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Sechs-Tage-Krieg 1967
Befreites Land - besetztes Land

Präventiv- oder Verteidigungskrieg? Nach massiven Drohungen durch die Nachbarländer greift Israel am 5. Juni 1967 erst Ägypten und dann auch Syrien und Jordanien an. Der Sieg Israels wird bis heute als Heldengeschichte erzählt. Der Krieg hat die geopolitische Lage im Nahen Osten sehr geprägt - die Folgen dauern bis heute an.

Von Ina Rottscheidt | 05.06.2017
    Ein israelischer Panzer im Juni 1967 während des Sechstage-Krieg auf den Golanhöhen.
    Ein israelischer Panzer im Juni 1967 auf den Golanhöhen: Israel eroberte Teile davon im Sechs-Tage-Krieg. (AFP)
    Es ist der 7. Juni 1967, drei Tage nach Kriegsbeginn: Ein hörbar aufgeregter Radioreporter berichtet live aus Jerusalem, wo israelische Fallschirmjäger gerade die Altstadt stürmen.
    Atemlos erzählt er, wie die Soldaten durch das Stadttor marschieren, durch Rauchschwaden, vorbei an ausgebrannten Bussen. 19 Jahre lang - seit der Unabhängigkeit Israels - war Jerusalem unter jordanischer Herrschaft gewesen, die Eroberung nun ein großer Tag:
    "Mein Bataillon war das erste, das die Altstadt durch das Löwentor betrat. Es war einer von uns, der die erste israelische Flagge hisste. Und wir waren es, die die Treppen runter zur Klagemauer gefunden hatten."
    Uzi Eylam war damals Brigadegeneral, ihm war eine rund 500 Mann starke Truppe unterstellt. An seiner Seite Shlomo Goren, der Chefrabbiner der israelischen Armee:
    "Und Rabbi Goren kam mit uns runter an die Klagemauer. Dort wollte er das Shofarhorn blasen. Aber es gelang ihm nicht, weil er so aufgeregt war. Und da sagte ich zu ihm: Rabbi, ich spiele Trompete, lassen Sie mich das mal machen. Das erste Shofar, das an der Klagemauer ertönte, kam also von mir, das erste Mal seit 19 Jahren."
    Der heiligste Ort für die Juden
    Für die Juden erfüllt sich an diesem Tag eine uralte Sehnsucht: 3.000 Jahre, nachdem König David Jerusalem als seine Hauptstadt gegründet hatte, ist sie wieder unter ihrer Herrschaft. Dort stehen die Überreste des alten jüdischen Tempels, für die Juden der heiligste Ort und Symbol für den ewigen Bund Gottes mit seinem Volk.
    Spontan stimmen die Soldaten "Jerushalaim shel zahav" an: "Goldenes Jerusalem". Ein Lied, das der Jahrtausende alten Sehnsucht Ausdruck gibt. Über Nacht wird es zum Hit und zum Symbol des Sieges.
    Überraschend kam dieser Krieg nicht. Seit der Unabhängigkeit Israels 1948 hatte es immer wieder Kriege und Konflikte mit den Nachbarstaaten gegeben. Diese erkannten den neuen Staat nicht an. Zudem steckte das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise:
    "Es gab viel Arbeitslosigkeit und mehr Israelis, die das Land verlassen haben, als Juden, die eingewandert sind.", erinnert sich der israelische Historiker Tom Segev. Er ist in Jerusalem aufgewachsen und war damals Anfang 20. Die Stimmung war schlecht. Für viele war der israelische Traum von nationaler Erneuerung, Gleichheit und wirtschaftlicher Blüte ausgeträumt. Die Israelis waren verunsichert:
    "Das macht auch die Atmosphäre schwer, wenn man seinen Nachbarn sieht: Was tut er bei der australischen Botschaft? Warum verkaufen die jetzt ihre Teppiche? … Also das Ganze machte den Eindruck, als würde alles zusammenfallen. Und in diese Atmosphäre kam dann die Spannung, die eigentlich eine Spannung mit den Palästinensern war."
    Denn was für die Israelis die Unabhängigkeit war, ist bis heute für die Palästinenser die Nakba - die Katastrophe. Hunderttausende Menschen wurden damals vertrieben und verloren ihre Heimat.
    In den 60er-Jahren begann die Fatah, die "Bewegung zur Befreiung Palästinas", zunehmend Ziele im Norden Israels anzugreifen. Ihre Kämpfer kamen oftmals über die syrische Grenze, und in Ägypten beschwor Präsident Gamal Abdel Nasser die Idee der arabischen Einheit. In einem Fernsehinterview erklärte er damals:
    "Wenn jemand angreift, wie würde man reagieren? Wenn uns jemand angreift, dann schlagen wir zurück und in einem Krieg bedeutet das immer, seinen Feind zu vernichten."
    Sech-Tage-Krieg: Ein israelischer Soldat bewacht ägyptische Gefangene, 6. Juni  1967.
    Ein israelischer Soldat bewacht ägyptische Gefangene am 6. Juni 1967. (AP)
    Gamal Abdel Nasser als Volksheld gefeiert
    In Israel ist man alarmiert. In der arabischen Welt hingegen feiert man Nasser als Volksheld. Und hunderttausende Palästinenser setzen nun ihre ganze Hoffnung auf ihn.
    "Es geht um die Rechte der Araber aus Palästina. Die Israelis haben sie gequält, vertrieben, getötet und ihnen ihr Land weggenommen. Israel ist nicht bereit, das Land zurückzugeben. Was können wir also tun? Uns bleibt nur, dieses Recht mit Gewalt durchzusetzen."
    Nasser will sich als starker Mann der arabischen Welt profilieren und erhöht im Mai 1967 den Druck auf Israel: Er schickt zusätzliche Truppen auf den Sinai und schließt am 22. Mai Israels einzigen Zugang zum Roten Meer. Am 25. Mai fordert er Jordanien, Syrien, Saudi-Arabien und den Irak auf, ihre Truppen an Israels Grenze ebenfalls aufzustocken.
    In Israel steigt die Nervosität - angeheizt zusätzlich von Radio Kairo, das von Ägypten aus rund um die Uhr Nassers Propaganda sendet. Und zwar auf Hebräisch, wohl wissend, dass die Israelis damals ägyptisches Radio hörten:
    "Eine sehr große Angst, eine Vernichtungsangst, eine Holocaust-Angst. Man glaubte dem ägyptischen Radio, das auf Hebräisch pausenlos sendete, dass unsere Tage gezählt sind und die glorreiche ägyptische Armee jetzt kommt und uns vernichtet. Und wenn man auf Hebräisch sagt: "Vernichtung", dann kommt man auf natürliche Weise auf den Holocaust."
    Am 5. Juni 1967 verkündet der israelische Radiosender "Kol Israel" den Beginn des Krieges. Bis heute spricht die arabische Welt von einem Angriffskrieg. Israel nennt es hingegen einen Präventivschlag, der lediglich dem Angriff der arabischen Truppen zuvor gekommen sei. Aber sicher sei das keineswegs, so der Historiker Tom Segev:
    "Wir wissen bis heute nicht, was Präsident Nasser eigentlich vorhatte. Aber man kann verstehen, warum die Menschen damals sich auf das Allerschlimmste vorbereiteten. Und man kann deshalb schon verstehen, warum die Regierung unter diesem Druck und unter dem Druck der Militärs zugesagt hat. Die Militärs haben gesagt: Wir können gewinnen, aber nur wenn wir den ersten Schlag machen, derjenige, der die Luftwaffe der anderen zerstört gewinnt."
    Israelische Kampflugzeuge über dem Sinai
    Der Plan geht auf: Am Morgen des 5. Juni starten israelische Kampfflieger einen Überraschungsangriff und zerstören die ägyptische Luftwaffe innerhalb weniger Stunden. Unter dem Kommando von Verteidigungsminister Moshe Dajan und Generalstabschef Jitzchak Rabin rücken israelische Panzer im Sinai vor. Israel erobert den von Ägypten verwalteten Gazastreifen, sowie Ostjerusalem und das Westjordanland. Beides war im Krieg 1948/49 von Jordanien annektiert worden.
    Israelische Kampfflugzeuge am 5. Juni 1967 über der Sinai-Halbinsel. Es ist der erste Tag des Sechstage-Kriegs zwischen Israel, Syrien, Ägypten und Jordanien.
    Israelische Kampfflugzeuge am 5. Juni 1967 über der Sinai-Halbinsel. Es ist der erste Tag des Sechs-Tage-Krieg zwischen Israel, Syrien, Ägypten und Jordanien. (AFP)
    Die gerade noch empfundene Angst vor der Vernichtung schlägt in Israel in grenzenlose Euphorie um: Das Land befindet sich im Siegestaumel.
    1967 ist bis heute die entscheidende Zäsur in Israels junger Geschichte: Der Krieg veränderte die geopolitische Situation des Nahen Ostens tiefgreifend. In nur sechs Tagen vergrößerte das Land sein Territorium fast auf das Dreifache. Ministerpräsident Levi Eshkol herrschte nun auch über 1,5 Millionen Palästinenser in der Westbank und im Gazastreifen. Und Jerusalem, dieser religiös und emotional so überladene Kriegsgewinn, wird zum Zankapfel der nächsten Jahrzehnte. Doch viele Israelis sprechen bis heute von einer "Befreiung".
    Was für die einen eine Befreiung ist, bezeichnen andere als Besatzung. Nirgendwo offenbaren sich diese Gegensätze deutlicher als in Hebron: mit 200.000 Einwohnern eine der größten Städte im Westjordanland, rund 30 Kilometer südlich von Jerusalem.
    "Wir sind hier in Hebron, neben dem Abrahamsgrab und wir gehen hier über eine so genannte "sterilisierte Straße", eine Straße, auf der sich Palästinenser nicht bewegen dürfen. Israelis und Ausländer ja, aber Palästinenser nicht ..."
    Frima Bubis führt durch das Zentrum der alten Stadt. Die ehemalige israelische Soldatin deutet auf Geschäftshäuser, die verriegelt sind. In den Eingängen türmen sich Müllberge. Es ist fast menschenleer, nur ab und zu schiebt sich ein schweres Militärfahrzeug durch die engen Straßen.
    "Das Zentrum Hebrons ist eine Geisterstadt geworden. Wir sprechen von über 1.800 Geschäften, die geschlossen wurden oder zumachen mussten, weil keiner mehr kam. 42 Prozent der Gebäude sind verlassen. Hebron ist heute eine leere Stadt, mit hoher Armut und großer militärischer Präsenz. Und mit Siedlern, die sich verhalten, als würde dieser Ort ihnen gehören."
    Hebron ist die einzige palästinensische Stadt, in deren Zentrum israelische Siedler leben. Völkerrechtlich ist das verboten, denn die Genfer Konvention untersagt Enteignung und Annexion besetzter Gebiete. Aber sie seien ja auch gar nicht "besetzt", argumentieren die Siedler, weil sie vor dem Krieg keinem souveränen Staat gehört hätten.
    Zusammenstöße zwischen Siedlern und Palästinensern
    Heute leben rund 800 Siedler in Hebron unter 200.000 Palästinensern. Regelmäßig kommt es zu gewaltsamen Zusammenstößen und Angriffen von Siedlern auf Palästinenser und umgekehrt. An Hauswänden in der Stadt stehen Schmierereien: "Tod den Arabern" steht da. Und: "Araber ins Gas!". Der palästinensische Aktivist und Menschenrechtler Issa Amro wurde selbst schon angegriffen:
    "Selbst in deinem eigenen Haus greifen sie dich an. Baruch Marzel ist einer der fanatischsten Siedler, die wir kennen. Und er kam hier rein, hat mich ins Gesicht geschlagen, mich getreten, während ich versucht habe, ihn rauszuschmeißen. ICH wurde dafür verhaftet. Zum Glück haben wir alles gefilmt und ich konnte beweisen, dass ich ihn nicht angegriffen habe. Aber bestraft wurde er nicht."
    Israelische Siedler laufen bewacht von Soldaten durch eine Straße in Hebron, die nur ihnen zugänglich ist. 
    Bewacht von Soldaten, laufen israelische Siedler durch eine Straße in Hebron, die nur ihnen zugänglich ist. (EPA/Abed al-Hashlamoun)
    Um die Konfliktparteien voneinander fernzuhalten, wurde die Stadt 1997 in zwei Zonen eingeteilt, eine unter palästinensischer Verwaltung, die andere kontrolliert vom israelischen Militär. Doch auch das brachte der Stadt keine Ruhe. Pufferzonen wurden ausgeweitet, heute gibt es Straßen, auf denen Juden fahren und Araber nur zu Fuß gehen dürfen. Manche Gassen sind für Siedler passierbar, für Palästinenser aber komplett gesperrt.
    "Das hier ist Apartheid, denn es gibt Straßen, wo du nach deiner Religion gefragt wirst. Und wenn ich ihnen sage, dass ich Muslim bin, dann kann ich nur eine bestimmte Straßenseite benutzen. Und das, obwohl ich hier geboren bin und das meine Stadt ist!"
    Hebron ist eine der ältesten Städte der Welt. Der Überlieferung nach liegen hier Abraham, seine Frau Sara sowie Isaak und Jakob begraben. Abraham - der Urvater des jüdischen Volkes. Sein Grab ist für die Juden die zweitheiligste Stätte nach der Klagemauer, erklärt David Wilder, Sprecher der Siedlergemeinde in Hebron:
    "Das ist Hebron und die Höhle des Patriarchen ist so ein heiliger Ort. Und es ist das Land, das Gott Abraham und seinen Nachkommen versprochen hat. Wenn wir also hier leben, tun wir nur das, was Gott uns verheißen hat. Wir müssen das bewahren und diese Tradition fortführen."
    Allerdings gilt Abraham auch Christen und Muslimen als Stammvater. Sein Grab ist heute zweigeteilt: über einem Teil haben die eine Moschee errichtet, über dem anderen steht eine Synagoge.
    "Wir wohnen hier und wir gehen hier auch nicht weg"
    Auch Wilder bietet Führungen durch Hebron an. Dabei erzählt der gebürtige US-Amerikaner, wie Heckenschützen während der zweiten Intifada fast seine Kinder erschossen hätten. Die Kugeln verfehlten sie nur knapp.
    "Der einzige Weg mit Terroristen umzugehen ist, sich ihnen entgegenzustellen. Es kann nicht sein, dass wir bestraft werden, weil wir uns wehren. Wir wohnen hier und wir gehen hier auch nicht weg. Trotz des Terrors. Wir sind stark, das haben wir die letzten 2.000 Jahre bewiesen und wir beweisen es heute. Das wird nie enden."
    So stehen sich zwei Weltsichten gegenüber. Unvereinbar. Und dazwischen die Soldaten, deren Aufgabe es eigentlich ist, für Ruhe und Sicherheit zu sorgen. Yehuda Shaul war ein Jahr lang in Hebron stationiert, er hat das anders erlebt:
    "Bei der IDF haben wir dieses Konzept: 'Präsenz zeigen'. Die Palästinenser sollen das Gefühl haben, dass wir alles kontrollieren. Wir sind nachts willkürlich in Häuser eingedrungen, haben die Familien aufgescheucht, alles auf den Kopf gestellt. Dann lässt du verschreckte Menschen zurück, klopfst ans nächste Haus, weckst die nächste Familie auf. Das haben wir die ganze Zeit gemacht, es ging darum, den Palästinensern das Gefühl zu geben, dass wir überall sind. Das war unsere Mission."
    Yehuda Shaul ist der Gründer von "Breaking the silence", einer Nichtregierungsorganisation, in der ehemalige Soldaten über ihre Einsätze in den Palästinensergebieten sprechen: Über Machtmissbrauch, Schikanen und unverhältnismäßige Gewalt. Kritiker behaupten, dass die Vorwürfe nicht überprüfbar seien. Shaul hält dem entgegen, dass dies Teil einer Diffamierungskampagne sei, um die Glaubwürdigkeit der Gruppe zu untergraben. Und er beharrt auf dem, was er selbst erlebt hat:
    "Palästinenser wurden als menschliche Schutzschilde benutzt, wir haben auf Wohngebiete voller Zivilisten geschossen, auf Wassertanks oder Satellitenschüsseln, um die Palästinenser abzuschrecken. Und ich wurde nie dafür belangt. Warum? Weil wir von unseren Vorgesetzten dazu aufgefordert wurden. Alles, was ich gemacht habe, war Teil der Mission."
    Israel: Umzingelt von Feinden
    Zur Wahrheit in Israel gehört auch, dass das Land umzingelt ist von Feinden und dass es mit Hisbollah, Hamas und dem IS in Syrien mindestens drei politische Gruppierungen in der Nachbarschaft hat, die nichts Geringeres wollen als seine Vernichtung. Seit seiner Gründung vor bald 70 Jahren hat das Land zahlreiche Kriege und Gewaltwellen erlebt. Ohne die Bereitschaft zur Selbstverteidigung gäbe es den jüdischen Staat längst nicht mehr. Doch damit könne man nicht alles rechtfertigen, argumentiert Frima Bubis, die ebenso wie Yehuda Shaul zu Breaking the silence gehört:
    "Es wird häufig argumentiert, dass die Siedlungen Israel schützen, weil sie quasi an der Frontlinie stehen. Ich kann nicht sehen, wie die Siedlungen mitten in Hebron Tel Aviv oder Jerusalem schützen. Das sind Gruppen, die aus religiösen und politischen Gründen dort leben wollen. Und wir fragen: Was ist der Preis, den wir dafür zahlen, dass wir eine Siedlung mitten in einer palästinensischen Stadt haben? Der Preis ist, dass wir unsere moralischen Grundsätze schon lange selbst verletzt haben."
    Nicht alle Siedler im Westjordanland sind national-religiös motiviert. Viele nutzen einfach günstigen Wohnraum und von der Regierung subventionierte Infrastruktur. Doch mit jeder Siedlung wird das Westjordanland fragmentierter, schwindet die Chance der Palästinenser, jemals einen eigenen Staat zu haben. Mittlerweile leben rund 400.000 Israelis im Westjordanland. Dass ihre Siedlungen jemals noch einmal aufgegeben werden, glaubt heute niemand mehr, denn die Siedlerbewegung hat in der Regierung mächtige Fürsprecher. Yehuda Shaul ist überzeugt:
    "Wenn wir die Besatzung wirklich beenden wollten, dann ginge das auch. Aber jede neue Siedlung, die genehmigt wird, ist ein Zeichen dafür, dass es an politischem Willen fehlt."
    Religiöse Juden beten anlässlich des 40. Jahrestages - der Wiedervereinigung von Jerusalem - im Sechs-Tage-Krieg anlässlich des Jerusalemtages - auf dem Ölberg in Jerusalem.
    Religiöse Juden beten am Jerusalemtag auf dem Ölberg in Jerusalem. Für sie ist markiert der Tag die Befreiung der Stadt durch das israelische Militär während des Sechs-Tage-Krieges. (imago/UPI )
    Wenn Israel in diesem Juni den 50. Jahrestag des Sechstagekrieges begeht, dann werden Erinnerungen an einen Befreiungsschlag beschworen, an heldenhafte Soldaten, die das Land vor seiner Vernichtung bewahrten. Es wird die Wiedervereinigung Jerusalems gefeiert. Von "Besatzung" wird da nicht die Rede sein. "Warum auch?", fragt Uzi Eylam, der Veteran aus dem Sechstagekrieg:
    "Die 19 Jahre vor dem Krieg war die Westbank von Jordanien kontrolliert, da gab es auch keinen palästinensischen Staat. Die Araber in der Westbank begannen erst, von einem Palästinenserstaat nach 1967 zu reden. Unter König Hussein von Jordanien haben sie sich auch eingefügt."
    Kaum mehr Hoffnung auf Zweistaatenlösung
    Lange galt ein eigener Staat für die Palästinenser im Westjordanland als Lösung des Konfliktes. Doch an die Zweistaatenlösung glaubt heute in Israel niemand mehr ernsthaft. Der Begriff sei zu einer Worthülse verkommen, die darüber hinwegtäuschen soll, dass es schlichtweg keinen Plan gibt, sagt der Historiker Tom Segev:
    "Es gibt keine klaren Visionen. Alle Lösungen liegen auf dem Tisch und keine lässt sich verwirklichen."
    Segev ist überzeugt: Mit der Eroberung des Westjordanlandes und Ostjerusalems vor 50 Jahren hat sich Israel keinen Gefallen getan. Der Krieg gegen Ägypten sei vermutlich unvermeidbar gewesen, sagt er, aber die Westbank und Jerusalem seien strategisch nicht wichtig gewesen. Die Entscheidung, sie zu erobern sei eine rein emotionale gewesen:
    "Das Gefühl, dass wir innerhalb von Tagen vernichtet werden, war auf einmal eine ebenso starke Euphorie geworden. Und es gab nicht einen einzigen Minister, der seinen Kollegen die Frage stellt: Warum ist das eigentlich gut für uns, die Altstadt zu erobern?"
    Jerusalem ist heute für beide Seiten nicht verhandelbar. Und die Siedlungen sind es für Israel auch immer weniger. 50 Jahre Sechstagekrieg - für Segev kein Grund zum Feiern. Denn er ist überzeugt: Der nächste Krieg ist nur eine Frage der Zeit:
    "Das Zentrum des Konfliktes ist immer der mit den Palästinensern. Bis heute noch. Deshalb glaube ich, wenn man sagt, dass der Sechstagekrieg eine Runde war, dann muss man feststellen: Es ist noch nicht zu Ende. Der siebte Tag dauert heute noch an."