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Shell-Jugendstudie
Politisiert, aber Politiker-kritisch

Jugendliche in Deutschland haben der neuen Shell-Studie zufolge Angst vor Umweltverschmutzung und Klimawandel. Die Zufriedenheit mit der Demokratie wächst - Politiker hingegen werden skeptisch gesehen. Auch rechtspopulistische Aussagen bekommen Unterstützung.

Von Katharina Hamberger | 15.10.2019
Bei den Fridays-for-Future-Protesten hält eine Demonstrantin ein Schild mit der Aufschrift: Tut endlich etwas! Euer Versagen wird uns zum Verhängnis" in die Höhe.
Jugendliche kümmern sich um ihre Zukunft - zum Beispiel in Form von Klimaprotesten und -streiks. (imago / IPON)
Pragmatisch und tolerant, so beschreibt Studienleiter Mathias Albert von der Universität Bielefeld die heutige Generation zwischen zwölf und 25 Jahren. Die Jugendlichen seien insgesamt zuversichtlich, so Albert, zumindest blickt so mehr als die Hälfte auf die gesellschaftliche Zukunft. Genauso viele wie noch vor vier Jahren.
Das sei durchaus bemerkenswert, meint der Leiter der Shellstudie: "Warum ist das bemerkenswert? Das ist bemerkenswert, weil hinsichtlich einer Reihe von Themen durchaus die Ängste zugenommen haben."
Mehr Angst vor Rassismus als vor Zuwanderung
Umweltverschmutzung, Klimawandel - das sind zwei Dinge, bei denen die Angst der jungen Menschen zugenommen hat. Ebenso gibt es einen Anstieg bei der Angst vor Zuwanderung, aber noch mehr hat die Angst vor, wie es in der Studie abgefragt wurde, Ausländerfeindlichkeit, also Rassismus zugenommen.
Der Titel, den die Autoren der diesjährigen Shell-Studie gegeben haben ist "Eine Generation meldet sich zu Wort". Aber bedeutet das, dass sich auch mehr politisch engagieren? Das scheint nicht der Fall zu sein:
Albert: "Es gibt eine Politisierung, aber Politisierung heißt bei der gegenwärtigen jungen Generation, dass diejenigen, die bereits bisher politisch interessiert waren, sich noch intensiver mit Politik auseinandersetzen und sich intensiver engagieren."
Mehr Zufriedenheit mit der Demokratie
Auch ist es eine Frage des Schulabschlusses. Höher gebildete Jugendliche, heißt es in der Zusammenfassung der Studie, interessierten sich mehr für Politik als die weniger gebildeten. Was seit 2006 gestiegen ist, ist der Anteil derjenigen, die mit der Demokratie zufrieden sind.
Insgesamt sind es rund 77 Prozent. Unterteilt man in Ost und West, ist der Anteil bei Jugendlichen aus den ostdeutschen Bundesländern deutlich stärker gestiegen, von 44 auf 66 Prozent, im Westen von 63 auf 78 Prozent. Allerdings, trotz aller Zufriedenheit mit der Demokratie: Fast drei viertel der Jugendlichen glauben nicht, dass sich Politiker und Politikerinnen darum kümmern, was sie denken.
Rund ein Drittel stimmt rechtspopulistischen Aussagen zu
"Dass sich das auf die Politiker überträgt, das darf man nicht personalisieren. Wir wissen aus diesen, aus anderen Studien, dass einzelne Politiker und Politikerinnen sehr hoch geschätzt werden, aber die Rolle 'Politiker', die ist im Moment ein Ding der Unmöglichkeit. Da kann man bei jungen Leuten nicht punkten."
Sagt Klaus Hurrelmann, ebenfalls Studienautor. Das lässt auch die Familienministerin aufhorchen, die heute die Studie mit vorstellte. Es sei ganz klar, sagt sie, dass man sich überlegen müsse, wie man die Jugend stärker beteiligen könne:
Giffey: "Ich bin sehr wohl der Meinung, dass junge Menschen auch im Alter von 16 Jahren in der Lage wären eine Wahlentscheidung zu treffen und deswegen müssen wir, wenn wir uns fragen, wie können wir junge Menschen stärker beteiligen an Politik, wie können wir ihnen eine höhere Repräsentanz ermöglichen, dann müssen wir auch über die Absenkung des Wahlalters sprechen."
Auffällig auch: Es gibt laut der Studie einen hohen Anteil, rund ein Drittel, der rechtspopulistischen Aussagen entweder voll oder zum Teil zustimmt. Für die 18. Shell-Jugendstudie wurden rund 2.500 Menschen im Alter von zwölf bis 25 Jahren befragt.