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Sicheres Drittland?

Vor allem Afrikaner kommen als Flüchtlinge über das Meer nach Italien. Jetzt hat das Land mit Libyen ein Abkommen geschlossen, um die unerwünschten Immigranten, die über das Mittelmeer kommen, abzuhalten. Doch ist das korrekt?

Von Karl Hoffmann | 19.09.2009
    Anfang dieses Jahres, zum ersten Mal mitten im Winter, kamen in wenigen Tagen einige Tausend "Boat People" auf Italiens südlichster Insel Lampedusa an. Für Regierungschef Silvio Berlusconi eine heikle Situation. Im Frühsommer standen Regional- und Europawahlen an. Es galt schnell zu handeln. Innenminister Roberto Maroni machte einen Blitzbesuch in Lampedusa und versprach, dass spätestens im Sommer keine Immigranten in Schlauchbooten mehr nach Italien kommen würden. Silvio Berlusconi reiste nach Libyen und vereinbarte mit Muammar El Gaddafi eine Reihe von Maßnahmen, um die Flüchtlingsboote am Auslaufen zu hindern und auf hoher See aufgegriffene "Boat People" wieder nach Libyen zurückzubringen. Der Pakt zeigte Wirkung, nur noch wenige Boote haben seither Italien erreicht. Berlusconi und Maroni beanspruchten beide, den seit Jahren andauernden Flüchtlingsstrom übers Meer endlich gestoppt zu haben. Maroni:

    "Italien hat eine wirksame Strategie gegen die illegale Einwanderung entwickelt. Die Anlandungen in Lampedusa und Sizilien sind praktisch zum Erliegen gekommen. Wir werden dieses Modell jetzt der Europäischen Kommission unterbreiten. Europa muss sich künftig stärker als bisher an der Abwehr illegaler Einwanderer beteiligen, um den am meisten betroffenen Länder im Mittelmeer, wie Italien und Malta zu helfen."

    Den von Innenminister Maroni verkündeten Erfolg nahm Ministerpräsident Berlusconi unverzüglich für sich selbst in Anspruch:

    "Die Vereinbarungen mit Libyen habe ich unterzeichnet. Innenminister Maroni führt nur aus, was zwischen mir und dem libyschen Führer Gaddafi persönlich ausgehandelt wurde und von ihm jetzt auch eingehalten wird."

    Für die erfolgreiche Abwehr unerwünschter Immigranten von jenseits des Mittelmeers zahlt Italien allerdings einen hohen Preis. Fünf Milliarden Dollar in den nächsten Jahren, offiziell deklariert als Wiedergutmachung für die während der Kolonialzeit vor mehr als 70 Jahren von Italienern in Libyen begangenen Verbrechen. Dazu logistische und technische Ausrüstung für die Kontrolle der libyschen Küsten. Und eine pompöse Staatsvisite Gaddafis in Rom, die zu einer regelrechten Show wurde. Gaddafi sonnte sich sichtbar im Rampenlicht der italienischen Öffentlichkeit. Die italienisch-libysche Strategie der Abschottung funktionierte allerdings nicht hundertprozentig. Am 16. April stieß der türkische Frachter "Pinar" westlich von Malta auf zwei hilflos treibende Flüchtlingsboote mit fast 150 Menschen an Bord. Auf Bitten der maltesischen Behörden blieb der Kapitän in ihrer Nähe. Doch dann wartete der 38-jährige Kapitän Asik Tuygun selbst vergeblich auf weitere Hilfe:

    "Die maltesischen Behörden sagten mir, ich sollte bei den Booten warten, sie kämen sofort um uns zu helfen. Danach könnten wir zu unserem Bestimmungshafen weiterfahren. Aber ich habe drei Stunden gewartet, ohne dass jemand gekommen ist. Da stürzten sich die Bootsinsassen einfach ins Meer."

    Tuygun blieb nichts anderes übrig, als die notleidenden Menschen an Bord zu nehmen, dabei ertrank eine 18-jährige Frau aus Nigeria. Ihr Leichnam wurde am Heck aufgebahrt. Während die Überlebenden zum größten Teil auf dem Vorderdeck campieren mussten. Tagelang blieb die "Pinar" auf hoher See, weil nun niemand die geretteten Afrikaner an Land gehen lassen wollte. Zwischen Malta und Italien gab es heftigen Streit über die Zuständigkeiten der Rettung auf hoher See. Italiens Außenminister Franco Frattini war empört.

    "Ein Flüchtlingsboot im von Malta überwachten Seegebiet muss natürlich auch von Malta aufgenommen werden."
    In Malta ist man da ganz anderer Meinung. Innenminister Carmelo Mifsud Bonnici gibt den schwarzen Peter an Italien zurück.

    "Malta hat sich in internationalen Vereinbarungen zur Seenotrettung in einem bestimmten Seegebiet verpflichtet, aber nur unter der Bedingung, dass die geretteten Personen in den nächstgelegenen Hafen gebracht werden. Im Fall der Pinar war das ganz offensichtlich die Insel Lampedusa. Wir haben uns also strikt an die internationalen Vereinbarungen gehalten. Wir haben uns ganz korrekt verhalten."

    Auf Druck der Öffentlichkeit gab Italien im Fall "Pinar" schließlich nach und nahm die Flüchtlinge auf. Doch seither wiederholt die römische Regierung immer wieder ihre Forderung, einen Teil der maltesischen Seeüberwachung zu übernehmen, denn Malta sei ja nicht in der Lage, sein großes Seegebiet angemessen zu kontrollieren. Malta wehrt sich. Die Seeüberwachung bedeutet zwar keinen Besitzanspruch, doch sollte sich in dem Seegebiet zwischen Italien, Zypern und Libyen Erdöl finden, dann will Malta seinen Anspruch darauf geltend machen. Vor allem aber will der kleinste Mitgliedsstaat der EU verhindern, dass weitere "Boat People" auf der dicht besiedelten Insel stranden. Minister Bonnici fürchtet, dass sich unter seinen Landsleuten sonst die Angst ausbreitet:

    "Ich habe die Verantwortung für die Sicherheit meiner Landsleute. Wir verzeichnen eine steigende Kriminalitätsrate. In den letzten fünf Jahren hat sie um 25 Prozent zugenommen. Und die soll nicht noch weiter steigen, sondern wieder abnehmen."

    Malta betreibt nicht nur die Seenotrettung in seinem Zuständigkeitsbereich nach rein formalen Kriterien. Diejenigen Flüchtlinge, die trotz allem auf Malta stranden, werden in einer Art und Weise behandelt, die abschreckend auf andere Flüchtlinge wirken soll. Monate- manchmal Jahre lang werden gestrandete "Boat People" als illegale Immigranten in Gefängnissen eingesperrt. Eine notwendige erzieherische Maßnahme, behauptet Innenminister Bonnici:

    "Diese Menschen haben nicht die gleichen Wertmaßstäbe wie wir. Da sind Leute darunter, die nie bei einem Arzt waren, die gar nicht wissen, was Pillen sind. Viele von denen glauben, dass sie immer noch in ihren Stämmen leben. Die haben noch keinen Polizisten gesehen, kennen keine Justizbehörde und haben keine Ahnung von Verbrechensbekämpfung. "

    Sie müssten auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden, behauptet Minister Bonnici. Die besteht dann aus einem Schlafplatz in 50 Mann-Zelten oder in verlassenen Flugzeughallen. Wo sie dann zu Untätigkeit bei karger Kost verdammt seien, erzählt Bille aus Mogadishu:

    "Wir haben keine Arbeit, das Geld, das uns die Regierung gibt, reicht nicht mal für eine Busfahrkarte. Leben ist nur mit Geld möglich. Ohne Geld bist du nichts."
    In Somalia war der 28-Jährige dagegen ein bekannter Mann:

    "In Mogadishu habe ich als Journalist beim Radiosender Hornafrik und beim GBC TV gearbeitet. Als Reporter habe ich von den Kriegsschauplätzen in meinem Land berichtet. Ich habe geschildert, was ich mit eigenen Augen gesehen habe. Doch weder die Regierung noch die Opposition waren damit einverstanden. Warum willst du die Wahrheit verbreiten, haben sie zu mir gesagt. Und wenn du nicht damit aufhörst, dann wirst du umgebracht. Viele meiner Kollegen sind umgekommen."

    Bille ist rechtzeitig geflohen. Das Geld für seine Hochzeitsfeier ging für die Flucht drauf. Aber bei der Überfahrt nach Malta kam Billes Frau beinahe ums Leben.

    "Wir waren 227 Menschen in einem kleinen Boot. Da ging es nicht ohne Gedränge ab. Meine Frau erhielt einen Stoß, als sie ins Boot sprang. Und bekam starke Blutungen. Sie war schwanger und verlor das Kind im Boot."

    Malta will um jeden Preis verhindern, dass die Flüchtlinge auch nach Jahren des Zwangsaufenthaltes auf der Insel Wurzeln schlagen. Die maltesische Regierung fordert seit langem, dass andere europäische Länder die Asylanten aus Malta aufnehmen. Die Praxis der maltesischen Küstenwache, Flüchtlingsboote auf hoher See Richtung Italien weiterzuleiten, wird von Menschenrechtsorganisationen inzwischen heftig kritisiert, vor allem seit der tragischen Havarie eines Flüchtlingsbootes Anfang August. Die italienische Küstenwache fand in dem Schlauchboot fünf vollkommen ausgezehrte Menschen, die erzählten, wie sie drei Wochen lang auf dem Meer trieben und schließlich von der maltesischen Küstenwacht gesichtet wurden. Statt sie an Land zu bringen, hätten die maltesischen Matrosen lediglich den Motor repariert, etwas Wasser verabreicht und sie ihrem Schicksal überlassen, berichteten die geretteten Menschen aus Eritrea. Malta behauptet, die fünf seien in bester körperlicher Verfassung gewesen. Es stellte sich aber heraus, dass sie die letzten Überlebenden einer Gruppe von 78 Menschen waren, von denen 73 vorher schon qualvoll verdurstet waren. Und das obwohl sie auf ihrer wochenlangen Odyssee zahlreichen Booten und Schiffen begegnet waren, aber von niemandem Hilfe bekamen. Eine Folge des Falles "Pinar", da ist sich Laura Boldrini, die Vertreterin des UN-Flüchtlingskommissars in Italien, ganz sicher:

    "Es scheint, als sei die Angst vor den Folgen unterlassener Hilfe inzwischen größer als das Pflichtgefühl, Menschen in Not zu helfen. Der Fall Pinar war eine warnende Botschaft, die da lautet: 'Flüchtlinge sind Menschen zweiter Klasse. Die kann man ruhig vergessen. Besser man lässt die Finger von denen. Es lohnt sich nicht, denen zu helfen, da kriegt man nur Ärger. Den kann das Verdienst, ein paar Menschenleben zu retten nicht aufwiegen‘. Für uns ist das ausgesprochen alarmierend. Und wir hoffen, dass sich die Gerichte einschalten und Ermittlungen im Mittelmeerraum aufnehmen, um die Verantwortlichen dieser unterlassenen Hilfeleistungen ausfindig zu machen. Wenn das nicht geschieht, dann glauben die Leute, im Mittelmeer herrscht Gesetzlosigkeit. Eine Art Wilder Westen, ein Niemandsland, in dem keiner, der ein Verbrechen begeht, zur Rechenschaft gezogen wird."

    Gegen die Verrohung der Sitten auf hoher See müssten italienische Gerichte einschreiten, doch dagegen spricht die Staatsraison. Die italienischen Streitkräfte haben inzwischen nämlich selbst begonnen, Flüchtlinge nicht mehr in Italien an Land zu bringen. Jüngst nahmen sie etwa 50 Menschen an Bord, die sich bereits in Sichtweite der sizilianischen Küste befanden, und brachten sie zurück an die über 200 Seemeilen entfernte libysche Küste, wo die Flüchtlinge mit Prügel und Faustschlägen von libyschen Polizisten wieder an Land getrieben wurden. Es handelte sich um eine Gruppe von Eritreern, darunter auch Frauen und Kinder, die nach geltendem Recht einen Anspruch auf humanitäres Asyl innerhalb der EU hätten. In Libyen werden die Menschenrechte nicht beachtet, Flüchtlinge erhalten weder Asyl noch staatliche Unterstützung. Die Abwehr und Rückführung von Asylberechtigten nach Libyen verstößt also gegen die Menschenrechte. Die EU Kommission in Brüssel forderte die Regierung in Rom auf, dazu Stellung zu nehmen.
    Die hat sich davon offenbar aber nicht beeindrucken lassen. Nach einer Debatte im Europa-Parlament hat der EU-Innen-Kommissar Jacques Barrot vor wenigen Tagen neue Regeln für den europäischen Grenzschutz angekündigt. Die EU wünsche nicht, dass Flüchtlinge in Länder zurückgebracht werden, in denen ihnen Folter und menschenunwürdige Behandlung drohen. Ob Silvio Berlusconi sich an diese neuen Vorgaben halten wird, muss man allerdings abwarten. Für ihn geht die Rückführung von Flüchtlingen nach Libyen völlig in Ordnung, denn, so Berlusconi:

    "Dort können sie sich dann ganz einfach an das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen wenden um ihre persönliche Lage darzustellen und um Asyl in Italien nachzusuchen."

    Augenzeugen berichten von Zuständen, die den Aussagen Berlusconis schlichtweg Hohn sprechen. Der italienische Journalist Enrico Dagnino befand sich zufällig auf einem Boot der italienischen Marine, als es Flüchtlinge zurück nach Libyen brachte. Im italienischen Fernsehen zeigte er heimlich aufgenommene Fotos:

    "Dieser Mann hier flehte, nicht wieder nach Libyen gebracht zu werden, weil man ihn sonst umbringe. Der hier hat sich aus lauter Verzweiflung nackt ausgezogen. Die nicht an Land wollten haben libysche Polizisten mit Rudern von Bord geprügelt."

    In Containern werden die Immigranten, gleich ob sie aus der Sahara kommen oder auf hoher See zurückgewiesen werden, in Gefängnisse transportiert. Die Fahrt kann oft viele Stunden dauern. Die LKW-Anhänger sind aus Metall, sie verfügen nur über winzige Luftschlitze an der Decke. Oft bis zu hundert Menschen werden in diese Behältnisse gezwängt. Am Zielort dann ebenfalls unmenschliche Behandlung, schildert der junge Äthiopier Dag, der Glück hatte und nach Italien kam bevor die Blockade begann.

    "Wer nicht im Laufschritt aus dem Laster rennt, wird brutal geschlagen, unfassbar. Wie die Tiere, die man prügelt, damit sie schneller rauskommen. Und wegen der Prügel beeilen sich alle und fallen übereinander."

    Dag wartete mehrere Tage, bevor die Schlepper ihn an die Küste zur Weiterfahrt Richtung Italien brachten. Er war nicht wenig erstaunt, als er sah, wer seine Schlepper waren.

    "Man hat mich in ein Polizeiauto gesteckt und ans Meer gebracht. Die Geländewagen der Polizei sind ein Geschenk Italiens an Libyen, mit ihnen sollen eigentlich die Grenzen kontrolliert werden."
    Silvio Berlusconi hat eigene Vorstellungen von der Identität der Schlepper wie auch der Flüchtlinge:

    "Die Immigration ist das Werk einer kriminellen Organisation , die gegen Bezahlung all jenen eine Überfahrt nach Italien anbietet, die zu uns kommen wollen. Diese Leute haben eine Fahrkarte erworben. Und es handelt sich keineswegs um Menschen, die Unrecht erlitten haben oder verfolgt werden in bestimmten Ländern Afrikas."

    Tatsache ist, dass die meisten "Boat People", die nach Italien kamen bisher entweder eine Asylberechtigung oder eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten haben. Warum also diese offensichtlichen Widersprüche zwischen offiziellen Erklärungen und glaubhaften Zeugenaussagen über die Zustände in Libyen und die menschlichen Dramen, die sich vor den Toren Italiens und Maltas abspielen? Will Silvio Berlusconi Italien abschotten, um einen gigantischen Umsturzplan der italienischen Linken zu durchkreuzen, wie er vor wenigen Tagen vor dem Parteinachwuchs "Giovane Italia", Junges Italien, in Rom erklärte?

    "Die Linken wollen unsere Grenzen für jedermann öffnen, denn sie streben ein multiethnisches Italien an, in der Hoffnung, die Verhältnisse im Lande zu ändern, wo seit dem letzten Weltkrieg immer nur moderate Kräfte regiert haben. Sie hoffen, dass sie mit der Immigration von fünf Millionen Afrikanern oder Bürgern aus Osteuropa, deren Wählerstimmen vorwiegend den Linken zugute kommt, endlich eine Mehrheit im Lande bekommen."

    Wie das gehen soll ist schleierhaft: Nicht-EU-Bürger haben in Italien kein Wahlrecht. Gleichwohl verspricht Berlusconi seinen Anhängern, sie vor der gefährlichen Invasion zu schützen:

    "Wir garantieren äußerste Strenge im Umgang mit Immigranten. Die regulären Immigranten werden mit offenen Armen empfangen, aber wir demonstrieren Härte gegenüber allen anderen, die, wenn sie erst mal in Italien sind und keine Arbeit finden, in die Kriminalität abgleiten, und damit die Sicherheit der Italiener erheblich verringern."

    Reguläre Immigration in Italien ist praktisch nicht mehr möglich. Und es werden auch keine Gründe akzeptiert wie Hunger und Krieg, Flucht und Vertreibung in vielen Ländern Afrikas und Asiens, an deren Bewohnern Italien keine Interesse hat, wohl aber an deren Ressourcen. Angefangen bei Libyen, wie Berlusconi selbst zugibt:

    "Für uns sind vielfältige Energiequellen sehr wichtig. Wir brauchen Erdgas aus Libyen. Der Energiekonzern ENI hat seine Konzessionen dank der Vermittlung der Regierung um weitere 30 Jahre verlängert und Schürfrechte für die gesamte libysche Wüste erhalten. Unsere großen Baufirmen haben die Zusage einer Beteiligung an wichtigen Infrastrukturmaßnahmen in Libyen erhalten."

    Der italienische Energiekonzern ENI hat ähnliche Interessen auch in Nigeria oder in Benin, Herkunftsländer vieler "Boat People" Richtung Italien. Mit seiner umstrittenen Immigrationspolitik findet Berlusconi weithin Zustimmung bei den italienischen Bürgern. Die Angst vor Ausländern wird geschürt und hat deshalb zugenommen. Durch die Krise hat in gleichem Masse die Gastfreundschaft Italiens gegenüber Hungerleidern aus Dritte-Welt-Ländern abgenommen. Beliebter als Berlusconi ist nur Staatspräsident Giorgio Napolitano, dessen mahnende Worte allerdings ungehört verhallen:

    "Wir haben die Pflicht auch im Hinblick auf eine künftige europäische Immigrationspolitik Partnerschaften mit den afrikanischen Ländern zu entwickeln, die die Ursachen der tiefen Armut in diesen Ländern beseitigen helfen."

    Italiens reichster Mann hat diesen Rat bereits in die Tat umgesetzt. Silvio Berlusconi ist Teilhaber an "Nessma TV" mit Sitz in Tunesien, einem Satellitenprogramm, das in ganz Nordafrika ausgestrahlt wird. Und er wurde prompt von Redaktion seines arabischen Senders zu einem abendfüllenden Interview ins Studio nach Tunis eingeladen, wo er begeisterten Zuspruch für seine offene Wesensart fand:

    "Die Italiener sind ja selbst in der Vergangenheit emigriert . Und das macht es uns zur Pflicht, uns heute jenen, die nach Italien wollen, mit offenem Herzen zuzuwenden. Und den Menschen, die nach Italien kommen wollen, Arbeit zu geben, ein Dach über dem Kopf, die Möglichkeit, ihre Kinder in die Schule zu schicken, Wohlstand und volle Gesundheitsversorgung in allen unseren Krankenhäusern je nach ihren Bedürfnissen zu garantieren. Das ist die Politik meiner Regierung."

    Berlusconi hat übrigens einen stillen Teilhaber in seinem neuen, nordafrikanischen Medienimperium "Nessma": Es ist kein geringerer als Muammar El Gadaffi.