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Söder: Private Investoren müssen an Zypern-Hilfe beteiligt werden

Grund für die Finanzprobleme Zyperns sei nicht die weltweite Krise, sondern private Investorengeschäfte, sagt Markus Söder (CSU). Der bayerische Finanzminister ergänzt, dass bei der Finanzhilfe für das EU-Land daher auch die Investoren beteiligt werden müssten.

Markus Söder im Gespräch mit Bettina Klein | 15.03.2013
    Bettina Klein: Seit vergangenem Sommer etwa ist ein wenig Ruhe eingekehrt an der Euro-Baustelle, unter anderem dank der umstrittenen EZB-Entscheidung, Staatsanleihen aufzukaufen. Die größten Schwierigkeiten schienen gemeistert, aber die Ruhe könnte trügerisch sein. Die Zukunft Italiens ist dank der politischen Krise dort seit den Wahlen ungewisser denn je. Wie das Rettungspaket für Zypern aussehen soll, auch das ist noch nicht klar. Zudem die Frage nach den wirtschaftlichen Folgen der Sparpolitik, die auf die Tagesordnung zurückkehren. Wie viel sparen, sodass es die Konjunktur nicht abwürgt, ist seit den Euro-Rettungsbemühungen Thema. Doch die unerwünschten Auswirkungen zeigen sich derzeit offenbar deutlicher.
    Mitgehört hat Markus Söder (CSU), Finanzminister in Bayern. Ich grüße Sie, Herr Söder!

    Markus Söder: Guten Morgen, grüß Gott.

    Klein: Wachstum und Konsolidierung, haben wir gerade von der Bundeskanzlerin gehört, sind keine Gegensätze. Stimmt, könnte man sagen: das ist so ähnlich wie mit Freiheit und Verantwortung, die von Politikern auch immer gerne als Begriffspaar verwendet werden, die sich gegenseitig bedingen. Interessant wird es dann immer, wenn es um die Frage geht, wie soll das im Detail gehen. Ist Ihnen klar, wohin die Wage sich im Augenblick neigen muss, wenn wir über mehr oder weniger Sparen reden in Europa?

    Söder: Na ja, das ist nicht irgendwie beides gleichzeitig, sondern das eine ist Voraussetzung für das andere. Konsolidierung ist immer die Voraussetzung für Wachstum, denn wenn sie alle Schuldenprogramme nur machen, auch Konjunkturprogramme auf Pump, die verpuffen am Ende und führen eher zu einer höheren Belastung der Wirtschaft. Entscheidend ist, denselben Prozess zu machen wie Deutschland. Wir haben ja beides jetzt auf den Weg gebracht: Konsolidierung, aber sie müssen dazu Sozialreformen wie eine Agenda 2010 machen. Im Grunde genommen - das gilt jetzt für Frankreich wie für alle anderen Staaten - ist die mangelnde Flexibilität am Arbeitsmarkt, die schlechte Entwicklung der Bürokratie zum Teil, diese Fragen, soziale Sicherungssysteme, die nicht reformiert werden, die sind eigentlich die Voraussetzung dafür, dass dann das Geld, das jetzt zur Verfügung steht, sagen wir durch Wachstumsmaßnahmen, erst wirken kann.

    Klein: Agenda 2010 auch für alle anderen europäischen Staaten, schlagen Sie vor. Haben Sie den Eindruck, dass die Kanzlerin da entschieden genug genau das einfordert im Augenblick?

    Söder: Ja klar! Ohne die Kanzlerin hätte es ja schon lange andere Situationen gegeben. Man denke mal daran, es wäre beispielsweise Peer Steinbrück oder jemand anders von der SPD Kanzler; dann hätten wir im letzten Jahr bereits Eurobonds beschlossen und Deutschland hätte sich sozusagen verschuldet bis zum Sankt Nimmerleinstag für die anderen Staaten. Oder man würde den Vorschlag von Martin Schulz einfach umsetzen; der heißt, einfach nur mehr Geld geben, Sparziele lockern, ohne gleichzeitig die Reformen einzufordern. Dass es Fiskalpakt gibt, dass es den Druck auf Reformen gibt, dass es den Druck auf die Wettbewerbsfähigkeit gibt, das liegt nur an Deutschland und der Kanzlerin.

    Klein: Nur gleichzeitig, Herr Söder, sehen wir ja auch die Auswirkungen, die unerwünschten oder negativen Auswirkungen dieser Sparpolitik in bestimmten europäischen Ländern. Dennoch sagen Sie, weiter so wie bisher und im Zweifel auch mit dem Kopf gegen die Wand?

    Söder: Na ja, das Problem ist, dass zwar versucht wird zu sparen, weil man die Gelder aus den europäischen Rettungsschirmen dringend braucht, parallel dazu aber der Prozess der Veränderung, der Wettbewerbsfähigkeit zu wenig angegangen wird. Natürlich ist Sparen das eine, aber es braucht in der Tat eben diesen Agenda-Prozess, um soziale Sicherungssysteme zu verändern. Ein Beispiel: Wenn in Frankreich überlegt wird zu sparen, gleichzeitig aber das Renteneintrittsalter gesenkt wird, dann erhöht das natürlich nicht unbedingt die Wettbewerbsfähigkeit bei einer sich älter entwickelnden Gesellschaft. Also es braucht beides zusammen, nur alles zusammen kann erfolgreich sein. Eines von beiden jeweils allein wird nicht funktionieren.

    Klein: Ein konkreter Punkt, der auf der Tagesordnung vermutlich noch bleiben wird, auch nach diesem EU-Gipfel: das geplante Rettungspaket für Zypern. Eine Detailfrage dabei ist ja: sollen die privaten Investoren mit ins Boot geholt werden. Muss die Bundesregierung genau darauf dringen?

    Söder: Sie tut das ja. Deswegen hat es ja noch keine schnelle Lösung gegeben. Also auch hier an der Stelle ein ausdrückliches Lob für Wolfgang Schäuble. Ohne ihn hätte es auch diesen längeren Prozess nicht gegeben. Man hat am Anfang von 17 Milliarden geredet, auf das Drängen von Deutschland jetzt geht man ja schon runter. Unser Korrespondent hat ja gerade berichtet, auf zehn, elf Milliarden, also die Summe wird weniger. Der Staat selber, Zypern, macht mehr, beteiligt sich mehr, also auch an eigenen Reformen, was die Geldwäsche betrifft. Ja und diese privaten Investoren sind natürlich auch wichtig, denn das Problem in Zypern ist ja nicht eine weltweite Krise, bei der Zypern ein Problem hätte, oder so eine Art Situation wie in Spanien, eine lokale Immobilienblase, sondern da geht es ja offenkundig auch um private Investorengeschäfte und die sollten auch beteiligt werden.

    Klein: Herr Söder, in Zukunft heißt es, bei Entscheidungen zum Euro möglicherweise noch mehr aufpassen, denn die im Bundestag vertretenen Parteien könnten es ab April mit einer neuen Konkurrentin zu tun bekommen, die sich dann gründen will. "Alternative für Deutschland" heißt das Projekt. Kurz wird sie von vielen "Anti-Europa-Partei" genannt. Bekannte Vertreter der Diskussion rund um den Euro werden dazu gehören wie etwa der Wirtschaftsprofessor Joachim Starbatty. Hat sich die CSU da eigentlich schon eine Strategie ausgedacht, wie sie sich dagegen abgrenzt?

    Söder: Für uns ist das immer ganz klar. Wir sagen Ja zum Euro. Und es ist ja offenkundig: Ohne die Einbindung Europas hätte Deutschland ein Riesenproblem. Ohne die Einbindung in den Euro würde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, der deutschen Arbeitnehmer ja gar nicht zur Geltung kommen. Ich muss sagen, der Vorteil des Euro liegt bei uns nicht einfach darin, dass wir ihn haben, sondern weil wir zum Teil fleißiger und effektiver und produktiver sind, nutzt uns der Euro. Jetzt da einfach dagegen zu sein, ist viel zu plump.
    Man muss sich schon anstrengen, so wie wir es versuchen, immer wieder Ideen einzubringen, in diesem Prozess mitzuarbeiten. Wer glaubt, dass man in Europa und auch in der EU etwas erreicht, indem man einfach nur Nein sagt, der stellt sich ins Abseits. Man muss mitmachen mit klugen und auch konsequenten Ideen.

    Klein: Aber die CSU hat natürlich auch oft und teilweise auch öfter und nachdrücklicher als andere Parteien ihre Skepsis bezüglich der Entscheidungen zur Eurorettung ausgedrückt, hat rote Linien vorgegeben, die dann aber wiederum überschritten, weil sie dann eben doch bestimmte Entscheidungen mitgetragen hat.

    Dass heißt, die Argumente der Bürger dagegen sind ja offenbar nicht ernst genug genommen worden, sonst hätte eine solche Partei überhaupt gar keine Chance und überhaupt keinen Zulauf.

    Söder: Ich glaube auch nicht, dass diese Partei eine große Chance hat. Ich glaube auch nicht, dass diese Partei einen großen Zulauf hat. Wir haben ja erlebt, was mit neuen Parteien passieren kann, wenn sie dann gezwungen sind, sich einmal wirklich zu überlegen, was sie wollen, siehe der Piraten.
    Ich bin ja selber jemand, der die Dinge schon sehr ernst nimmt und der nicht einfach nach Brüssel fährt oder nach Europa und sagt, hier habt ihr unser Geld, macht damit was ihr wollt. Aber gerade diese Bundesregierung tut ja genau das zu verhindern, und deswegen glaube ich, dass man, wenn man wirklich überlegt, wie man Deutschland stark in Europa positionieren kann, und wenn man überlegt, wer achtet wirklich auf das Geld der Deutschen, dann ist das die Union.

    Klein: Die CSU befindet sich nicht nur im Bundestagswahlkampf, sondern auch im Wahlkampf für Bayern. Heißt für Sie also die Devise, auf keinen Fall mehr Populismus, sondern eher weniger?

    Söder: Die entscheidende Frage ist doch, das Volk mitzunehmen. Es gibt einfach Akzeptanzprobleme der Entscheidungen der EU. Jetzt hat man zwei Möglichkeiten. Das ist wie immer. Wenn ein Zug fährt und die Leute rennen hinterher. Die einen sagen, fahren wir vielleicht ein bisschen langsamer und nehmen alle mit; manch andere meinen, das Tempo zu beschleunigen, damit am Ende alle alleine stehen. Ich glaube, es ist entscheidend, dass man alle mitnimmt an der Stelle, und das ist genau der Prozess, den wir wollen: ein klares Ja zu Europa, aber auch ein Ja zu weiteren Reformen, ein Ja zur Bürgernähe, und es muss nicht jede Entscheidung in Brüssel getroffen werden, die wir in München, Berlin, Köln oder Düsseldorf genauso treffen können.

    Klein: Noch mal zu diesem möglichen Projekt. Unions-Fraktionschef Volker Kauder hat sich dazu bereits geäußert. Er sagte, diese Alternative für Deutschland, so soll der Name sein, könnte sehr wohl zu einer Gefahr für CDU, CSU und FDP werden, denn sie dürfte vor allen Dingen Wähler im bürgerlichen und konservativen Lager ansprechen. Also Sie müssen sich doch eine Strategie dabei überlegen.

    Söder: Die haben wir ja schon. Gäbe es zum Beispiel die CSU nicht, hätten wir gerade bei Griechenland, bei Zypern, bei all diesen Fragen, bei Eurobonds - wir drängen ja immer da auf eine sehr klare Haltung. Und diese klare Haltung hat sich ja gezeigt. Sonst hätte es Eurobonds gegeben, sonst wäre vonseiten, gerade wenn Sie die SPD sehen - - Denken Sie einmal daran: Gabriel, Steinbrück, Steinmeier fuhren nach Paris und haben bei Hollande dafür geworben, gegen Deutschland, gegen die deutsche Position Schulden von anderen zu übernehmen. Das kann nicht sein. Also ich glaube, wenn es einen Gralshüter gibt von Stabilitätspolitik, dann ist das die Union.

    Klein: Und Sie fürchten nicht, wie Politikwissenschaftler im Augenblick schon, dass wir es gerade in diesem Wahlkampf eben auch mit einer Verrohung der politischen Kultur zu tun bekommen?

    Söder: Also wenn ich täglich erlebe, was in Bayern die SPD und die Grünen so alles gegen die Union sagen, dann, finde ich, ist das der Tiefpunkt der Verrohung.

    Klein: Und Sie nehmen sich da aus?

    Söder: Immer!

    Klein: Markus Söder (CSU), bayerischer Finanzminister, heute Morgen im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Herzlichen Dank für das Gespräch, einen schönen Tag noch.

    Söder: Danke Ihnen auch - auf Wiederhören.

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