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Silicon Saxony
Mikroelektronik "Made in Germany"

Die USA und Asien gelten als Vorreiter der weltweiten Halbleiter-Industrie. Deshalb kamen Zweifel auf, als nach der Wiedervereinigung Sachsen konsequent auf Chips setzte und ein "Silicon Saxony“ schuf. Jetzt wird der Mikroelektronikhersteller Infineon Dresden 20 Jahre alt. Dies lässt eine Erfolgsgeschichte vermuten.

Von Nadine Lindner | 04.06.2014
    Ein Smartphone in einer Hand
    Nahezu in jedem Smartphone und Auto ist Mikroelektronik aus Sachsen verbaut. (dpa/picture alliance/Rainer Jensen)
    Nehmen Sie mal ihr Handy – oder denken Sie an ihr Auto. Dann steckt in einem von beiden sehr wahrscheinlich ein kleines Stück Dresden. Denn jeder zweite Chip, der in Europa produziert wird, kommt aus Dresden. Die Stadt an der Elbe gilt neben dem französischen Grenoble als der europäische Produktionsstandort für Mikroelektronik.
    "In jedem Auto stecken mehr als 25 Produkte von Infineon. Angefangen vom Airbag, bis zu elektronischen Bremse."
    Erklärt Pantelis Haidas, Geschäftsführer Infineon Dresden. Auf Leistungshalbleiter haben sie sich hier im zwanzigsten Jahr des Bestehens mittlerweile spezialisiert.
    Rückblick: Ein Beitrag des MDR aus dem Jahr 1994:
    "Für Siemens ist es die größte Ansiedlung im Osten..."
    Am 6. Juni 1994 fiel der Startschuss für ein Mikroelektronik-Werk. Damals noch für Siemens. – Später wurde daraus Infineon.
    Es ist kein Zufall, dass es diese Industrien ausgerechnet nach Dresden zog, erklärt Michael Scholles, der am Fraunhofer Institut für Photonische Systeme für Mikroelektronik zuständig ist.
    "Dresden war eben auch zur Zeit der DDR das Zentrum der Halbleiterindustrien."
    Die Ansiedlung der Mikroelektronik galt als eines der Leuchtturm-Projekte in Sachsen. Nach der Wiedervereinigung konzentrierte man sich unter Kurt Biedenkopf auf bestimmte Zentren, die das ganze Land mitziehen sollten. Die Chip-Industrie in Dresden war das Vorzeige-Projekt, 1,7 Milliarden Euro investierte das Land im Laufe der Jahre.
    "Sicherlich haben hier auch förderpolitische der damaligen Landesregierung ne Rolle gespielt. Eben die Ansiedlung tatkräftig zu unterstützen."
    Heute ist "Silicon Saxony", wie die Chipindustrie auch genannt wird, prägend für die Dresdner Wirtschaft. Am nördlichen Stadtrand, in der Nähe des Flughafens hat sie sich konzentriert: Der größte Arbeitgeber ist Globalfoundries mit 3.700 Jobs. Bei Infineon sind es 2.000. Hinzu kommen zahlreiche Zulieferfirmen und Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer Institut, an dem Michael Scholles arbeitet. Insgesamt beschäftigt die Halbleiter-Industrie 25.000 Menschen.
    Die Schatten der deutschen Chip-Industrie
    Aber es gibt auch dunkle Schatten auf dieser Geschichte – viele werden sich noch an die Pleite von Qimonda erinnern. Damals wurde die Mikroelektronik in Dresden fast totgesagt. Der Chip-Hersteller war im Jahr 2009 Pleite gegangen, über 2.000 Menschen verloren ihre Arbeit.
    Mittlerweile laufen die Geschäfte wieder besser und so haben sich im Netzwerk Silicon Saxony 300 Betriebe zusammengeschlossen. Sie profitieren von der Hochschul- und Forschungslandschaft vor Ort. Auch die Branchenmesse "Semicon" findet hier statt. Das Geburtstagskind Infineon – blickt optimistisch in die Zukunft und die neue Produktion auf dem 300-Milimeter-Standard:
    "Dort werden wir in Zukunft Produkte produzieren, die die Bereiche Energieeffizienz beeinflussen werden. Für Elektroautos für Solar- und Windanlagen, für Elektrobatterien."
    Dresden müsse nun seine Spezialität weiter fördern: Chips, die auch Sensoren tragen, und damit mehr Funktionen erfüllen könnten. Doch trotz aller Euphorie bleibt es ein volatiles Geschäft, wie die Insolvenz von Qimonda gezeigt hat. Und so spielt auch heute die staatliche Förderung eine große Rolle: erst im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommissarin Neelie Kroes versprochen, Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden Euro anschieben zu wollen. Wie viel davon in Dresden ankommt, steht noch nicht fest.