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Serie: Hidden Champions
Aus dem Vogtland an die Weltspitze

Der Familienbetrieb Lehmann-UMT aus Sachsen ist Weltspitze bei Filtersystemen und baut Expeditionsschlitten für die Antarktis. Titus Lehmann leitet den Betrieb in dritter Generation und hat das Unternehmen nach der Wiedervereinigung durch die ersten schwierigen Jahre ganz nach vorne gebracht.

Von Nadine Lindner, Studio Dresden | 25.09.2015
    Ein Lastenschlitten für die Antarktis wird in der Maschinenbau Lehmann GmbH Jocketa für die Reise in die Südpolarregion vorbereitet.
    Ein Lastenschlitten für die Antarktis wird in der Maschinenbau Lehmann GmbH Jocketa für die Reise in die Südpolarregion vorbereitet. (dpa/picture alliance/Wolfgang Thieme)
    Der kleine Ort Jocketa, umgeben von den grünen Hügeln des sächsischen Vogtlands. Eine ländliche Gegend. Auch das Firmengelände der Lehmann UMT sieht auf den ersten Blick unscheinbar aus: kleine Produktionshallen, ein Bürogebäude.
    Der Eindruck ändert sich schlagartig bei einem Rundgang durch die Produktion, denn in der Halle steht ein Schlitten für Expeditionen zur Antarktis. Die Schlitten sind so groß, dass auf Ihnen ein Überseecontainer montiert werden kann. Geschäftsführer und Inhaber Titus Lehmann:
    "Das ist eine ganz besondere Geschichte. Dass man sagt, wir produzieren einmal im Jahr, das ist meistens so ein Feld von circa drei Monate. Ausrüstung für den Südpol für Expeditionen."
    Das internationale Geschäft mit den Expeditionsschlitten läuft fast nebenbei. Als Zulieferer unter anderem für das Alfred-Wegener-Institut, sagt der 38-Jährige im Polohemd mit Firmenlogo, während er das fast fertige Produkt begutachtet. Lehmann UMT die einzige deutsche Firma in diesem speziellen Markt
    "Container werden dort auf die Schlitten draufgetan, vorne ist ein Pistenbulli oder ein Traktor mit Ketten und dort wird dementsprechend für die Expeditionen das ganze Material, die Tanks, das ganze Material reingetan."
    Weltmarktführer bei Flüssigkeitenfilter
    Die Schlitten werden nach Kanada, China, Indien oder Russland verkauft.
    Doch das Herzstück der Lehmann UMT ist eigentlich etwas anderes: Weltmarktführer sind sie mit einem speziellen Filter für Flüssigkeiten geworden. Er arbeitet mit Unterdruck. Das Besondere: Er reinigt sich selbst.
    "Die Partikel, die an dem Filter angelagert sind, müssen von Zeit zu Zeit ja wieder abgereinigt werden, damit der Prozess dauerhaft funktioniert. Deshalb haben wir eine Rückspülung entwickelt, die während der Filter filtriert, den Filter abreinigt. Und da sind wir alleinstehend."
    Das sei in etwa so, als würde sich der Staubsaugerbeutel selber reinigen, nur dass es beim Unterdrucksaugfilter, kurz USF, um Flüssigkeiten gehe. Der Filter trennt zum Beispiel Öl-Emulsionen von Metallspänen. Die Einsatzgebiete:
    "Hauptsächlich produzierendes Gewerbe. Alle Unternehmen, die zerspanend unterwegs sind. Drehen, Fräsen, Bohren, Schleifen. Viel Automobilzulieferer, Automobilbau selbst, Maschinenbau, Schwermaschinenbau."
    Zu den Kunden zählt unter anderem Volkswagen. Beharrlichkeit und durch das Beobachten der Konkurrenz habe bei der Entwicklung des USF geholfen, sagt der Geschäftsführer
    30 Prozent gehen in den Export
    "Ich habe über viele Jahre Filtersysteme von Mitbewerbern am Markt eingesetzt, verbaut und Wartung gemacht. Wir haben aus Punkten, die in den Anlagen waren, natürlich auch immer wieder gelernt."
    65 Mitarbeiter beschäftigt Lehmann UMT, die Zahl ist über die Jahre relativ konstant geblieben. Der Umsatz liegt bei etwa sechs Millionen Euro, der Exportanteil bei etwa 30 Prozent.
    Titus Lehman, der selbst KFZ-Mechaniker gelernt hat, betreibt die Firma in der dritten Generation. Angefangen hat es 1945 als kleiner Metallbetrieb direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
    Nach Ende der DDR-Zeit auf den Weltmarkt
    Nach der Zwangsverstaatlichung in der DDR den 1970er-Jahren konnten sie den Betrieb 1990 wieder in Familienbesitz zurückbringen. Bei aller Freude ein schwieriger Start:
    "Die ganzen Unternehmen, die im Osten angesiedelt waren, hatten ihr Hauptgeschäftsfeld in der DDR gehabt, oder auch in Russland oder Polen. Aber auch die Märkte waren 1990 sehr schwierig."
    Durch Auslandsaufträge aus dem arabischen Raum konnte sich die Firma über die ersten schwierigen Jahre retten. Heute steht der Familienbetrieb im Dreiländereck Sachsen, Thüringen, Bayern sehr solide da. Auch die in Ostdeutschland verbreiteten Probleme, eine schwach ausgeprägte Forschung und ein Mangel an Fachkräften, hat Lehmann nicht.
    "Wir haben immer wieder die Möglichkeit, dadurch, dass wir einen hohen Bekanntheitsgrad haben, dass wir immer wieder gute Leute akquirieren können und ins Team holen können."
    Die Schautafeln im Besprechungsraum preisen mehrere Lehrberufe an, und ein duales Studium. Außerdem setzt Lehmann auf eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung und kooperiert unter anderem mit einem Fraunhofer-Institut. Gute Chancen also für weitere Patente aus dem Vogtland...