Donnerstag, 25. April 2024

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Sexualstrafrecht
Fall Lohfink beschäftigt Bundespolitik

Der Fall Gina-Lisa Lohfink hat in der Bundespolitik neue Diskussionen über das Sexualstrafrecht ausgelöst. Das Model wirft zwei Männern vor, sie vergewaltigt zu haben, ist damit aber trotz vorhandener Videoaufnahmen vor Gericht gescheitert. Dass ihr nun auch noch Falschaussage vorgeworfen wird, empört viele. Bundesfamilienministerin Schwesig bezog nun auch Stellung zu dem Fall.

11.06.2016
    Das Model Gina-Lisa Lohfink am 1.6.2016 im Gerichtsaal mit ihren beiden Anwälten zum Auftakt des Prozesses gegen sie wegen Falschaussage.
    Das Model Gina-Lisa Lohfink muss sich jetzt wegen des Vorwurfs der Falschaussage vor Gericht verantworten. (picture alliance / dpa / Klaus-Dietmar Gabbert)
    Lohfink wirft zwei Männern vor, sie vergewaltigt zu haben. Im Jahr 2012 war von den sexuellen Handlungen zwischen den dreien ein Video aufgetaucht. Darin soll das Model mehrfach "Hör auf!" rufen. Lohfink sagt, sie sei betäubt worden und gegen ihren Willen zum Sex gezwungen worden. Das Gerichtsverfahren endete allerdings mit einem Freispruch für beide.
    Im Gegenzug läuft nun ein Verfahren gegen die 29-Jährige selbst. Ihr wird Falschaussage vorgeworfen und sie soll 24.000 Euro Strafe zahlen. Lohfink hat Einspruch eingelegt.
    Schwesig fordert Bestrafung nach dem Prinzip "Nein heißt nein"
    Der Fall befeuert die Debatte um das Sexualstrafrecht in Deutschland. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte "Spiegel Online": "Wir brauchen die Verschärfung des Sexualstrafrechts, damit endlich in Deutschland die sexuelle Selbstbestimmung voraussetzungslos geschützt wird". Es müsste das Prinzip "Nein heißt Nein" gelten.
    Die Grünen-Politikerin Gesine Agena sagte: "Der Fall von Gina-Lisa Lohfink führt uns dabei wieder vor Augen, dass dringend das Sexualstrafrecht reformiert werden muss. Ein 'Hör auf' ist ein Nein. Aber noch immer reicht ein Nein nicht aus, um eine Vergewaltigung strafbar zu machen."
    Maas offen für Vorschläge
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) pocht auf eine rasche Umsetzung strengerer Vorgaben zum Schutz vor sexueller Gewalt. Er sagte, für eine praxistaugliche "Nein heißt Nein"-Lösung sei er offen. Fachleute hatten den Gesetzentwurf aus Mass' Ministerium als unzureichend kritisiert. Auch zahlreiche Politiker der Großen Koalition hatten eine Korrektur gefordert. Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) sagte Anfang des Monats: "In Zukunft wird es reichen, wenn das Opfer 'Nein' sagt oder klar zu erkennen gibt: 'Ich will das nicht'."
    Die Bundesländer hatten kürzlich die schwarz-rote Bundesregierung zu einer umfassenderen Neuregelung des Sexualstrafrechts aufgefordert als bisher geplant. So müsse schon das fehlende Einverständnis des Opfers eine Strafbarkeit auslösen. Außerdem sollte auch das bloße Begrapschen geahndet und Opfer besser vor sexuellen Übergriffen aus Gruppen geschützt werden.
    Verschärfung noch vor der Sommepause?
    Das bisherige Konzept bei der Strafbarkeit der Vergewaltigung geht davon aus, dass das Opfer Gegenwehr leistet oder nur aus bestimmten Gründen darauf verzichtet - wie etwa bei Gewalt, Drohungen des Täters oder in einer schutzlosen Lage.
    Eine Expertengruppe arbeitet derzeit an einer kompletten Überarbeitung des Sexualstrafrechts. Die Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Nach einem Zeitungsbericht soll eine Reform aber möglicherweise schon vor der Sommerpause des Parlamentes stehen.
    (pr/tgs)