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SMS an die Bank

Seit Jahren wünschen sich Handynutzer eines: Dass sie mit dem Handy unterwegs schnell und einfach bezahlen können. Die Mobilfunkbetreiber jedoch hat dieser Kundenwunsch bisher nicht interessiert. Jetzt aber wittern die ersten doch ein Geschäft mit mobilen Bezahlverfahren.

Von Thomas Reintjes |
    Studien über das Bezahlen mit dem Handy gibt es eigentlich genug. Eine weitere hat jetzt der Internetverband Eco vorgelegt. Ergebnis der Expertenbefragung: Das Handy wird in Zukunft zu einem ganz alltäglichen Zahlungsmittel. Vor allem für Beträge von wenigen Cent bis etwa 50 Euro soll das Handy eingesetzt werden. Nur: niemand wollte ein solches System bisher einführen – weder die Banken, noch die Mobilfunkbetreiber. Ein eigens eingerichteter runder Tisch mit allen Beteiligten ist gescheitert. Umso größer sind die Hoffnungen, die die Branche in die jetzt vorgestellten Lösungen setzt. T-Mobile möchte das Bezahlen an Automaten vereinfachen und auch Vodafone und O2 haben angekündigt, noch in diesem Frühjahr ein neues Bezahlverfahren zu starten. Das Kooperationsprojekt scheint einen sehr pragmatischen Ansatz zu verfolgen: Zum einen ist es schon eine kleine Sensation, dass zwei Anbieter gemeinsam ein Zahlungssystem starten und dieses sogar für Kunden anderer Anbieter öffnen. Zum anderen setzen sie dabei auf etablierte Elemente – eine Kombination aus Lastschriftverfahren und SMS.

    "Beides ist bei vielen Kunden im Einsatz. Zu beiden hat der Kunde sehr viel Vertrauen. Und wir denken, es ist nicht an der Zeit, hier eine hoch entwickelte WAP-Applikation aufs Handy zu laden, wo nur sehr wenige Kunden mit umgehen können, sondern wir möchten eine Lösung in den Markt bringen, die von vornherein bei einer großen Kundschaft Akzeptanz hat."

    Sagt Jochen Bornemann von Vodafone D2. Um tatsächlich eine große Kundschaft zu gewinnen, greifen die Mobilfunker zu einem Trick: Die größte Hürde für ein neues Zahlungssystem ist die Anmeldung dazu. Kunden von Vodafone und O2 können sich diesen Schritt sparen.

    "Die Kunden, wenn wir von den Vertragskunden sprechen, sind schon registriert bei uns. Das heißt, dort liegen schon die Bankverbindungsdaten und Kundendaten sicher vor. Die Kunden vertrauen ihrem Mobilfunkanbieter und deswegen denken wir, wenn wir eine eigene Lösung an den Start bringen, wo auf diese Daten auch im Hintergrund zugegriffen werden kann, um Zahlungen sicher abzuwickeln, wird das der Faktor sein, der dem System zum Durchbruch verhilft."

    Die Daten, auf die im Hintergrund zugegriffen wird, sind aber nicht nur die Bankverbindungsdaten und vielleicht das Alter des Kunden. Die Anbieter stellen auch fest, wie zahlungskräftig der Kunde ist. Wer also in der Vergangenheit nachlässig beim Bezahlen der Handyrechnung war, dem machen Vodafone und O2 beim Online-Einkauf womöglich einen Strich durch die Rechnung. An die Händler, versichert Bornemann, würden aber keinerlei Daten über den Kunden weitergegeben. Im Einzelnen läuft das Verfahren so ab: In einem Internetshop gibt der Kunde seine Handynummer und ein Passwort ein. Daraufhin bekommt er eine SMS mit Informationen über die Zahlung. Schickt er eine SMS zurück, wird das Geld per Lastschrift vom Girokonto abgebucht. So richtig mobil ist das System also nicht. Es ist ein System für Internetshops, nicht für den bequemen Einkauf im Supermarkt oder den Kauf einer Fahrkarte. Weil das Verfahren aber keine sensiblen persönlichen Daten abfragt, glauben Branchenexperten, dass es den Internethandel beflügeln könnte. Deutsche Kunden geben anscheinend lieber ihre Handynummer in ein Internetformular ein als die Bankverbindung oder die Kreditkartennummer. Echtes Bezahlen mit dem Handy sieht aber anders aus. Key Pousttchi, Mobile-Payment-Experte von der Universität Augsburg:

    "Im Prinzip müssen Sie nur ein Problem lösen: Der Kunde möchte immer und überall einfach und sicher bezahlen können mit dem Mobiltelefon. Dann müssen Sie eben tatsächlich ins Kaufhaus gehen können, sich ins Taxi setzen können, Sie müssen im Internet shoppen können, Sie müssen mobile Dienste nutzen können und alles mit demselben Bezahlverfahren abwickeln. Wenn Sie mobile Technologie wirklich nutzen wollen, dann muss es das berühmte "Beep – und das war's" sein. So funktioniert das in Hongkong in der U-Bahn und so muss das auch in Deutschland in der Straßenbahn funktionieren."

    Das allerdings wäre ein großer Schritt mit einem riesigen Investitionsaufwand. Denn was Pousttchi vorschwebt, ist das Bezahlen mit einem speziellen Funkchip, der in das Handy eingebaut ist. Near-Field-Communication ist der Fachbegriff. Handys mit NFC gibt es bereits, allerdings noch mit Kinderkrankheiten. Und ob der Handel sich darauf einlässt, die entsprechenden Lesegeräte anzuschaffen, ist offen.