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Separatisten
Streit um die Macht in Katalonien

Am liebsten würde Carles Puigdemont aus dem belgischen Exil regieren, aber für den ehemaligen Ministerpräsidenten führt wohl kein Weg zurück an die Macht an Barcelona. Dafür laufen sich nun Parteifreunde warm. Am aussichtsreichsten gilt derzeit die 41 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftlerin Elsa Artadi.

Von Hans-Günter Kellner | 12.02.2018
    Die 41 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftlerin Elsa Artadi (links) könnte Charles Puigdemont (mitte) beerben. Rechts im Bild: Albert Bate
    Die 41 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftlerin Elsa Artadi (links) könnte Charles Puigdemont (mitte) beerben. Rechts im Bild: Albert Batet (AFP/JOHN THYS)
    Puigdemont oder nicht Puigdemont? Der Streit über die Frage, wer neuer Ministerpräsident von Katalonien werden soll, beschäftigt das separatistische Lager seit Wochen. Joan Tardá, Abgeordneter im spanischen Parlament für die Republikanische Linke Kataloniens, hatte in einem Zeitungsinterview eine vergiftete Botschaft für den letzten gewählten Präsidenten der Generalitat Kataloniens:
    "Präsident Puigdemont wird immer Präsident Katalonien sein – ganz unabhängig davon, ob er auch in den nächsten Jahren Präsident Kataloniens ist. Er wird in die Geschichte eingehen und er wird weiter eine wichtige Rolle spielen, auch wenn er nicht mehr Präsident ist."
    Und sollte es für eine Regierungsbildung notwendig sein, Carles Puigdemont zu opfern, müssten die Separatisten ihn opfern.
    Regieren aus dem Exil?
    Denn Carles Puigdemont könne nicht neuer Regierungschef werden, wenn er nicht aus Brüssel nach Barcelona zurückkehre, urteilen sowohl der juristische Dienst des katalanischen Parlaments sowie das spanische Verfassungsgericht. Doch in Spanien droht ihm die Verhaftung. So bleibt der Katalane in Brüssel. Seine Wahlliste "Gemeinsam für Katalonien" hält dennoch an ihm fest:
    "Die Rechtspfleger des Parlaments entscheiden nie darüber, wie das Reglement zu interpretieren ist, das ist nicht ihre Funktion. Es wäre völlig anormal", sagte Elsa Artadi, Sprecherin der Wahlliste Carles Puigdemonts, unlängst im Gespräch mit Auslandskorrespondenten:
    "Sie teilen lediglich ihre juristischen Ansichten mit, ergänzend zu den bereits existierenden Meinungen des Präsidiums und der übrigen Abgeordneten. Das Plenum ist souverän. Wenn die Rechtspfleger über das Reglement entscheiden möchten, müssen sie sich zur Wahl stellen und Abgeordnete werden."
    Kein Durchbruch in Sicht
    Carles Puigdemont wäre auch dann noch Kandidat, wenn die Juristen sagen, das wäre nicht möglich, bekräftigte die Politikerin auf Nachfrage. Zeitungen berichten aber auch, dass sich die beiden großen separatistischen Parteien hinter den Kulissen schon über Alternativen Gedanken machen. Sie hätten sich auf Elsa Artadi geeinigt, heißt es. Doch noch dementiert die 41-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin:
    "Ich bin keine Alternative. 'Gemeinsam für Katalonien' hat keine Alternative zu Carles Puigdemont. Puigdemonts Wahl ist nach dem Reglement des katalanischen Parlaments und dem Gesetz über die Präsidentschaft der Generalitat möglich. Davon abzuweichen bedeutet, den Willen des Volkes zu missachten. Das ist für uns die rote Linie, die wir nicht überschreiten wollen."
    Ein Durchbruch ist also noch nicht in Sicht. So lange es aber keine neue katalanische Regierung gibt, wird die Region von der spanischen Regierung verwaltet. Auch darum würde die Republikanische Linke lieber einen alternativen Kandidaten ins Rennen schicken, um sobald wie möglich wieder eine autonome Regierung bilden zu können.
    Fehlende Kompromissbereitschaft
    Die Zeichen stehen also weiter auf Konfrontation, nicht nur zwischen den Separatisten und der spanischen Regierung, sondern auch innerhalb des separatistischen Blocks. Denn der ist im Parlament auch noch auf die Stimmen der vier Abgeordneten der anarchistischen Koalition CUP angewiesen. Deren Sprecher Carles Riera warnt die übrigen Separatisten davor, vom Konfrontationskurs gegenüber Madrid abzurücken:
    "Wir haben nur ein einziges Ziel: die Republik. Sonst wären wir nicht im Parlament. Wir wollen auch das soziale und wirtschaftliche System ändern. Das Referendum am 1. Oktober, die Unabhängigkeitserklärung am 27. Oktober, das waren alles Etappenziele in diese Richtung. Das wissen die anderen. Sie bekommen unsere Stimmen nur für diese Reise. Deutlicher geht es nicht."