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Seit fast 40 Jahren findet in Österreich eine Internationale Hörspieltagung statt

Anfang der 70er-Jahre lud der österreichische Schriftsteller Jan Rys einige Kollegen in seine Mühle, die in Unterrabnitz stand, einem Ort im Mittelburgenland. Er begründete damit eine Hörspieltagung, die mittlerweile nicht nur zu den langlebigsten zählt, sondern bis heute den Ruf behalten hat, in einer besonders anregenden Atmosphäre stattzufinden. Später von ORF-Hörspielleiter Günther Unger in Rust fortgeführt, übernahm nach Ungers Pensionierung mit Helmut Peschina abermals ein Autor die Organisation der Tagung, zu der es keine öffentliche Ankündigung gibt. Man wird persönlich eingeladen.

Von Frank Olbert | 16.05.2009
    Im Jahr 2005 fand Peschina ein neues Domizil für den jährlichen Austausch unter Autoren, Regisseuren, Redakteuren und Tontechnikern: in der Scheune der Villa Berging. Seither bekocht die Betreiberin Grazyna Woitzuck die Tagungsteilnehmer, die sich fertige Hörspiele vorspielen, Manuskripte vorlesen oder gelegentlich auch nur Projektskizzen besprechen. All das erlebt sie dank einer besonderen Vorrichtung in ihrer Küche als eine Art Live-Hörspiel.

    Frau Woitzuck, wie läuft die Tagung denn ab?

    Am Mittwoch kommen die Schriftsteller, die Radioredakteure aus Wien, Zürich und Berlin, die Regisseure, Autoren, die Techniker und die Musiker. Es sind zwischen 35 und 55 Leute, je nachdem. Jeden Tag kommen zwei andere dazu, zwei andere fahren weg. Es ist eine große Fluktuation. Es werden am Tag ungefähr sechs Hörspiele angehört, beziehungsweise Manuskripte vorgelesen, die dann zu Hörspielen werden oder nicht werden. Die Leute kommen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum. Es ist sehr interessant.

    Was kriegen Sie selbst davon mit?

    Nach dem ersten Jahr, wo ich nichts davon mitbekommen habe, weil ich in der Küche stand, um die Leute zwei Mal täglich zu bewirtschaften, habe ich mich aufgelehnt und jetzt kriege ich Lautsprecher in meine Küche und kann so alles mitverfolgen. Ich belege meine Brötchen und mache Schweineschnitzel und was ich immer für die Leute koche und kriege mit, wer nervös ist, wer der nächste ist, wer einen Schnaps braucht, wenn er zu mir runter kommt, wenn die Aufregung zu groß ist oder nach der Aufregung, um runter zu kommen. Weil ich natürlich auch die ganzen Diskussionen mitkriege.

    Was bekommen Sie denn da mit? Sind Sie nicht manchmal total empört, was da für ein Quatsch geredet wird?

    Natürlich! Natürlich gibt man seinen eigenen Kommentar dazu - Gott sei Dank hört mich ja keiner.

    Man hört von den Teilnehmern, das ihr Hof sehr idyllisch ist, landschaftlich sehr schön gelegen. Kriegen denn die Leute auch davon was mit?

    Selbstverständlich. Die Landschaft hier nennen wir "niederösterreichische Toscana". Es ist eine Landschaft, die sich großräumig in kleine Hügel verteilt. Man kann weit sehen. Viel Grün, kaum Straßenverkehr. Es gibt bloß eine Straße, und die wird nur von den Einwohnern benutzt. Ansonsten Vögel, Frösche.

    Gibt es denn ähnlich gelagerte Veranstaltungen, die Sie über das Jahr hinweg machen?

    Wir veranstalten auch verschiedene Konzerte: Jazz, Akkordeon, irische Musik. Wir versuchen ab und zu Kultur zu uns kommen zu lassen, damit uns nicht zu langweilig wird auf dem Lande.

    Wenn Sie an die Hörspielveranstaltungen zurückdenken: ist Ihnen da etwas besonders im Gedächtnis haften geblieben?

    Es ist schwer zu sagen, denn jedes Jahr werden so tolle Sachen präsentiert und die Fülle der Sachen ist überwältigend, aber in den vier Jahren sind mir manche Gesichter und manche Menschen ans Herz gewachsen und wenn ich sie wiedersehe, ist es so, dass sie meinen, es sei, als wenn sie nach Hause kommen und das gilt auch umgekehrt. Einige haben Kinder, die vor vier Jahren noch ganz klein waren und jetzt schon in diesem präpubertären Alter sind. Das ist ja lustig zu beobachten, wie sich das Ganze entwickelt.

    Das heißt, das ist eine Tagung mit Familienanschluss. Da kommen auch Autoren mit ihren ganzen Familien hin?

    Ja. Das ist ja so: Vier Tage machen wir alle alles zusammen.

    Der Hof von Grazyna Woitzuck hat auch eine Website: www.pro-bio.at