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Sommer 2014
Meteorologen sehen in Wetter-Extremen Anzeichen für Klimawandel

Der Sommer 2014 brachte nicht durchgehend gutes Wetter, immer wieder gab es Extreme wie Stürme und viel Regen. Aber war es ein besonders guter oder schlechter Sommer? Der Deutsche Wetterdienst hat ihn verglichen mit Sommern früherer Jahre - und ist zu einem ambivalenten Ergebnis gekommen.

Von Dieter Nürnberger | 15.09.2014
    Leser mit E-Book-Reader im Park
    Der Sommer 2014 entsprach zumindest von der deutschen Durchschnittstemperatur her einem langjährigen Mittelwert. (picture alliance / Wolfram Steinberg)
    War das Sommerwetter nun klimabedingt oder nicht? Das ist auch für Klimaforscher und Meteorologen keine einfache Frage. Und ein wenig hatte man heute Vormittag auch den Eindruck, dass das Deutsche Klimakonsortium und der DWD, der Deutsche Wetterdienst also, genau aus diesem Grund vor die Presse getreten sind - und wahrscheinlich würde die Antwort der Experten auf die Frage jetzt "Jein" lauten.
    Schauen wir uns den Sommer 2014 genauer an, dann entspricht er zumindest von der deutschen Durchschnittstemperatur her einem langjährigen Mittelwert. 17,1 Grad Celsius wurden gemessen, das reiht sich somit ein. Bei der Niederschlagsmenge gab es ein Plus um 15 Prozent und bei der Sonnenscheindauer eine Zunahme von 5,5 Prozent. Wie gesagt, das sind Durchschnittswerte für Gesamtdeutschland. Allerdings sticht dann ein Monat doch deutlich heraus - das ist der Juli, der war dann nämlich eher extrem. Paul Becker, der Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes:
    "Wenn man von den Mittelwerten spricht, dann hat man eher das Gefühl, dass dies eher langweilig ist. Wenn wir uns aber gerade den Juli angucken, dann haben wir es mit einer ganzen Reihe von extremen Ereignissen zu tun - die auch schmerzhaft für viele Betroffene waren. Wir hatten extreme Niederschläge, häufig mit Gewittern verbunden - oft nur ganz kurzfristige Ereignisse, aber mit sehr hohen Niederschlägen und auch recht starken Windböen."
    Der zehntnasseste Juli seit 1881
    Und so kam es dann eben, dass vor allem im Westen relativ oft die Keller vollliefen, während andernorts, oft auch nur wenige Kilometer entfernt, ein normaler Sommertag herrschte. Allerdings war der Juli 2014 in Gänze der siebtwärmste und auch der zehntnasseste seit 1881 in Deutschland.
    Die Experten stellen sich nun die Frage, sind vielleicht nicht doch solche Extremmonate auch ein Anzeichen für die klimatischen Veränderungen, die für Deutschland oder Mitteleuropa prognostiziert werden. Wetterdienst-Experte Paul Becker:
    "Es geht immer zick-zack-weise nach oben und unten bei den Temperaturen und auch den Niederschlagsmengen. Also: Aus Sicht der Klimatologen ist da ein Jahr kein Jahr. Auf der anderen Seite: Diese extremen Niederschlagsereignisse passen schon auch in die Diskussion: Denn wir rechnen ja damit, dass diese extremen Situationen zunehmen werden. Und zwar, dass die extremsten Ereignisse auch die höchsten Steigerungsraten haben werden. Insofern passt das dann schon in das Bild."
    Zunehmend schwülwarme Luft
    Als im Wesentlichen verantwortlich für diesen Sommer der Gegensätze machen die Experten vor allem das sogenannte Tief Mitteleuropa. Das sind vor allem schwülwarme Luftmassen, die sich aus der Mittelmeer-Region speisen und dann über Deutschland hinwegziehen. Mit teils unwetterartigen Gewittern. Und auffällig war auch, dass die gemessenen Taupunkte im Bereich der höchsten bisher gemessenen Werte hierzulande lagen. An einem Taupunkt beträgt die relative Luftfeuchtigkeit 100 Prozent. Hier geht es also um extrem feuchte, schwülwarme Luft - und die scheint zuzunehmen in Deutschland.
    Durch den Klimawandel bedingt, erwartet der Deutsche Wetterdienst langfristig folgendes Szenario oder folgende Veränderungen für die hiesigen Regionen:
    "Klimatologisch - also über einen längeren Zeitraum gesehen - erkennen wir eher ein Austrocknen im Sommer und Frühjahr - zumindest in den östlichen Bundesländern. Im Westen tut sich dagegen nicht sehr viel - eher mehr Niederschläge, im Jahresmittel bleibt es hier aber ausgeglichen. Dieses wird aber durch sehr kleinräumige Ereignisse überlagert werden."
    "Wenn ich also in einem Ort sitze, wo ich drei- oder viermal im Monat solche Extreme habe, dann wird das Empfinden völlig auf den Kopf stellen."
    Soweit Paul Becker vom DWD, der auch im Vorstand des Deutschen Klimakonsortiums sitzt.