Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Serienhelden im Internet
Wenn Frank Underwood twittert…

Mal eben mit einem Charakter aus der Lieblingsserie plaudern – das Internet macht es möglich. Immer mehr Figuren aus Serien wie Breaking Bad oder House of Cards haben nämlich ihre eigenen Webseiten oder Twitteraccounts. Denn Fans wollen heute mehr als ihre Helden nur im Fernsehen sehen.

Von Florian Meyer-Hawranek | 06.05.2014
    Kevin Spacey spielt Frank Underwood in "House of Cards"
    Kevin Spacey spielt Frank Underwood in "House of Cards", Robin Wright (rechts) spielt seine Ehefrau Claire Underwood (picture-alliance / dpa / Melinda Sue Gordon)
    "Traffic Accident? Better call Saul! Injured on the job? Call now! Homicide? What are you waiting for?",
    sagt Saul Goodman. Ein Unfall, eine Verletzung bei der Arbeit oder gar Totschlag? Wenden Sie sich an ihn, Goodman. Schmierige Frisur, schiefes Lachen: Der windige Anwalt, der den Drogendealer Walter White in der US-Serie Breaking Bad vertritt. Jetzt kann jeder um Rechtsbeistand bitten. Das verspricht zumindest seine Webseite:
    "Hi! Welcome to the Law Offices of Saul Goodman and Associates. From Parking Ticket to Mass Murder, from Slip'n Fall to Band Fraud."
    Im Netz, auf bettercallsaul.com, wirbt der fiktive Serienanwalt für seine Kanzlei: samt Telefonnummer, Anzeige auf Spanisch und zufriedenen Testimonials.
    "So if they say you're breaking bad – you better call Saul."
    Nur einen Klick weiter, hinter einem Link der für Sauls gemeinnützige Ader wirbt, steckt ein weiterer Bekannter: Walter White Junior, der Sohn der
    Hauptfigur aus Breaking Bad.
    "Seine Augen waren ganz rot, als ob er geweint hätte oder so. Aber dir ist das wohl scheißegal. Vielleicht magst du ihn nicht mehr, aber ich schon."
    Junior sammelt im Netz Spenden für seinen kranken Vater. Auf savewalterwhite.com, einer fürchterlich zusammengestellten Seite mit forschgrünem Hintergrund, 8-Bit-Sternen und auf kitschigen Familienfotos, hat Junior sogar einen einen grell roten Spendenknopf gepackt: Wer den drückt, der landet auf der Seite der Serie: Die Illusion ist hinüber.
    Mehrwert, der ans Format bindet
    "Sie sind nicht etwa der Anwalt aus dem Fernsehen spät abends?"
    Das Interesse an erfundenen Serienfiguren dagegen, die sich so benehmen, als gäbe es sie wirklich, ist riesig.
    "Somit wurde sehr, sehr schnell klar, dass die Leute einfach 'nen Mehrwert suchen, der sie in der Welt der Serie verharren lässt."
    Das sagt Rebecca Ahlen von der Produktionsfirma UFA Serial Drama GmbH aus Berlin:
    "Es ist auf jeden Fall ein Thema, das wichtiger wird. Auch weil man merkt, dass die Leute das wollen. Es ist nicht, dass sie die Serie nicht gucken würden, wenn sie das nicht hätten. Sondern es ist einfach so, dass den Mehrwert gibt, der langfristig ans Format bindet."
    Ahlen sorgt dafür, dass fiktive Stars nicht nur im Fernsehen und im Internet landen, sondern dass sich Fans direkt mit ihnen unterhalten können. Sie betreut den Auftritt von Seriencharakteren im Netz. Zum Beispiel den von Ansgar von Lahnstein, Macho aus der ARD-Soap „Verbotene Liebe". Wenn es ihm in der Serie an den Kragen geht, schreibt er am selben Tag auf Facebook:
    "Scheiß Bullen. Wofür soll ich denn jetzt noch bestraft werden."
    Und seine Fans antworten:
    "Du Armer, bist bestraft genug."
    "Halt durch, ich helfe dir da raus."
    100 Likes, 20 Kommentare – dann meldet sich eine kritische Stimme:
    "Ihr wisst schon, dass das alles Fake ist? Dass es die Person, mit der ihr leidet, gar nicht gibt?"
    Mit dem Schein spielen
    Auch wenn jeder weiß, dass es die Stars eigentlich nicht gibt, wollen sich viele Fans trotzdem mit ihren Serienhelden unterhalten, sagt Rebecca Ahlen. Es geht eben darum, mit dem Schein zu spielen.
    "Jeder weiß, dass Ansgar von Lahnstein oder sonst wer keine reale Person ist, dass es ne fiktionale Person ist. Trotzdem lassen sie sich supergern auf dieses Spiel ein und besprechen auch gerne mit ihnen halt Themen, die in der wirklichen Welt geschehen."
    Besonders spannend wird es aber, wenn sich fiktive Personen zu aktuellen Ereignissen äußern, wie zur Krim-Krise: Frank Underwood, US-Politiker aus der erfolgreichen US-Serie House of Cards, schreibt zum Beispiel dem echten russischen Außenminister, Sergej Lawrow, über Twitter:
    "Herr Lawrow, falls sie wirklich denken, in der Politik gäbe es den Satz: 'Was wäre wenn nicht', dann sollten sie die Branche wechseln."
    Reagiert hat Herr Lawrow übrigens nicht: Nicht mal auf Twitter. Bei seinen Fans kam der Tweet dafür bestens an. Rebecca Ahlen:
    "Das hat eine unglaubliche Resonanz. Die Leute freuen sich, die finden das toll. Und es gibt ihnen einfach mehr Spaß beim kucken. Und das ist ja für uns das aller, allerwichtigste."