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Sinkender Milchpreis
Die Not der sächsischen Milchbauern

Die Lage der Milchbauern ist in einigen Gebieten Sachsen dramatisch. Noch vor fünf Jahren wurden die Milcherzeuger von der Politik ermutigt und mit Fördergeldern bei Investitionen unterstützt. Nun ist der Milchpreis so verfallen, dass sogar die ersten großen Betriebe überlegen aufzugeben, und die kleinen auf der Kippe stehen. Besonders gravierend ist die Lage im kargen Erzgebirge.

Von Alexandra Gerlach | 14.04.2016
    Milchkühe stehen am 24.08.2015 in einem Stall in Hohenwestedt (Schleswig-Holstein).
    Die deutschen Bauern protestieren gegen den Preisverfall bei der Milch. (picture-alliance / dpa / Markus Scholz)
    "Na, wie es jetzt aussieht, können wir so nicht weiter existieren, also noch ein Viertel- oder halbes Jahr können wir überbrücken, aber dann, dass man Kredit nimmt, dass wir es überbrücken können oder dass wir aufhören. So ist jetzt die Situation."
    Mirko Hänel, Milchviehbauer in Rübenau im Erzgebirge, muss sich Gedanken über seine Zukunft machen. Dass ihm das nahe geht, das ist nicht zu übersehen. Der Zettel in seiner Hand zittert, während er spricht:
    "Die Überlegung ist schon gefallen, also am Ende, aufhören oder nicht. Aber man hat dann immer wieder gehofft und immer wieder weitergemacht, und dann fahren wir noch den Winterdienst, damit konnten wir es auch ein wenig überbrücken. Und wenn es dann wirklich so weit kommt, da muss ich dann alle entlassen, die Arbeiter, die Tiere alle wegschaffen und Betrieb zumachen."
    Es wird höchste Zeit für einen Wandel Mirko Hänels Hof. Sein Familienbetrieb mit 165 Hektar Ackerfläche- und Grünland sowie 100 Milchkühen und 90 Jungtieren steht auf der Kippe. Seine Familie sowie drei Vollzeit – und zwei Teilzeitbeschäftigte ringen tagtäglich um die Existenz. Zum Interview hat der freundliche Mann, mit landtypisch frischen Wangen, einen DIN-A4-Zettel mit allen Fakten mitgebracht.
    "Wir haben 2012 noch investiert, haben 360.000 Euro in einen neuen Güllebehälter und Stallklimaverbesserung investiert, und haben 50 Prozent gefördert gekriegt, aber das reicht zum Kredit Abzahlen gerade jetzt noch, aber wenn es so weiter geht, geht es dann nicht mehr."
    Produktionskosten senken oder neuen Kredit aufnehmen
    Da nicht absehbar ist, wann der Milchpreis von derzeit 22, 24 Cent pro Kilogramm Milch wieder steigen wird und angesichts der Tatsache, dass die Liquidität des Familienbetriebes durch die täglichen Verluste immer mehr gefährdet wird, hat Bauer Hänel nur wenige Möglichkeiten: Entweder muss er seine Produktionskosten weiter senken oder einen neuen Kredit beantragen. Doch genau das will er nicht:
    "Immer mehr Schulden machen, immer mehr Schulden und es geht nicht weiter dann, das bringt ja überhaupt nichts."
    Das Beispiel von Mirko Hänel lässt sich bundesweit auf zahllose kleine Milchviehbetriebe übertragen. Gerade die kleinen Einheiten haben kaum Möglichkeiten, die im weltweiten Vergleich hohen deutschen Produktionskosten auszugleichen. Somit steht für viele von ihnen womöglich schon bald eine bittere Entscheidung an.
    Die aktuelle Milchkrise sei omnipräsent im Erzgebirge, sagt der Versicherungsagent Michael Rudolph, der als FDP-Mann zugleich stellvertretender Bürgermeister von Pfaffroda ist.
    "Dadurch dass ich für die Raiffeisen- und Volksbanken arbeite und für die R+V-Versicherung, hast Du das natürlich jeden Tag. Jeden Früh triffst Du das bei den Kunden, jeden Nachmittag triffst Du das im Ort und jeden Abend sitzt Du in irgendeiner Versammlung, ob das jetzt Gemeinderat ist oder Kreistag, wo Du das Thema auch wieder hast. Die Leute, die sind nicht unzufrieden, die fühlen sich einfach im Stich gelassen. Wenn jetzt nicht innerhalb von Monaten etwas passiert, stirbt hier ein Berufszweig aus!"
    Anhaltender Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte
    Derzeit ist die allgemeine Stimmung trüb. Der anhaltende Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte wie Milch, Getreide und Schweinefleisch hat manchen Bauernhof in den vergangenen Monaten und Wochen so in Bedrängnis gebracht, dass nicht wenige ans Aufhören denken. Und das, obwohl sie erst vor wenigen Jahren umfangreiche Investitionen auf ihren Höfen und in ihren Ställen vorgenommen haben. Der Kommunalpolitiker Rudolph macht sich Sorgen:
    "Was machen wir mit den offenen Krediten, wenn jetzt wirklich ein Betriebssterben einsetzt? Was machen wir mit den Leuten, was machen wir mit der Landwirtschaft, was machen wir mit den verbundenen Unternehmen? Es wird eine Dominokette einsetzen, von der wir uns schlecht erholen. Heute können wir mit Millionen was bewirken, wenn alles schief geht, brauchen wir Milliarden und haben wieder irgendetwas künstlich erhalten."
    Die derzeitige Gemütslage in der Region, so warnt der umtriebige Kommunalpolitiker eindringlich, drohe zu einer Gefährdung für die Demokratie zu werden. Wenn es nicht gelinge, den aktuellen Trend in der Landwirtschaft zu stoppen und die Perspektiven für die bäuerlichen Betriebe zu verbessern, spiele man den Parteien am rechten Rand scharenweise neue Wähler zu. Allein im Wirtschaftsjahr 2014/2015 haben nicht nur die Milchbauern Ertragseinbußen von 30 bis 35 Prozent verbuchen müssen. Und ein Preisaufschwung ist nicht in Sicht. Die Politik müsse handeln, sagt der Liberale Rudolph:
    "Die Meinung: 'Wir machen, was wir können!' ist einfach zu wenig! Die Leute machen sicher, was sie können, aber es ist zu wenig! Und wenn die demokratischen Regeln nicht mehr ziehen, suchen sich die Bürger neue!"
    Engagiert versucht Rudolph, sich und den Milchviehbauern der Region politisches Gehör zu verschaffen. Er hat einen Bauernstammtisch organisiert und Landtagsabgeordnete eingeladen, sich im persönlichen Gespräch mit den Betroffenen ein Bild von der desolaten Ertragslage und den daraus drohenden Folgen zu machen.
    Nicht nur kleine Betriebe sind betroffen
    Im Unterschied zu früheren Milchpreiskrisen sind dieses Mal eben nicht nur die kleinen, unrentablen Betriebe betroffen. Auch für die großen Milcherzeuger wird die Luft langsam dünn. Die Erzgebirgische Agrargenossenschaft Forchheim beispielsweise, mit ihren 860 Hektar Land und 800 Milchkühen sowie eigener Nachzucht muss sich zunehmend Gedanken machen, wie es weitergehen soll. Die Verluste häufen sich und halten an. Rund 40 Mitarbeiter stehen im Verbund mit einem benachbarten Betrieb in Lohn und Brot, davon allein 14 im Kuhstall. Bernd Helbig, 59 Jahre alt und von Kindesbeinen an mit der Landwirtschaft vertraut, ist einer von insgesamt drei Geschäftsführern der Agrargenossenschaft Forchheim:
    "Eigentlich sind wir schon in der Situation, dass man schon mit Banken sprechen muss, um etwas zwischen zu finanzieren. Aus eigener Kraft ist es dann schon nicht mehr lösbar."
    Dabei sah die Lage vor gut sieben Jahren noch ganz anders aus. Damals, gleichfalls mit einer Milchpreiskrise im Nacken, galt es, staatlich gefördert die Betriebsgrößen fit zu machen für den internationalen Wettbewerb. Investitionen in effiziente wie auch tiergerechte Produktionsstätten standen hoch im Kurs und wurden zielgerichtet von der Politik unterstützt. Auch in Forchheim habe man sich nach sorgfältiger Abwägung aller Risiken dazu entschieden, die Milchwirtschaft nicht aufzugeben, sondern auszubauen, sagt Geschäftsführer Bernd Helbig und macht im Rückblick folgende Rechnung auf:
    "Wir haben also gerechnet vor sieben Jahren, sehr vorsichtig, mit 32 Cent im Durchschnittsjahrespreis, wir hatten Milchpreise beim Umbau von 36 und 38 Cent."
    Bis zu 60 Prozent Förderung gab es seinerzeit von der EU für investive Ausgaben im Tierbereich, weitere 30 Prozent vom Land für technische Ausrüstung dazu.
    "Und es war eigentlich auch die Entwicklung so abzusehen, dass der Bedarf an Lebensmitteln weiter steigt, die Bevölkerung wächst. Das waren unsere Grundlagen."
    Diese Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Stattdessen sind seit geraumer Zeit "Angebot und Nachfrage" nicht mehr im Gleichgewicht, wie der Verband der Deutschen Milchindustrie kürzlich bilanzierte. Die Nachfrage stockt auf einigen wichtigen internationalen Märkten für Agrargüter und Milchprodukte. Die Gründe dafür sind vielfältig. Immer wieder genannt worden das Importembargo Russlands in Folge der EU-Sanktionen gegen das Land, eine schwache Konjunktur wichtiger Handelspartner, wie etwa China sowie fehlende Kaufkraft aufgrund gefallener Ölpreise.
    Für kommende Monate wird eine schwierige Marktlage erwartet
    Der Milchindustrie-Verband sieht auch für 2016 keinen Lichtstreif am Horizont, sondern erwartet für die kommenden Monate in Europa eine eher schwierige Marktlage für die Milchbauern. Zum einen, weil nicht zu erwarten ist, dass es zu einer Verminderung der produzierten Milchmenge kommen wird. Zum anderen, weil global agierende Konkurrenten, wie die USA und Neuseeland mit ihren Milchprodukten den Wettbewerbsdruck weiter erhöhen bei niedrigeren Produktionskosten. Ein Faktor, der den deutschen Milchbauern schon länger zu schaffen macht.
    Landwirt Dr. Hartwig Kübler, der seit 1991 in der Lommatzscher Pflege nahe Meißen ansässig ist, hat dieses Dilemma früh erkannt und sich bereits vor einiger Zeit - nach 15 Jahren Milchviehwirtschaft - von seinen Milchkühen getrennt:
    "Das Problem ist, dass man im Milchmarkt eben auch daran denken muss, dass man marktkonform produzieren muss, und wenn man wie wir in Deutschland, davon abhängig ist, dass die Produkte ins Ausland verkauft werden, dann ist man von diesen Märkten abhängig. Und man muss sich darüber im Klaren sein, dass man mit Ländern auf der Welt konkurriert, die wesentlich kostengünstiger produzieren können. Man braucht nur Neuseeland zu nehmen oder auch Irland, wo im Prinzip Stallhaltung weitestgehend gar nicht gefragt ist und dann die Tiere einfach ganzjährig auf die Weide gehen und schon von der Seite her schon viel günstigere Produktionsvoraussetzungen da sind."
    Selbst in den Jahren, als die Brüsseler Milchquotenregelung noch galt, sei es immer wieder zu heftigen Preisabschwüngen beim Milchpreis gekommen, sagt Kübler. Überschüssige Milchmengen drückten auf den Preis und:
    "Die Erfahrung hat damals schon gezeigt, dass diese sehr starken Schwankungen dazu führen werden, dass wir immer eine Quersubventionierung vornehmen müssen, das heißt, den relativ kurzen Phasen, in denen wir ausreichende Milchpreise bekommen haben, sind immer längere Phasen gefolgt, in denen die Preise einfach nicht kostendeckend waren."
    Biogas als neue Einnahmequelle
    Heute übernimmt der Kübler‘sche Betrieb die Aufzucht von rund 400 jungen Färsen für benachbarte Milchviehbetriebe. Daneben hat sich der Landwirt mit seiner Frau, einer gleichfalls promovierten Agrar-Ingenieurin auf das Betreiben zweier Biogasanlagen konzentriert. Die jungen Rinder sowie Feldfrüchte aus eigenem Anbau liefern genügend Rohstoff für die Anlagen.
    Auch in der Agrargenossenschaft Forchheim im Erzgebirge setzt man auf Biogas. Doch längst reicht der Ertrag nicht mehr aus, um die Verluste aus der Milchwirtschaft zu kompensieren. Den Neubau und die Modernisierung der alten LPG-Stallanlage sowie den Neubau der Biogas-Anlage hat Gunar Lantzsch geplant. Der studierte Landwirt arbeitet in Nossen seit 2002 mit zwei weiteren Kollegen als Unternehmensberater für Milchviehbetriebe in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. In der Agrargenossenschaft Forchheim ist er zudem beteiligt und sitzt mit im Vorstand. Die andauernde Milchpreiskrise beobachtet der Unternehmensberater Lantzsch somit auch als direkt betroffener Unternehmer mit wachsender Sorge:
    "Kurz- und mittelfristig gibt es keine andere Lösung, als dass man Finanzierungswege sucht, um durchzukommen. Oder halt, wenn diese Krise noch viel länger geht, dann muss man irgendwann einstellen. Es ist nur für hier, in der Situation gar nicht so leicht möglich, oder für alle Betriebe, die investiert haben, weil wir insgesamt sechs Millionen Euro investiert haben, das sind also "versunkene Kosten" , also wir können nicht einfach die Milchproduktion einstellen, schon aus dem Grund. Und so geht es vielen Bauern, das sind ganz langfristige Entscheidungen, die man da trifft, also die Kredite werden in der Regel für 15 oder 20 Jahre ausgereicht."
    Forderung nach garantiertem Grundpreis für den Liter Milch
    Wurden also vor sieben Jahren die Weichen falsch gestellt? War die Krise absehbar? Sind das Milchpreisdebakel und das sich anbahnende Höfesterben hausgemacht? Auch in diesen Fragen gehen die Meinungen unter den Landwirten weit auseinander. Während die einen frühzeitig ihr Milchvieh abgeschafft haben, verteidigen andere ihre Investitionsentscheidung mit Verweis darauf, dass die Politik seinerzeit alles getan habe, um die Milchviehbauern zu ermuntern, trotz der angekündigten Aufhebung der Milchquotenregelung weiter in Produktionssteigerung und Effizienz sowie in das Tierwohl zu investieren. Darauf beruft sich auch der Landwirt und Mitgeschäftsführer des Betriebsverbundes der Agrargenossenschaft Forchheim, Wolfgang Hoffmeister. Er beklagt die politisch motivierten Fehlanreize der Förderpolitik:
    "Und in der Vergangenheit, in den letzten zehn Jahren, das darf man nicht verkennen, hat die sächsische Investitionspolitik und auch die Politik der Molkereien immer darauf hin gearbeitet, "produziert Milch, investiert in die Milch!". Dass aber die Bedingungen für die Zukunft eine Halbwertszeit von zwei Jahren gehabt haben, das hat keiner dazu gesagt und nun reden sich alle raus und sagen, der Markt wird es richten. Ja, was soll er denn richten? Den Bauern hinrichten?"
    Wolfgang Hoffmeister fordert einen garantierten Grundpreis für den Liter Milch, notfalls staatlich verordnet und gestützt. Anders sei ein auskömmliches Wirtschaften für Bauern in schwierigen, sogenannten benachteiligten Gebieten bundesweit nicht möglich. Im kargen Erzgebirge jedenfalls sei die Milchviehhaltung alternativlos, sagt auch Agrar-Unternehmensberater Gunar Lantzsch:
    "Wenn man irgendwo Milch produziert, dann hier, weil der Marktfruchtbau, also Getreidebau, Rapsbau problematisch ist durch die Höhenlage, kurze Vegetationszeit, aber hier gute Niederschläge vorhanden sind, also Gras wächst. Also Gras ist das einzige, was hier wirklich gut funktioniert im Erzgebirge, und das heißt, da gibt es eigentlich nur die Alternative Milchproduktion. Und deswegen haben wir darauf gesetzt."
    Für Hartwig Kübler, den Landwirt aus der Lommatzscher Pflege ist das dennoch kein Argument für einen staatlich festgesetzten Garantiepreis für den Liter Milch.
    "Diese Zeiten hatten wir alle schon. Wir wissen, dass vor der Wende im Westen ja durchaus ein Mindestpreis garantiert war. Das hat zu Milchseen, zu Butterbergen und allem geführt, das ist garantiert nicht zukunftsweisend. Und wir haben auch jetzt gemerkt, wenn man einen Preis nimmt, der kostendeckend ist oder sogar einen gewissen Gewinn verspricht, dann wird produziert werden auf Teufel komm raus. Und dann haben wir das nächste Problem: Wer soll das bezahlen?"
    Kühe lassen sich nicht einfach abstellen
    Doch einfach so aufhören können die Milchbauern auch nicht. Zum einen lassen sich die Kühe nicht einfach so abstellen, zum zweiten würde eine massive Abschaffung von Milchkühen zwangsläufig zu schweren Einbrüchen im Fleischpreisbereich führen. Das Dilemma ist vielschichtig. Und die Politik hat noch keine Antwort auf die aktuellen Herausforderungen. Das musste Sachsens Umwelt- und Landwirtschaftsminister, Thomas Schmidt, zugeben, als er kürzlich im vollbesetzen Festsaal eines Gasthofes im Meißener Land zu den Mitgliedern des Sächsischen Rinderzuchtverbandes sprach. Im Gepäck hatte er die Zusage der EU für ein 420 Millionen Euro schweres Hilfsprogramm. Daraus erhalten Deutschlands Milchvieh- und Schweinehaltungsbetriebe knapp 70 Millionen Euro als Zuschuss zu Liquiditätsdarlehen. Dass das keine Jubelnachricht für die angespannten Bauern ist, kann der Minister während seines Vortrags in den Gesichtern der Rinderzüchter lesen:
    "Wie Sie wissen. Bei der Vielzahl der Betriebe ist das allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein."
    Doch welcher Weg führt aus der Krise? Ein Brennpunkt-Thema auch für die Agrarminister-Konferenz in dieser Woche. Neben den internationalen Turbulenzen auf dem Milchmarkt und der Preis-Macht der vier, fünf Großen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels, haben die Erzeuger den Kunden ausgemacht. Dieser müsse wieder lernen, dass Qualität auch ihren Preis habe, sagt dieser Bauer in der Diskussion mit dem Minister:
    "Wir haben in Deutschland die Geiz-ist-geil-Mentalität, das wird suggeriert und es ist letztendlich so, dass durch diese Sache, auf dieser Basis letzten Endes hochwertige Lebensmittel verramscht werden. Und das kann eigentlich auf die Dauer nicht gehen."
    Kampf gegen die Geiz-ist-geil-Mentalität von Verbänden
    Das sehen auch die 18 Landesbauernverbände so und haben sich dem Kampf gegen diese Mentalität verschrieben. Auf ihrem bundesweit durchgeführten Aktionstag im März dieses Jahres, legten sie bewusst den Fokus auf den Wert der Lebensmittel.
    Mit Slogans wie " Lebensmittel sind mehr wert", "Mindestlohn für Milchkühe" und "Niedrige Preise sind eine Schweinerei" ziehen die Verbände nun gegen die angeprangerte Geiz-ist-geil-Mentalität des Verbrauchers zu Felde. Unter anderem mit einem Multiple-Choice-Fragebogen, der an diesem Aktionstag dem Kunden sichtbar machen soll, wie wenig vom Verkaufspreis eines landwirtschaftlichen Produktes letztendlich beim Erzeuger landet. Jeweils drei Antworten stehen zur Wahl. Ein Selbstversuch:
    "Der Liter Vollmilch kostet an der Ladentheke momentan 59 Cent, wie hoch ist der Erlös dabei für den sächsischen Milchbauern? Also ich nehme an, sechs Cent?
    "Damit liegen Sie goldrichtig."
    "Ok, also 1,19 kostet ein Kilo Weizen-Mischbrot im Supermarkt. Wie viel erhält der Bauer für das darin enthaltene Getreide? Tja, das ist jetzt die Frage, 28 Cent würde ich sagen."
    "Das würden wir gerne nehmen, aber wir haben leider nur die 13. Genauso ist es!"
    Mit der Krise der Milchviehbauern droht massives Höfesterben
    Dass die Ertragslage der Bauern so schlecht ist, merken nicht nur die Handwerker in der Region, die derzeit deutlich weniger Aufträge verbuchen, auch der Landmaschinenhandel registriert drastische Umsatzrückgänge. Marcel Titze vom Agrartechnik Sachsen in Ebersbach konstatiert:
    "Sehr schleppend, also man merkt einfach, dass die Bauern zur Zeit sehr mit den Erzeugerpreisen zu knabbern haben, dadurch kein Geld verdienen und das wirkt sich natürlich auf diese gesamte Agri-Businesssparte aus. Der Druck auf uns wächst immer mehr und eigentlich seit letztem Jahr kann man sagen, dass die Verkaufszahlen bei uns fallen."
    Mit der Krise der Milchviehbauern drohen ein massives Höfesterben und der Abschied von einem Berufsbild. Und damit nicht genug: Die Menschen in der entlegenen Erzgebirgsregion um Pfaffroda, könnten empfänglich sein für die einfachen Lösungsvorschläge der Parteien am rechten Rand, fürchtet der FDP-Politiker Michael Rudolph. Wenn die Landespolitik in dieser Krise nicht gestalte, wende sich der Bürger ab, sagt der engagierte Kommunalpolitiker:
    "Die Leute haben keinen Zorn mehr, die haben keine Wut mehr, die sind einfach enttäuscht. Die nehmen nicht mehr teil. Wir müssen kurzfristig, schnell uns etwas einfallen lassen und da ist die Legislative gefragt. Da ist der Landtag gefragt, dort ist der Ministerpräsident gefragt. Punkt!"