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Schweiß
Kühlung für den Körper

Die Haut ist das größte Sinnesorgan des Menschen und misst knapp zwei Quadratmeter. Sie schützt den Körper und sorgt dafür, dass er nicht überhitzt. Verantwortlich dafür sind rund zwei Millionen winziger Drüsen, die sich auf der Körperoberfläche verteilen und bei Bedarf Schweiß absondern.

Von Mirko Smiljanic. | 27.09.2016
    Ein Mann wischt sich am 02.08.2013 in Hannover (Niedersachsen) mit einem Stofftuch über den Kopf.
    Wenn es heiß wird, schwitzt der Körper besonders. (dpa / picture alliance / Sebastian Kahnert)
    Eine Wellnessanlage irgendwo in Deutschland. Entspannungsbecken, plätschernde Wasserfälle, Saunen. "Man unterscheidet zunächst einmal zwei Saunentypen. Einmal die finnische Sauna, die bei einer Luftfeuchtigkeit von fünf bis fünfzehn Prozent und bei einer Raumtemperatur von 80 bis 110 Grad Celsius dem Körper Wärme zuführt. Und zum anderen das Römische Dampfbad, bei dem bei einer Temperatur von 40 bis 50 Grad eine mit Wasserdampf gesättigte Luft mit einer Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent dem Körper Wärme zugeführt wird", sagt Dr. Jürgen Ramacher, Sportmediziner in Leverkusen.
    Unabhängig vom Typ der Sauna, eine Wirkung ist allen gleich: Der Körper führt Wärme ab, damit die Organe keinen Schaden nehmen. Dafür regt er die Durchblutung an, sollte das nicht reichen – was wahrscheinlich ist – aktiviert er die Schweißproduktion. "Frauen haben weniger Schweißdrüsen, und zwar 1,8 Millionen, Männer haben mehr Schweißdrüsen, circa 2,5 Millionen", erklärt Dr. Jan Hundgeburth, Hautarzt in Frechen bei Köln.
    Mediziner unterscheiden zwei Arten von Schweißdrüsen: ekkrine und apokrine. Ekkrine Drüsen verteilen sich über den gesamten Körper und sorgen für die Temperaturregulation, indem der von ihnen produzierte Schweiß beim Verdunsten dem Körper Wärme entzieht. In Extremfällen scheiden ekkrine Drüsen pro Stunde zwei bis vier Liter Schweiß aus.
    200 Milliliter Schweiß verliert der Mensch pro Tag
    Ohne körperliche Anstrengung in gemäßigt warmer Umgebung verlieren Menschen etwa 200 Milliliter Schweiß pro Tag: "Das ist zu 99 Prozent Wasser, aber darin enthalten sind viele Mineralien, deshalb schmeckt der Schweiß auch so salzig, in kleineren Mengen sind auch Hormon- und Duftstoffe enthalten, je nach dem wo die Schweißdrüse sitzt", sagt Hautarzt Hundgeburth.
    Apokrine Schweißdrüsen befinden sich ausschließlich in den Achsel- und Genitalregionen sowie an den Brustwarzen und produzieren dort Duftstoffe. Das milchige Sekret enthält Proteine und Lipide, außerdem ist sein pH-Wert fast neutral. Im Gegensatz dazu schafft der Schweiß ekkriner Drüsen ein saures Milieu auf der Hautoberfläche. In einem intakten Säureschutzmantel können sich unerwünschte und schädliche Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Mikroorganismen nicht vermehren und in den Körper eindringen.
    Ohne das saure Milieu wäre die Hautoberfläche der ideale Nährboden für Keime, die sich in basischen Umgebungen wohl fühlen. Eine häufig vermutete Funktion hat Schwitzen übrigens nicht: Schweiß entfernt keine Schadstoffe. "Nein, das ist es eigentlich nicht, es ist nicht so, dass das Schwitzen einer Schlackenentfernung dient. Der Mineralienhaushalt des Körpers, der wird ja hauptsächlich über die Nieren reguliert, aber hier werden auch Mineralien über den Schweiß ausgeschieden, aber es ist keine Giftstoffausscheidung", erklärt Jan Hundgeburth. Schwitzen reguliert die Körpertemperatur und sorgt für eine gesunde Hautoberfläche – ein Vorgang, den das Gehirn steuert.
    Hundgeburth: "Das funktioniert über das autonome Nervensystem, welches dann bei Temperaturanstieg die Schweißdrüsen zur Produktion anregt. Wenn die Temperatur wieder sinkt, wird die Schweißproduktion wieder drosselt."
    Ohne Schweiß kein Leben
    Schwitzen ist wichtig für Menschen – ohne Schweiß kein Leben. Dumm nur, dass diese Schutzfunktion hin und wieder aus dem Ruder läuft. So wie bei dieser Frau, die seit Jahren vor allem unter den Achseln schwitzt: "Langsam hat es angefangen, man hat es erst gar nicht gemerkt. Man schwitzt schon mal ein bisschen und macht sich auch keine Gedanken darüber, man hat sich eben ein bisschen mehr angestrengt. Es ist auch erst aufgefallen, als es wirklich nur noch wie Wasser runterlief. Es ist auch manchmal ein bisschen peinlich. Man guckt, was man anzieht, damit man eben nicht diese Schweißränder hat. Es ist sehr belastend, wenn man das hat."
    Hyperhidrose, so der medizinische Fachausdruck für krankhaftes Schwitzen, ist im Alltag eine Qual. Weit belastender und gesundheitlich bedenklicher ist allerdings der umgekehrte Fall: Der Schweiß bleibt aus. Ärzte sprechen vom Ross-Syndrom. Solche Menschen müssen selbst für einen Temperaturausgleich sorgen, sei es in kühlen Räumen oder unter der Dusche. Therapien gibt es nicht. Ganz im Gegensatz zur Hyperhidrose, dem krankhaften Schwitzen. Drogerien und Apotheken bieten eine breite Palette von Deos und anderer Mittel – mit teilweise leider geringer Wirkung.
    Gegen krankhaftes Schwitzen gibt es Mittel
    Im Zweifel kann aber der Hautarzt helfen. Beliebt ist der Einsatz von Botulinum Toxin A – bekannt unter dem Handelsnamen Botox – das in der Kosmetik häufig gegen kleine Fältchen genutzt wird. "Das ist eine Lösung von Botulinum Toxin, von dem ich alle zwei Zentimeter einen Tropfen in die Haut spritze. Dieses Medikament wirkt an den Übergangsstellen der Nerven des Autonomen Nervensystems auf die Schweißdrüse. Eine Synapse wird blockiert und dadurch findet keine Anregung der Schweißdrüse mehr statt. Dann produziert die Schweißdrüse auch keinen Schweiß mehr. Das dauert ungefähr ein halbes Jahr, bis der Effekt wieder verloren ist", erklärt Hundgeburth.
    Einziger Nachteil: Angenehm ist die Behandlung nicht, findet die Patientin von Jan Hundgeburth: "Also man muss schon sagen, es ist sehr unangenehm und minimal schmerzhaft, aber es ist auszuhalten. Es sind Schmerzen, die auszuhalten sind. Die Behandlung dauert fünf Minuten, es ist also sehr schnell vorbei."