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Schwieriger Wasserschutz

Viele europäische Kommunen schlagen Alarm: Sie befürchten, dass eine EU-Richtlinie der Kommerzialisierung von Wasser Tür und Tor öffnet und damit der Preis steigt und die Qualität sinkt. Eine europäische Bürgerinitiative versucht, den Widerstand zu bündeln.

Von Annette Riedel | 31.01.2013
    Wasser ist entgegen einer anders lautenden Behauptung eines alten Schlager nicht nur zum Waschen da. Es ist zum Überleben so wichtig wie die Luft zum Atmen.

    Und weil das so ist, meinen die Organisatoren der Europäischen Bürgerinitiative, muss es vor kommerziellen Interessen geschützt werden, muss es in ganz Europa ein Recht auf preiswertes Wasser in bester Qualität geben. Für mindestens zwei Millionen Menschen in der EU ist das nicht selbstverständlich.

    "Wasser soll schon als öffentliches Gut definiert werden. Auch von der Kommission. Man will natürlich, dass dadurch dieser Druck zur Privatisierung weggenommen wird."

    Die grüne Europa-Abgeordnete Heide Rühle begleitet diese Europäische Bürgerinitiative (EBI). Das neue Instrument der Bürgerbeteiligung in der EU gibt es seit ein paar Monaten. Um eine solche EBI zu organisieren, müssen sich mindesten sieben Personen aus sieben unterschiedlichen EU-Ländern zusammen tun. Innerhalb von ein paar Monaten müssen eine Millionen Unterschriften in mindestens sieben Ländern für ein Anliegen X zusammen kommen. Gelingt das, muss das Thema auf die Tagesordnung in Brüssel.

    Treffen mit Gabriella Zanzanaini von der Organisation Food & Water Europe in einem Brüsseler Haus, das ausschließlich Büros an Nichtregierungsorganisationen vermietet. Food & Water Europe ist eine der vielen NGOs, Gewerkschaften und Verbände, die sich unter der Federführung des Europäischen Gewerkschaftsverbands für den Öffentlichen Dienst engagieren für die Europäische Bürgerinitiative, um Wasser europaweit zum öffentlichen Gut zu machen. Und es bedarf einigen Engagements, um die Unterschriften zusammen zu bekommen.

    "Vor einem Monat hatten wir kaum 50.000 und jetzt über 560.000. Die Zahl der Unterschriften, die wir sammeln konnten, ist explodiert"

    Das hat zum Einen damit zu tun, dass das Thema über die Diskussion im Zusammenhang mit einer geplanten Richtlinie der EU-Kommission an Fahrt aufgenommen und mehr Publizität bekommen hat. Diese Richtlinie könnte dazu führen, befürchten viele, dass der Kommerzialisierung von Wasser Tür und Tor geöffnet wird. Es gibt aber noch einige andere Gründe, warum die Initiative zu Beginn so zäh angelaufen ist.

    "Es ist schwierig für uns, die europäische Initiative in den jeweiligen lokalen Kontext zu übersetzen."

    Die Schuldenländer Griechenland und Portugal kämpfen beispielsweise gegen die Privatisierung der Wasserversorgung im Zusammenhang mit Sparauflagen durch die Kreditgeber. Die Franzosen und Italiener kämpfen für eine Rekommunalisierung der Wasserversorgung und die Deutschen für den Erhalt ihres Systems der Kommunalen Selbstversorgung. Hinzu kommt aber auch, dass diese europäische Bürgerinitiative eine der aller ersten überhaupt ist – mit entsprechenden ‘Kinderkrankheiten’, die Heide Rühle und Gabriella Zanzanaini beschreiben.

    "Zum Beispiel, dass die Webpage ewig nicht stand, dass es nicht möglich war im Internet zu unterschreiben. Dass viele Dinge schlichtweg überreguliert waren. Beispielsweise hat sich rausgestellt, dass man den Vornamen nicht abkürzen darf, sondern den ganzen Vornamen, also die ganze Liste der Vornamen ausschreiben muss. Und die ersten 100.000 Unterschriften sind zum Beispiel verloren gegangen wegen solcher Formalia."

    "Es heißt zwar Bürgerinitiative, aber es ist bürokratisch und organisatorisch so kompliziert, dass man eine große Organisation braucht, die die Federführung übernehmen kann. Wenn eine kleine Gruppe von Bürgern so etwas allein auf die Beine stellen wollte, ohne spezielle Kenntnisse aller Hindernisse und Engpässe, die es zu überwinden gilt, dann ist es sehr, sehr schwer."

    Trotzdem hoffen beide Frauen, dass aus ihren Problemen für weitere Europäische Bürgerinitiativen dieser Art gelernt werden kann, dass sie mit ihrem ‘Testlauf’ sozusagen, ein bisschen den Weg für die kommenden bereiten können. Jetzt gibt es aber erst mal vor allem ein Ziel:

    "Im September muss die Million erreicht sein."

    Weitere Informationen:

    Internetseite der Kampagne "Wasser ist ein Menschenrecht"