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Schwellenland Indien

Mit Sonderwirtschaftszonen lockt Indien ausländische Firmen. Doch in der Landbevölkerung regt sich Widerstand gegen diese Form der Wirtschaftsförderung. Während die städtischen Mittelschichten die Öffnung zum Weltmarkt unterstützen, erweist diese sich in den Augen der Dorfbevölkerung und der organisierten Arbeiterschaft als Bedrohung.

Von Matthias Becker | 27.05.2007
    Um das Gelände läuft ein hoher Zaun aus Beton und Metall, der zusätzlich mit Stacheldraht gesichert ist. In der subtropischen Sonne stehen uniformierte Sicherheitsleute und bewachen den einzigen Eingang. Sie halten die ankommenden Lastwagen an und kontrollieren die Ladung. Ohne Prüfung kann hier niemand hinein oder hinaus. Denn obwohl dieses Gewerbegebiet mitten in Indien liegt, ist das Gebäude an der Durchfahrt eine Zollstation und ein Grenzposten.

    "Die Sonderwirtschaftszone ist ausländisches Gebiet innerhalb Indiens, in dem besondere Regelungen gelten, um ausländische Direktinvestitionen anzuziehen. Die Zone untersteht direkt der Regierung von Indien. Rechtlich steht sie außerhalb des indischen Zollgebietes. Beides zusammen sorgt sowohl für eine schnelle Genehmigung Ihres Projektes als auch für den problemlosen Betrieb Ihrer Anlagen innerhalb der Sonderzone."

    So wirbt die Sonderwirtschaftszone in der südindischen Stadt Cochin um Investoren. Auf dem 42 Hektar großen Gelände arbeiten über 8000 Menschen, die Hälfte davon Frauen. 90 Betriebe aus unterschiedlichen Branchen haben sich hier angesiedelt: Hier werden Computersoftware und -hardware produziert, aber auch T-Shirts genäht. Die Unternehmen kommen meist aus Indien, aber auch aus Spanien, Belgien und England.

    "Heute betrachten viele, die Investitionsmöglichkeiten suchen, Indien als Alternative zu China. Viel bewegt sich in Richtung dieser zwei Länder, also kommt es darauf an, wer den Investoren die bessere Infrastruktur und die besseren Bedingungen bieten kann. Das Interesse an unserer Zone in Cochin ist spürbar gewachsen, solange wir noch Platz hatten."

    C. J. Matthew, der zuständige Regierungsbeauftragte für die Zone in Cochin, sieht sich in direkter Standortkonkurrenz zu China. Er erklärt, warum indische Unternehmer und ausländische Investoren hierher kommen.

    "Die bürokratischen Vorgänge sind hier vereinfacht. Es ist völlig unaufdringlich. Mit anderen Worten: Sie können ihre Güter hierher bringen, ihre Produktion machen und exportieren. Niemand wird Sie hier besuchen, Sie inspizieren oder streng beaufsichtigen. Wer sich hier niederlassen will, muss nicht von einer Regierungsstelle zur anderen laufen. Alle Genehmigungen gibt es hier in diesem Büro."

    Hinzu kommt: Fünf Jahre lang zahlen Unternehmen in den Sonderwirtschaftszonen keine Steuern, danach für weitere fünf Jahre nur die Hälfte. Sie können außerdem zollfrei Rohstoffe in die Sonderzonen einführen und weiterverarbeiten und haben gleichzeitig Zugang zum kostengünstigen hiesigen Arbeitsmarkt. Wenn sie ihre Waren dann auf den indischen Markt bringen wollen, fallen nur die üblichen Einfuhrzölle an.

    Gebiete wie das in Cochin werden in Indien Special Economic Zones oder SEZ genannt. Mittlerweile gibt es 82 solcher Zonen in Indien, 250 weitere sind genehmigt und sollen demnächst in Betrieb gehen. Manche werden von nur einem Unternehmen genutzt, andere von mehreren; manche sind über 2000 Hektar groß, andere nur 20 Hektar. Unterschiedlich ist auch das Lohnniveau: In vielen Firmen arbeiten Unqualifizierte für Niedriglöhne und bauen beispielsweise elektronische Geräte zusammen, in anderen arbeiten gut bezahlte Spezialisten zum Beispiel als Computerprogrammierer. Gemeinsam ist allen Zonen, dass die Regierung sich um die nötige Infrastruktur kümmert und massive Steuererleichterungen gewährt.

    Immer mehr Länder richten solchen Zonen ein. Am bekanntesten sind die Sonderwirtschaftszonen an der chinesischen Küste. Mittlerweile gelten die unternehmerfreundlichen Bestimmungen dort im ganzen Land - eine Entwicklung, die Matthew auch in Indien für möglich hält.

    "Wir brauchen eine Möglichkeit, um die Industrialisierung anzustoßen. Und im Verlauf lernen wir, welche unserer Abläufe und Vorgaben hinderlich und ungeeignet sind. Die SEZ sind dafür gedacht, das herauszufinden. Es ist ein Versuchslabor, so dass schließlich das ganze Land zu einer solchen Zone wird."

    Der Weg vom Stadtzentrum von Bangalore in das Gewerbegebiet White Fields dauert mit dem Auto eine halbe Stunde oder auch drei Stunden, je nach Verkehrslage. Hier hat sich der deutsche Softwarehersteller SAP in einer so genannten Export Promotion Industrial Zone angesiedelt. So macht auch er sich die Regelungen zunutze, mit denen die indische Regierung die Exportindustrie ankurbeln will: für Softwarefirmen in White Fields fallen keine Ausfuhrzölle oder Gewinnsteuern an.

    "Wir haben letztes Jahr über 100.000 Bewerbungen bekommen für die knapp 1000 Leute, die wir eingestellt haben. Das heißt, wir können uns das Top-Ein-Prozent der Bewerber aussuchen. Wenn wir in Deutschland probieren Mitarbeiter einzustellen, dann fällt es uns sehr schwer, qualifizierte Bewerbungen zu bekommen."

    Georg Kniese ist der leitende Direktor des SAP Lab India und zuständig für Produktentwicklung und Kundenbetreuung. Bangalore ist mittlerweile nach Walldorf die zweitgrößte Niederlassung von SAP. Von hier aus betreuen die Softwareexperten beispielsweise den Großteil der amerikanischen Kunden der Firma.

    Vor einem Jahr beklagte Vorstandssprecher Henning Kagermann in einem Interview die rasant steigenden Löhne in Indien. Georg Kniese glaubt dennoch an den Standort Indien - vorerst.

    "Der indische Markt hat im Mittelstand und natürlich auch im unteren Mittelstand ein wahnsinniges Potenzial. Die Schätzungen gehen dahin, dass allein in Indien über 100.000 Firmen in Frage kämen für uns als Kunden. Wir werden weiter investieren, wir werden ungefähr noch mal eine Milliarde in den nächsten fünf Jahren investieren, was dann dazu führt, dass wir ungefähr eine Verdopplung unserer Organisation anstreben bis zum Jahr 2010, das heißt also dann ungefähr 6000 Leute haben werden. Die Lohnkosten hier steigen, das ist keine Frage. Allerdings sind die Lohnkosten hier ja nur ein kleinerer Teil als in Deutschland zum Beispiel. In Deutschland sind 80 bis 90 Prozent unserer Gesamtkosten in der Softwareentwicklung Lohnkosten, in Indien sind es gerade mal 50 Prozent."

    Gerade bei Produkten wie Software ist der größte Wettbewerbsvorteil Indiens immer noch kaum zu schlagen: Hochqualifizierte verlangen vergleichsweise niedrige Löhne. Aber Manager Georg Kniese kennt auch aus eigener Erfahrung die vielen Schwierigkeiten mit der indischen Infrastruktur, die ausländische Investoren zu schaffen machen.

    "Also man kann vorne anfangen, wenn man herkommt, was jeder sieht, ist, dass schon mal die Flughäfen nicht ausreichend dimensioniert sind. Das zweite Problem, was man bei der Infrastruktur sofort sieht, sind die Straßen, die zu eng sind und schlecht organisiert auch. Strom ist normalerweise an vielen Stunden am Tag nicht vorhanden, jedenfalls nicht aus dem öffentlichen Netz, da muss man sich selber drum kümmern. Wasser ist genauso knapp wie Strom, und gerade heute stand in der Zeitung, dass in einigen Teilen von Bangalore nur noch jeden dritten Tag Wasser angeliefert wird."

    Nur 60 Prozent der indischen Straßen sind gepflastert, häufige Stromausfälle wegen überlasteter Netze, undurchsichtige und willkürliche bürokratischen Verfahren - gerade wegen solcher Probleme sind die Sonderzonen für viele Investoren attraktiv, zum Beispiel für Thomas Philip, der in der Sonderwirtschaftszone Cochin eine Firma leitet, die Gewürze verarbeitet.

    "Wir haben eine gute Stromversorgung, wir haben gutes Wasser. Unsere wesentlichen Anforderungen, Wasser, Elektrizität, die Straßen innerhalb der Zone, das funktioniert gut. Wir können uns nicht beschweren."

    Entscheidend für Thomas Philip ist darüber hinaus der ungehinderten Zugang zum internationalen Finanzmarkt, denn die Zinsen in Indien sind hoch. Und vor Ort stehen ausreichend gut ausgebildete Arbeitskräfte zur Verfügung.

    "Man braucht ein gewisses Ausbildungsniveau für unsere Arbeit. Unser Leute müssen zählen und die Gebrauchsanleitungen an den Maschinen lesen können. Wir haben hier keine Gewerkschaft. Wir gehen davon aus, dass wir die Arbeiter mit allem versorgen, was sie brauchen. Wir kümmern uns um sie."

    Prinzipiell gilt in den Sonderwirtschaftszonen das normale Arbeitsrecht. Aber den indischen Gewerkschaften ist es bisher nicht gelungen, dort auch Fuß zu fassen. P. N. Venugopal ist Sprecher der Gewerkschaft Center of Indian Trade Unions. Er kennt die Arbeitsbedingungen vor Ort. Sein Fazit: besonders gering Qualifizierten ergeht es schlecht.

    "Besonders wo Frauen beschäftigt werden, in den Textilbetrieben, dort gibt es viel Ausbeutung. Sie tauchen in der Buchführung des Unternehmens gar nicht auf. Sie sind das ganze Jahr da, aber trotzdem bekommen sie keine feste Stelle. Oft werden Überstunden nicht als Überstunden gezählt, und es gibt keine Zuschläge. Die meisten Arbeitsgesetze gelten in den Zonen - aber nur auf dem Papier."

    Viele Inder kritisieren diese Politik als Ausverkauf. Schließlich entgehen dem Staat durch die Steuererleichterungen gewaltige Summen. Regierungsvertreter erwidern darauf, durch die Sonderwirtschaftszonen entstünden Wachstum und damit Arbeitsplätze. Für den Gewerkschafter Venugopal ist dieses Kalkül falsch.

    "Sehr häufig findet heute in Indien nur noch die Montage statt. Die Einzelteile kommen von anderswo. Was passiert denn in der SEZ? Sie bekommen die Teile aus dem Ausland. Sie werden nicht von einer Kleinindustrie oder Heimindustrie außerhalb der Zone hergestellt. Nur dann würde Beschäftigung entstehen."

    Trotz der scharfen Kritik von Gewerkschaften und Bauernverbänden hält die Mitte-Links-Regierung am Ausbau der Sonderzonen fest. Der Wirtschaftswissenschaftler P. Mohanan Pillai vom renommierten Institute for Development Studies in Trivandrum betont, wie zentral die SEZ genannten Sonderzonen für die Wirtschaftspolitik seien:

    "Es wird eine wesentliche Rolle spielen, auch wenn das bisher noch nicht der Fall ist. Die indische Regierung konzentriert ihre Aufmerksamkeit auf die SEZ, und wegen der Konzessionen werden viele Investoren angezogen. Bis jetzt sind etwa 250 Projekte genehmigt worden, die ungefähr eine halbe Million Arbeitsplätze schaffen sollen. Eine halbe Million, das wären sechs Prozent im formellen industriellen Sektor. Und dieses Wachstum wird weitergeben, 2011 sollen es eine Million Beschäftigte sein."

    Dabei handelt es sich wohlgemerkt um Prognosen. Die Erfolge dieser Wirtschaftsstrategie stehen noch aus. Zwar wachsen die Investitionen in den Sonderwirtschaftszonen augenblicklich um etwa 50 Prozent jährlich, aber nicht alle diese Investitionen sind wirklich neu.

    "Aus anderen Gegenden wird Produktion in diese Gebiete verlagert. Wie viel das ausmacht, ist nicht ganz klar, aber diese Tendenz existiert."

    Für eine Bilanz ist es noch zu früh. Die Zonen wachsen rasant, aber viele der Unternehmer, die sich nun über Steuergeschenke freuen, hätten wahrscheinlich ohnehin in Indien investiert. Und bisher kommt nur ein Viertel von ihnen aus dem Ausland.

    Während westliche Unternehmer gerne den riesigen indischen Binnenmarkt erobern möchten, setzt die Regierung ganz auf Export. Die Sonderzonen sind ihr wichtigstes Projekt, um die heimische Wirtschaft am Weltmarkt zu etablieren. Sie argumentiert, dass sich die drückende Arbeitslosigkeit in Indien nur durch eine forcierte Industrialisierung und anhaltend hohes Wirtschaftswachstum beseitigen lässt. Aber noch ist unklar, wie viele Arbeitsplätze in den Sonderzonen neu entstehen, und auch, wie viele davon den Beschäftigen mehr als nur Armutslöhne verschaffen.

    Der Straßenverkehr in Indien funktioniert nach Regeln, die Fremden verschlossen bleiben. Fahrräder, Ochsenkarren, Jeeps und Busse suchen alle nach einer Lücke im Gewühl, plötzliche Fahrbahnwechsel und rücksichtlose Manöver sind üblich. Aber in das Hupen der Rikschas und das Donnern der schweren Lastwagen mischt sich immer häufiger das Geräusch japanischer und koreanischer Kleinwagen. Viele Stadtbewohner können sich mittlerweile ein eigenes Auto oder wenigstens ein Motorrad leisten.

    In den letzten beiden Jahren lag das Wirtschaftswachstum über 8 Prozent; die Investitionsrate ist seit 2002 von 20 auf fast 35 Prozent gestiegen. Viele Inder sind, nach jahrhundertelanger Abhängigkeit vom Westen, stolz auf die wirtschaftlichen Erfolge ihres Landes. Oft ist die Rede von der "neuen indischen Mittelschicht". Sie ist die Gewinnerin von Öffnung und Modernisierung seit 1991. Diese konsumorientierten und konsumkräftigen jungen Inder stammen fast ausnahmslos aus der alten Mittelschicht, haben studiert und sind heute in der computergestützten Outsourcing-Industrie beschäftigt.

    In der indischen IT-Industrie arbeiten 1,1 bis 1,3 Millionen Menschen, weitere 350.000 Menschen im Business Process Outsourcing, also für meist westliche Firmen, die ihre Verwaltungsvorgänge ausgelagert haben. Insgesamt beschäftigen beide Sektoren also etwa 1,6 Millionen Menschen. Die Bevölkerungszahl beträgt aber mehr als eine Milliarde. Nüchtern beschreibt die Soziologin Supriya Roy Chowdhury vom staatlichen Institute for Social and Economic Change die Entwicklung des Arbeitsmarktes.

    "Die Landwirtschaft trägt heute weniger zu der Wirtschaft bei als früher, aber es gab keinen entsprechenden Rückgang bei der Zahl der Menschen, die von der Landwirtschaft leben. Das zeigt, dass die Industrialisierung nicht in der Lage war, für die Menschen aus dem Agrarsektor Arbeit zu schaffen. Die Industrie ist gewachsen, aber nicht die arbeitsintensive verarbeitende Industrie, wo Jobs entstehen könnten, sondern in Bereichen wie der Informationstechnologie oder der Geschäftstechnologie."

    Tatsächlich handelt es sich beim indischen Wirtschaftswachstum zu einem großen Teil um beschäftigungsloses Wachstum. Und weder in der Informationstechnologie-, noch in der Outsourcingbranche werden genügend Stellen entstehen, um dieses Problem zu lösen. Offiziell beträgt die Arbeitslosenquote nur acht Prozent. Aber diese Zahl verbirgt mehr, als sie erklärt, sagt Professor Pillai:

    "Diese Schätzung ist nicht korrekt, weil jeder, der auch nur einen Tag im Monat gearbeitet hat, nicht mehr als arbeitslos gilt. In Indien gibt es viel Unterbeschäftigung, verdeckte Arbeitslosigkeit. Deshalb sind exakte Aussagen unmöglich. Aber die Zahl ist riesig. Es sind Millionen."

    Bei anhaltendem Bevölkerungswachstum entstehen nicht genügend neue Stellen. Manche Schätzungen gehen sogar davon aus, dass die Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 30 Prozent betragen könnte. Das wären mehr als 200 Millionen Menschen, überwiegend zwischen 15 und 30 Jahre alt.

    Als das indische Fernsehen im März aus Westbengalen berichtete, waren die Zuschauer schockiert. Den Bewohnern des Dorfes Nandigram waren Enteignungen für eine Sonderwirtschaftszone angekündigt worden. Eine indonesische Firma wollte dort eine Chemiefabrik errichten. Daraufhin riegelten die Dorfbewohner wochenlang das Gebiet von der Außenwelt ab. Als das Dorf dann von der Polizei regelrecht zurückerobert wurde, wurden 14 Einwohner erschossen und über 50 verletzt. Und nicht nur in Westbengalen halten die Proteste an.

    "Wir wollen keine Sonderwirtschaftszonen - das ist alles!"

    Rajendra Ravi ist Sprecher von Action 2007, einem Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen und Bauernverbänden. In gebrochenem Englisch erklärt er, was die Sonderwirtschaftszonen für die Landbevölkerung bedeuten.

    "Die Regierung gibt einfach bekannt ohne jede Verhandlung, dieses und jenes Grundstück wird im öffentlichen Interesse enteignet. Dafür gibt es wenig Geld, weil sie niemals den Marktwert bezahlen, sondern den Preis einfach festlegen. Man verliert das Land, aber man wird niemals angemessen entschädigt."

    Dabei geht es vielen der Bauern nicht um die Höhe der Entschädigungen. Die Landenteignung zum Zweck der Industrialisierung beraubt sie ihrer Existenzgrundlage, in den Städten dagegen ist die Zukunft ungewiss. Noch einmal Mohanan Pillai vom Center for Development Studies:

    "Die Regierungen der Bundesstaaten sind sehr an den SEZ interessiert und haben deshalb Land erworben, das aber meist das landwirtschaftlich fruchtbare Land war. Also geht es hier um die Existenzgrundlage der Bauern, der Schichten, die von der Landwirtschaft leben. Wenn sie ihr Land verlieren, was sollen sie machen? Höchstens einer von fünf findet eine Arbeit in der Industrie."

    Die Debatte über die Zonen zeigt, wie tief die indische Gesellschaft gespalten ist. Die SEZ sind das beste Beispiel für die anhaltende wirtschaftliche Liberalisierung des Landes, und während die städtischen Mittelschichten den Weg der Öffnung zum Weltmarkt weitergehen wollen, gilt sie der Landbevölkerung und der organisierten Arbeiterschaft als Bedrohung. Noch immer leben zwei Drittel der Inder auf dem Land und noch immer müssen 35 Prozent mit weniger als einem US-Dollar am Tag auskommen. Mit dem Wohlstand mancher ist auch die Ungleichheit gewachsen - zwischen Stadt und Land, zwischen den verschiedenen Regionen des Landes, zwischen Gewinnern und Verlierern der Modernisierung.