aufforderung zur Krähenjagd übrigens so nie gesagt haben will.
    "Ich vermute, er hat sich von der Stimmung in der Jägerschaft anstecken lassen, um eine Aussage zu produzieren, die in deren Ohren gerne gehört wird, und die Panik vor dem Übertragungsrisiko teile ich überhaupt nicht, das ist Stimmungsmacherei."
    Allerdings ist auch die Wissenschaft nicht besonders glücklich über die Aussagen des Ministers, neben der Jagd auf Aasfresser wie Krähen, Waschbären oder Füchsen, will er, dass die Jäger vermehrt Schwarzwild in den vorpommerschen Wäldern an der Grenze zu Polen erlegen. Sandra Blome ist die Leiterin des Nationalen Referenzlabors für klassische Schweinepest und afrikanische Schweinepest am Friedrich-Löffler-Institut auf der Insel Riems.
    "Wir haben ein Problem. Wir brauchen Proben, um zu sehen, wie sich diese Seuche ausbreitet. Das Fallwild."
    Das sind Tiere, die nicht durch Jägers Hand sondern auf andere Art und Weise gestorben sind, etwa durch Krankheit oder Unfälle.
    "Ist unsere erste Anlaufstelle, das Problem ist, die Tiere ziehen sich unter Umständen in Gebiete zurück, wo ich als Jäger oder betroffene Person schlecht hinkomme und noch nicht mal mein Hund hin möchte. Wenn sie sich in irgendein Sumpfgebiet oder was auch immer zurückgezogen haben, da kommen Sie nur sehr schwer dran."
    In der Tat ist Schwarzwildbestand in Deutschland und Europa viel zu groß und diese Dichte befördert auch die Ausbreitung der Seuche – aber so eine verstärkte Jagd muss gut vorbereitet und unter wissenschaftlicher Begleitung erfolgen. Die Jäger müssen lernen, wie Proben genommen vor Ort genommen werden – und nicht das erlegte Wildschwein noch durch den kompletten Wald ziehen und im Wagen noch über einen weite Strecke transportieren – wobei hier die Gefahr, den Virus der afrikanischen Schweinepest zu verbreiten viel größer sei als die, die von Aasfressern wie Krähen ausgehe. Mit einer Ausnahme.
    "Das Virus ist sehr, sehr stabil, auch in der Umwelt und damit in einem gefallenen Stück Schwarzwild zum Beispiel, es bleibt dort relativ lange lebensfähig und kann übertragen werden,, daher sind solche mechanischen Wege denkbar, zum Beispiel wenn ein Aasfresser ein Stück Fleisch mitnimmt wenn ein Aasfresser seinen Kopf in das Blut steckt, diese Wege sind denkbar, da mechanische Vektoren ne Rolle spielen können, sie stehen für mich in der Risikobewertung aber nicht im Vordergrund, sodass ich daraus nicht ableiten würde, strengere Maßnahmen gegen Aasfresser abzuleiten."
    Anders ausgedrückt – Jetzt alle Krähen vom Himmel zu holen wäre purer Aktionismus. Die Gefahren, die von Jagdreisen, Transitverkehr oder Einfuhr von Fleischprodukten ausgehen, seien weitaus größer. Und vor allem, das erklärt Karl-Heinz Guiard vom Ökologischen Jagdverband, ist die Vorstellung, man könnte die afrikanische Schweinepest jetzt noch durch Krähen-Jagd regeln, wildbiologischer Unsinn,
    "GUIARD wenn das irgendeine Bedeutung haben soll, dann musste man das in riesigem Stil machen, also richtig den Bestand halbieren und das machen die Jäger nicht, an und für sich ist der Jäger von Haus aus ein Beutemacher...und er erlegt nur das was er auch verwertet."
    Da irrt der Jäger allerdings – denn im Internet kursieren zahlreiche Rezepte, wie man auch Krähen schmackhaft zubereiten kann.