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Serie "Marvel’s The Defenders"
Netflix braucht seine Helden

Klassentreffen der Superhelden: Die achtteilige Netflix-Serie "Marvel’s The Defenders" ist der vorläufige Höhepunkt einer TV-Comicserie. Doch die Kooperation endet 2019. Netflix braucht den Heldenstoff – und hat vorgesorgt.

Von Julian Ignatowitsch | 17.08.2017
    Die App des Streamingdienstes Netflix auf einem iPhone 6, aufgenommen am 15.02.2016 in Düsseldorf
    Auf Netflix erscheint nun die Superhelden Comic-Serie "Marvel’s The Defenders" (picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd)
    Helden, die keine Helden sein wollen.
    "Jessica, Du bist jetzt eine waschechte Superh…"
    "Sag jetzt ja nicht das H-Wort – meine Kopfschmerzen sind schon schlimm genug."
    Bevor sie zusammenfinden, testen Sie erst einmal die Grenzen des Anderen aus…
    "Er hat mich geschlagen…"
    "Du hast zuerst geschlagen."
    …natürlich mit magischen Fähigkeiten…
    "Wieso kann man ihm nicht wehtun?"
    "Was ist das mit Deiner Faust?"
    Vier Helden aus dem Marvel-Universum in einer Serie: Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage und Iron Fist – sie erkennen dann doch schnell die Gefahr und tun sich zusammen, um New York vor "Der Hand", vor Alexandra, stilvoll böse gegeben von Sigourney Weaver, zu retten.
    "Eine Verbrecherorganisation, niemand weiß wie alt sie ist…"
    "…oder wie viel Einfluss sie haben. Sie sind überall!"
    Es ist der typische Stoff aus dem Helden-Geschichten gemacht sind. Routiniert in Szene gesetzt und optisch schick aufgemacht. Nach der vielfach kritisierten Serie "Iron Fist" zuletzt trifft "The Defenders" wieder den richtigen Superhelden-Ton und legt neben Action auch Wert auf die Eigenheiten der Charaktere.
    "Disney hat vorgemacht, wie man eine Marvel-TV-Serie angeht"
    Circa acht Millionen Euro pro Episode hat sich Netflix "The Defenders" kosten lassen, bislang die teuerste Serien-Produktion aus dem Marvel-Universum – und fast schon filmreif wie die Blockbuster an den Kinokassen, die von Disney produziert werden, meint Comic-Experte und -Autor Heiner Lünstedt:
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Ursprung der heutigen Superheldengeschichten - die Marvel-Comics (picture alliance/dpa/Daniel Karmann)
    "Von daher haben die Filme aus dem Hause Disney Netflix vorgemacht, wie man eine Marvel-TV-Serie anzugehen hat. Das hat ja mit Daredevil gestartet, da war Elektra dabei. The Punisher kommt bald. Das wuchert, man trifft aufeinander, man trifft Haupt- und Nebencharaktere wieder. Das ist der Reiz der Marvel-Hefte."
    Aber wie lang kann Netflix auf diesen Stoff noch zurückgreifen? Der Streaming-Anbieter und Marvel, das zum Disney-Imperium gehört, haben ihre Kooperation zum Jahr 2019 nicht verlängert. Disney will einen eigenen Streaming-Dienst eröffnen. Was dann mit den Marvel-Serien passiert, ist noch offen.
    Mark Millar kommt zu Netflix
    Aber: Netflix hat vorgesorgt. Und fast zeitgleich den Zukauf des Comicverlags Millarworld abgeschlossen. Mit Autor Mark Miller kommt der derzeit vielleicht größte Comic-Kreativkopf zu Netflix.
    "Der hat einzigartige Comics gemacht für Marvel und DC, hat sich dann freigeschwommen mit 'Wanted', 'Kickass' und 'Secret Service', die verfilmt wurden – und das ist das Millerworld-Universum. Das Millerworld-Universum neigt bisher aber nicht dazu sich zu verzahnen, das sind abgeschlossene Geschichten. Das ist die Frage, ob das Not tut."
    Ein junger Mann lässt sich eine Seite der Videostreaming-Firma Netflix auf einem Laptop und auf einem Fernsehbildschirm zeigen.
    Netflix braucht Comicserien um auch weiterhin die breite Masse anzusprechen. (dpa / picture alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Man wird sehen. So oder so, die Sparte "Comicserien" ist für den Streaming-Dienst Prestigeobjekt und Zuschauermagnet zugleich. Denn die Fanbase solcher Serien ist groß: "Marvel’s Iron Fist" hatte laut Parrot Analytics 63,2 Millionen Abruf in den ersten drei Tage und gehört damit zu den meistgeschauten Netflix-Serien aller Zeiten. Klar, für den US-Markt ist die Bedeutung noch größer als in Europa:
    "Superhelden-Serien in den USA besser positioniert"
    "Ich war jetzt in den USA und da sind die Superhelden-Serien, wenn man auf die Netflix Startseite geht, viel besser positioniert als bei uns. Bei uns spielt das eine nicht so große Rolle wie in den USA, ist mein Eindruck. Man hat das ja zum Beispiel auch gesehen bei Serien wie Smallville im Free-TV bei RTL."
    Ja, vielleicht braucht Amerika seine Helden in diesen Tagen noch mehr als sonst. "The Defenders" ist bislang der Höhepunkt in Netflix' serieller Marvel-Reihe – und gefällt gerade deshalb, weil seine Protagonisten nicht als heroische Schablonen, sondern als komplexe Charaktere gezeigt werden, die mit allzu irdischen Problemen zurechtkommen müssen. Und dass sie gar keine Helden sein wollen – irgendwie macht sie das ja fast noch sympathischer:
    "…ist da Whiskey drin?"
    "Oh, das ist meiner."