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Seit einem Jahr auf dem Mars

Am 6. August 2012 landete das Raumfahrzeug Curiosity auf dem Mars. Zur Halbzeit seiner Mission hat das Spezialgefährt einerseits Grundvoraussetzungen für Leben auf dem Roten Planeten entdeckt. Auf der anderen Seite kritisieren Fachleute ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis des 2,5 Milliarden US-Dollar teuren Projekts.

Von Karl Urban | 06.08.2013
    Der Kontrollraum im kalifornischen Pasadena, heute vor einem Jahr. Ungefähr 50 Ingenieure blicken gebannt auf ihre Bildschirme und verfolgen, wie ein 900 Kilogramm schweres Gefährt auf die Oberfläche des Mars zurast, mit Fallschirmen und zuletzt mit Raketen abgebremst wird – und schließlich sanft in den Marsstaub sinkt.

    Das Mars Science Laboratory mit dem Beinamen Curiosity ist gelandet: Der Rover steht im Galekrater, einem urtümlichen Überrest der planetaren Geschichte des Mars, dessen Gesteinsschichten offenliegen wie ein Lehrbuch: Die Geologin Dawn Sumner ist Mitglied des Wissenschaftsteams von Curiosity:

    "Dort sehen Sie all diese wunderschönen Gesteinsschichten. Sie enthalten die Geschichte des Galekraters – und sie sind einer der Gründe, warum wir hierher gekommen sind: Wir wollen diese Gesteine untersuchen! Noch sind sie weit von Curiosity entfernt – aber es wird sicher aufregend, wenn wir dorthin kommen."

    Rund neun Kilometer liegen diese Schichten vom Landeort entfernt. Für den Rover kein Problem, denn er hat so starke Motoren wie keiner seiner Vorgänger. Und doch ist schon der Weg das Ziel. Schon wenige Wochen nach der Landung und nur einige Meter vom Landeort entfernt, findet Curiosity runde, abgeschliffene Kieselsteine. Für den leitenden Missionswissenschaftler John Grotzinger sind das deutliche Hinweise auf Wasser.

    "Als diese Steine geformt wurden, gab es hier auf dem Mars einen lebhaften Bach."

    Das Labor des Rovers ist zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nicht voll einsatzbereit: Diverse Sensoren und Spektrometer müssen wie gewöhnliche Laborgeräte auf der Erde erst einmal getestet werden. Erst 180 Marstage nach der Landung geht das letzte Instrument in Betrieb: die Schlagbohrmaschine. Sie gräbt sich wenige Zentimeter ins Gestein – und fördert unter der rostroten Gesteinsoberfläche ein graues Pulver zutage. Es wird im Innern des Rovers auf bis zu 1000 Grad Celsius erhitzt und mit den Laborgeräten auf seine chemischen Bestandteile untersucht. Michael Meyer, Leiter des Marsforschungsprogramms der NASA, präsentiert schließlich das Ergebnis der Messungen:

    "Das Wasser, das es hier vor langer Zeit gegeben hat, enthielt hier vor langer Zeit alle chemischen Elemente und Minerale, die lebendige Organismen benötigen. Es war nahezu pH-neutral und nur leicht salzig – also eine wirklich lebensfreundliche Umwelt."

    Erst vor wenigen Wochen hat Curiosity den Ort jener ersten Bohrungen verlassen – und beginnt nun Strecke zu machen. Endlich, sagen manche Kritiker. In den ersten 300 Missionstagen brachte es etwa der Vorgängerrover Spirit auf eine siebenfach weitere Wegstrecke. Ein Vorwurf, den Ernst Hauber vorsichtiger formuliert. Er ist Geologe am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt:

    "Meine bisherige Skepsis ist eher: Jetzt war das wirklich sehr, sehr teuer. Für den Preis können Sie mehrere andere Missionen machen. Wenn es dabei bliebe, was sie jetzt rausgefunden haben, dann wäre das ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis. Also da muss schon noch mehr kommen."

    Noch bietet die 2,5 Milliarden US-Dollar teure Mission einiges Potenzial: Das geologische Eldorado – der schichtenreiche Berg Aeolis Mons – liegt derzeit noch rund sieben Kilometer entfernt. Bei maximaler Geschwindigkeit könnte der Rover im Jahr 2014, kurz vor Ende seiner geplanten zweijährigen Missionszeit, dort ankommen. Zumindest theoretisch könnte Curiosity sogar viel länger durchhalten: Seine Energiequelle ist die Zerfallswärme von Plutonium. Und mit der könnte der Rover theoretisch zehn Jahre lang operieren.