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Snowden will in Russland bleiben - zunächst

Das Rätselraten um den Verbleib von Edward Snowden hat vorerst ein Ende: Der Ex-NSA-Agent hatte Menschenrechtler und Juristen in den Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo geladen, und erklärt, dass er in Russland Asyl beantragen wolle. Die Chancen für eine Bewilligung stehen nicht schlecht.

Von Gesine Dornblüth | 13.07.2013
    Etwa 45 Minuten dauerte Edward Snowdens Treffen mit den Menschenrechtlern und Juristen im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo. Er hatte gebeten, keine Bilder zu machen, aus Sicherheitsgründen, dennoch tauchte bald darauf ein wackeliges Handyvideo auf. Es gelangte prompt ins russische Staatsfernsehen.

    Stehend, in einem kahlen Raum, gerahmt von einer Juristin und einer Dolmetscherin, verlas Snowden zunächst eine Erklärung. Einige Regierungen in Westeuropa hätten gezeigt, dass sie bereit sein, ihn gesetzeswidrig an der Reise nach Lateinamerika zu hindern, sagte er. Deshalb beantrage er nun Asyl in Russland. Dort wolle er solange bleiben, bis er sicher weiterreisen könne.

    Präsident Putin hatte Snowden bereits Anfang Juli Asyl in Russland angeboten, jedoch unter der Bedingung, dass er, so wörtlich, den amerikanischen Partnern und den russisch-amerikanischen Beziehungen künftig keinen Schaden mehr zufüge. Snowden ließ sich nun darauf ein. Der Dumaabgeordnete Vjatscheslaw Nikonow von der Regierungspartei Einiges Russland, auch er Teilnehmer des Treffens am Flughafen:

    "Snowden sagte, es falle ihm sehr leicht, diese Bedingung zu erfüllen. Er habe nämlich überhaupt nicht die Absicht, den Interessen der USA zu schaden, wenn, dann sei das in der Vergangenheit geschehen, er sei aber sowieso ein gesetzestreuer Bürger, habe im Interesse der Bürger der USA gehandelt und sei ein Patriot."

    Putins Sprecher Dmitrij Peskow erklärte anschließend, die Bedingungen blieben dieselben wie von Putin vor knapp zwei Wochen erklärt. Nun sprechen sich immer mehr russische Politiker dafür aus, Snowden aufzunehmen. Zum Beispiel Sergej Naryschkin, Vorsitzender der Staatsduma:

    "Edward Snowden ist ein Menschenrechtler, er tritt für die Rechte vieler Millionen Menschen auf der ganzen Welt ein. Die USA verhängen die Todesstrafe, und das Risiko, das Edward Snowden in den USA zum Tode verurteilt wird, ist sehr hoch. Wir haben nicht das Recht, das zuzulassen. Deshalb muss Russland Snowden politisches Asyl oder eine vorübergehende Zuflucht gewähren. Unsere Gesetzgebung kennt beides."

    Edward Snowden wird zunächst im Transitbereich von Scheremetjewo bleiben. Er schläft dort in einem Hotel. Er fühle sich dort verhältnismäßig wohl, berichteten Teilnehmer. Bei seinem Auftritt äußerte Snowden Respekt für Russland, Venezuela, Bolivien, Nicaragua und Ecuador, weil sie gegen Menschenrechtsverletzungen eingetreten seien. Er dankte den politischen Führern dieser Staaten. Das geht aus dem Redetext hervor, den die Internetplattform Wikileas veröffentlicht hat. Für den Kreml ist Snowdens Auftritt ein PR-Geschenk sondergleichen. Russland steht international in der Kritik, weil es Menschenrechte verletzt. Diese Woche hatte das Urteil gegen den toten Anwalt Sergej Magntiskij für erheblichen Protest auch aus den USA gesorgt. Die Verfolgung Snowdens in den USA und die Weigerung der westeuropäischen Staaten, ihn aufzunehmen, ist für die russischen Politiker – und nicht nur für sie – ein Beleg dafür, dass es um die Rechtsstaatlichkeit im Westen eben auch nicht besonders gut steht.

    Experten gehen davon aus, dass sich das Verhältnis zwischen Russland und den USA weiter verschlechtert, wenn Snowden Asyl in Russland erhält. Dazu der Parlamentsvorsitzende Sergej Naryschkin:

    "Wir würden es sehr begrüßen, wenn sich die Sache nicht negativ auf unsere Beziehungen zu den USA auswirkt. Wir setzen darauf, dass unsere amerikanischen Partner unseren Schritt als einen Akt der Humanität verstehen."

    Ein Regierungssprecher in Washington teilte bereits mit, die USA bestünden weiter auf der Auslieferung Snowdens. Politisches Asyl in Moskau sei nicht mit der russischen Versicherung vereinbar, keine Verschlechterung der Beziehungen zu den USA zu wollen.