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Smog über Griechenland

Die Luftverhältnisse in griechischen Großstädten haben sich deutlich verschlechtert. Eine Ursache dafür ist die Wirtschaftskrise. Denn inmitten der Rezession hat die Regierung den Heizölpreis angehoben. Die Bürger weichen auf günstigere, aber umweltschädlichere Heizmaterialien aus.

Von Marianthi Milona | 04.02.2013
    "Also wenn wir nicht aufgrund der Kälte sterben, dann sterben wir aufgrund der vergifteten Atmosphäre."

    Sagt mit ironischem Unterton Angeliki Hatzi, Studentin für Medienwissenschaften an der Uni von Thessaloniki. Seit Tagen ist es für alle Stadtbewohner sichtbar. Ein dichter Nebelmantel hängt wie eine seidene Glocke über der Hafenstadt Thessaloniki. Das Atmen ist kaum noch möglich. Überall riecht es nach verbrannter Holzkohle. Die meisten Fenster in den Vierteln bleiben geschlossen. Ein älterer Mitbewohner, der an Asthma leidet, erklärt.

    "Jeder heizt nur noch mit Holz. Die offenen Kamine in den Häusern, die seit Jahren nicht mehr benutzt wurden, brennen jetzt unentwegt. Meine Kleidung riecht, als käme ich aus einer verrauchten Kneipe. Täglich brennen mir die Augen. Das Atmen fällt mir schwer. Vor allem abends. Was ich sagen will ist: Es war ein Fehler der Regierung, den Preis des Heizöls so in die Höhe zu treiben. Damit helfen sie weder der Bevölkerung noch der Wirtschaft des Landes."

    Seit Jahren versucht Griechenlands Regierung, den Schwarzhandel um das Heizöl zu bekämpfen. Das subventionierte Heizöl wurde vielerorts einfach als Treibstoff verwendet. Der Staatskasse gingen damit viele Millionen Euro verloren. Doch inmitten der größten Rezession halten viele griechische Bürger die Entscheidung, den Heizölpreis anzuheben, für einen enormen Regierungsfehler. Das Resultat: Es wird kaum Heizöl gekauft. Die Bürger weichen auf andere günstigere und umweltschädliche Heizmaterialien aus und verpesten damit um ein Vielfaches die Atmosphäre. Toula Terpenli wohnt im Zentrum Thessalonikis und beschreibt was sich vor ihrer Haustür abspielt.

    "Bei uns wird vor den Müllcontainern alles abgestellt. In den vergangenen Tagen bemerkte ich, dass die Holzkisten, alte Stühle und Tische, Fensterläden und Balkontüren, die für den Sperrmüll gedacht waren, auf einmal verschwunden waren. Es wird also nicht reines Holz verbrannt, sondern die Menschen verwenden alles zum Brennen, was ihnen unter die Finger kommt."

    Die dramatischen Luftverhältnisse von Thessaloniki gelten im Augenblick für alle griechischen Städte. Von dem täglich erlaubten Wert 50 Mikrogramm pro Kubikmeter an Luftverschmutzung kann längst nicht mehr die Rede sein. Alle drei Tage hat Kostas Fitianos, Umweltwissenschaftler an der Uni in Thessaloniki, Werte von über 300 Mikrogramm pro Kubikmeter für Athen und Thessaloniki gemessen.

    "Dieser Zustand artet zum Dauerzustand zu werten. Wir fühlen uns hilflos und wissen nicht mehr, was wir machen sollen. Die Regierung muss schleunigst etwas dagegen unternehmen. Die Zustände sind wirklich dramatisch. Es können nicht nur Maßnahmen ergriffen werden, die dem verschuldeten Staat Geldeinnahmen versprechen, damit die EU-Erwartungen erfüllt werden. Sonst sind wir am Ende in dem unangenehmen Zustand sagen zu müssen: Operation gelungen, Patient tot!"