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Sechs Jahre nach Deepwater Horizon
Ein Schrecken ohne Ende

Bis heute leiden Anwohner und Natur unter den Folgen der Ölkatastrophe von 2010 im Golf von Mexiko. Damit sich ein solches Unglück nicht wiederholt, hat das US-Innenministerium Mitte April strenge Sicherheitsmaßnahmen für Ölplattformen erlassen. Ein Schritt in die richtige Richtung, sagen Umweltschützer - allerdings sei das noch lange nicht genug.

Von Heike Wipperfürth | 29.04.2016
    Eine Ölspur zieht sich durch den Golf von Mexiko als Folge eines Öllecks in einer Bohrplattform von BP.
    Eine Ölspur zieht sich durch den Golf von Mexiko als Folge eines Öllecks in einer Bohrplattform von BP. (picture alliance / EPA / Christopfer Berkey)
    Vor allem im Golf von Mexiko, dem Schauplatz des Desasters von 2010, soll viel mehr gebohrt werden. Denn dort gebe es "die bestentwickelte Infrastruktur,” so die US-Regierung. Und vor allem - Zitat - "Eine etablierte Vorgehensweise zur Bekämpfung von Öllecks”.
    Die Umweltschützerin Cherri Foytlin gehört zu einer Schar von Aktivisten, die zu einem Treffen mit Vertretern der US-Regierung und der Ölbranche im US-Bundesstaat Louisiana reisten, um gegen die neuen Bohrungen zu kämpfen.
    "Wir leiden immer noch unter der BP-Katastrophe. Öl verschmutzt immer noch unseren Strand."
    Tatsächlich weisen Wissenschaftler darauf hin, dass rund 18.000 Quadratkilometer des Meeresbodens vom Öl verschmutzt sind –19 Prozent mehr als ursprünglich angenommen. Ein Schrecken ohne Ende, sagt Ingrid Biedron, Meeresforscherin von Oceana, einer internationalen Meeresschutzorganisation.
    "BP hat sich jetzt auf eine Zahlung von 20 Milliarden Dollar geeinigt, um bei der Säuberung geschädigter Ökosysteme und der Beseitigung anderer Probleme zu helfen. Das reicht aber nicht aus. Wir wissen einfach nicht, was noch alles auf uns zukommt."
    Sie weiß: 50.000 Helfer sind bei der Beseitigung der Ölverschmutzung mit Chemikalien in Berührung gekommen, die das Lungengewebe beschädigen. Bis zu 80.000 Vögel starben, außerdem viele Delfine und Schildkröten. Und 22.000 Menschen im Fischereigewerbe verloren ihre Jobs.
    Ein Schritt in die richtige Richtung
    Damit sich eine solche Katastrophe nicht wiederholt, hat das US-Innenministerium Mitte April strenge Sicherheitsmaßnahmen für Ölplattformen erlassen. Endlich, sagt Ingrid Biedron.
    "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die Bohrungen sicherer zu machen."
    Die Betreiberfirmen sind laut der neuen Regeln dazu verpflichtet, ein zweites Sicherheitsventil einzubauen, um das Öl im Notfall abzusperren und die Plattformen öfter kontrollieren zu lassen. Die neuen Sicherheitsregeln gehen zurück auf eine von Präsident Obama eingesetzte Kommission zur Untersuchung der Deepwater-Horizon-Katastrophe.
    Heftiger Widerstand aus der Öl-Branche
    Das US-Innenministerium hat zumindest einen Teil der Kommissionsvorschläge aufgegriffen. Doch der Widerstand der Ölbranche gegen die neuen Sicherheitsregeln ist heftig. Die Umsetzung vieler Details der neuen Regeln wurde deshalb vom US-Innenministerium um drei bis sieben Jahre verschoben. Und der US-Kongress hat bis jetzt ebenfalls keine strengeren Regeln für Ölförderer eingeführt. Fran Ulmer, Mitglied der Deepwater-Horizon-Kommission:
    "Das US-Innenministerium kommt seiner Aufsichtspflicht über die Ölförderer jetzt besser nach, aber der US-Kongress hat noch nicht einmal das Notwendigste unternommen. Er hat nicht einmal auf die Forderung unserer Kommission reagiert, die Höchstgrenze der Haftung der Ölfirmen für Schadensersatz zu erhöhen, obwohl das einen großen Unterschied gemacht hätte."
    In ihrem Bericht kam die Kommission zu dem Schluss, dass Sparmaßnahmen auf Kosten der Sicherheit zum Unglück beigetragen haben. Die Furcht vor höheren Schadensersatzzahlungen würde Firmen abschrecken, zu große Risiken einzugehen, sagt Fran Ulmer.
    Zunahme der Förderung: "Ein großer Fehler"
    Doch während Ölfirmen vor den hohen Kosten der neuen Regeln und Massenentlassungen warnen, nimmt die Förderung im Golf von Mexiko trotz des niedrigen Ölpreises rapide zu. Ende dieses Jahres könnte sie 21 Prozent der gesamten Rohölproduktion in den USA ausmachen – drei Prozent mehr als im Vorjahr. Und das ist erst der Anfang.
    Ein großer Fehler, sagt die Meeresforscherin Ingrid Biedron.
    "Es gibt nur einen Weg, um eine weitere Katastrophe wie Deepwater Horizon zu verhindern. Wir müssen neue Bohrungen vor unserer Küste beenden und unsere Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen."