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Schweißen von Keramik
Ultrakurze Laserpulse erzeugen stabile Verbindungen

Bauteile aus Keramik können starke Belastungen aushalten. In der Konstruktion sind ihnen allerdings Grenzen gesetzt. Der Grund: Keramik kann man nicht schweißen. Forscher aus Kalifornien haben nun ein Verfahren entwickelt, bei dem ultrakurze Laserpulse stabile Verbindungen ermöglichen.

Von Frank Grotelüschen | 23.08.2019
Laseranordnung zur Prüfung und Messung der Transparenz von keramischen Materialien
Laseranordnung zur Prüfung und Messung der Transparenz von keramischen Materialien (UCSD Jacobs School of Engineering - David Baillot )
Ein Roboter in einer Autofabrik. Der Arm senkt sich über ein Karosserieblech und positioniert sich. Dann schießt ein greller Laserstrahl aus dem Arm, schlägt Funken und verschweißt zwei Bleche miteinander. Ein Routineprozess, wenn es um das Fügen von Metallteilen geht. Bei einer anderen Materialklasse dagegen hat das mit dem Schweißen bislang noch nicht so recht funktioniert – bei Keramiken. Der Grund:

"Keramik schmilzt erst bei hohen Temperaturen. Deshalb wird die Schweißnaht beim Schweißen extrem heiß, wogegen das Material drum herum kalt bleibt. Dadurch kommt es zu großen Spannungen im Material, und die Keramik droht zu springen."
Sagt Javier Garay, Ingenieur an der University of California in San Diego. Um heute Keramikbauteile zu verbinden, müssen sie in der Regel in einen Ofen. Dabei wird das gesamte Bauteil erwärmt, sodass keine großen Temperaturunterschiede auftreten, die die Keramik beschädigen. Für manche Zwecke aber ist diese Ofenbehandlung von Nachteil.

"Wollte man zum Beispiel ein Elektronikbauteil in Keramik einschließen, würde die Elektronik beim Fügen im Ofen zwangsläufig zerstört. Das geht also gar nicht."
Kurze energiereiche Impulse erzeugen ein Schmelzbad
Also suchte das Team von Javier Garay nach einer Methode, mit der sich Keramik per Laser schweißen lässt, ohne dass sie dabei zerspringt. Die Idee:
"Unsere Hypothese war: Wenn wir mit dem Laserstrahl gut genug zielen, können wir allzu große Temperaturunterschiede vermeiden und dadurch effektiv schweißen."

Soweit die Theorie. Die Praxis allerdings erwies sich als einigermaßen kniffelig. Die Kalifornier mussten länger tüfteln um herauszufinden, welche Art von Laserstrahlung sich eignet und welche nicht.
"Zunächst versuchten wir es mit Infrarot-Lichtblitzen im Nanosekunden-Bereich, im Bereich von Milliardstel Sekunden. Dabei stellten wir fest, dass wir zu viel Material aufgeschmolzen haben – wir konnten bohren und schneiden, aber nicht schweißen. Das gelang uns erst mit deutlich kürzeren Laserblitzen – Blitzen im Bereich von Pikosekunden, von Billionstel Sekunden."
Forscher testen Qualität der Schweißnaht per Vakuum
Nur – was taugt die Methode? Kann der Laser zwei Keramikbauteile so fest zusammenfügen, dass die Schweißnaht auch wirklich hält? Um das herauszufinden, machten Garay und seine Leute einen Test.
"Wir haben Keramikteile per Laser zu einem geschlossenen Röhrchen verschweißt. Dieses Röhrchen haben wir dann luftleer gepumpt und gesehen, dass es das Vakuum sehr gut halten kann. Das bedeutet: Die Schweißnähte waren absolut dicht."
Der Test zeigt, wozu das Keramik-Laserschweißen eines Tages gut sein könnte: Für die Fertigung von widerstandsfähigen Hüllen für Elektronikbauteile, die in harschen Umgebungen funktionieren müssen, etwa an Bord von Satelliten. Doch auch für alltägliche Anwendungen könnte das Verfahren nützlich sein, zum Beispiel:
"Man könnte damit auch Smartphones in keramische Gehäuse packen, um sie kratzfester und stabiler zu machen. Auch für die Produktion von Implantaten könnte unsere Verfahren taugen – etwa für einen Herzschrittmacher mit vollkeramischer Hülle. Er könnte biokompatibler und haltbarer sein als die heutigen Modelle."
Ein Patent hat Javier Garay schon mal angemeldet – und rechnet damit, dass sich die Industrie sehr bald für das Keramik-Laserschweißen interessiert.