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Sommerserie: Dialekte in Deutschland
Hip-Hop op Kölsch

Für ihn ist es ein "Bekenntnis zur Heimat": Seit 20 Jahren ist der Kölner Musiker Def Benski Mitglied der Hip-Hop-Crew Die Firma. Doch seit Kurzem geht er neue Wege. Der Rapper hat Kölsch für sich entdeckt - auch wenn das erst einmal ungewohnt war.

Von Moritz Küpper | 14.07.2016
    Der Kölner Dom
    Ob "Kölsche Jung" oder "Viva Colonia" - Lieder über Köln auf Kölsch gibt es unzählige. (Koelnmesse)
    Es ist eines dieser klassischen Musikvideos:
    "Der Countdown läuft. Eine neue Epoche bricht an, wir schreiten voran, und mit uns der Forschungsdrang ... "
    "Das neue Jahrtausend" heißt der Song, in dem die Hip-Hop-Formation Die Firma zusammen, also featuring, wie es so schön heißt, mit Gentlemen, einem Star der deutschen Branche, rappt. Hände fliegen durch das Bild, die Jungs tragen schwarze Lederjacken, im Hintergrund spielt ein Streich-Orchester.
    Coole Jungs, cooler Rap. Im deutschen Hip-Hop ist Die Firma durchaus ein Begriff, vor gut 20 Jahren gegründet, brachten die zuletzt drei Mitglieder sieben Alben heraus – alle auf Deutsch. "Das neue Jahrtausend" ist einer ihrer bekanntesten Songs.
    Immer dabei: Ben Hartung.
    "Also, mein Name ist Def Benski, das ist mein Künstlername, geboren 1972, bin seit `88 aktiv im Rap, verschiedene Crews durchlaufen."
    Hartung, also Benski, sitzt in einem Keller-Studio in Köln-Poll. In der deutschen Hip-Hop-Szene ist der Mann durchaus ein Begriff. Doch wenn Benski, klassische Schlapper-Hose, T-Shirt, Baseball-Kappe, jetzt hier, in Köln-Poll, ins Studio geht, klingen die Töne anders, weicher, irgendwie – kölsch:
    "Isch wör schon fast jenseits von Eden. Adios, Amore, Goodbye. Dat Jlück von der Welt kütt zu jedem, an mir jing et einfach vorbei. Da kamst du, ja du."
    Benski versucht sich an "Katrin", einem Klassiker der Kölner Band "Bläck Fööss".
    "Oh, oh Katrin, ich hab misch verlore, verlore an disch. Oh, oh, Katrin, isch binne jebore, nur jebore durch disch. Ich will niemals im Leeve, ohne dich mi sin."
    Kölsch statt Hip-Hop
    Ein Hip-Hopper als kölscher Sänger, für Benski – nach all den Jahren als Rapper – ein neuer Weg, sich auszuprobieren:
    "Ich finde halt diese kölsche Sprache, diese Melodie in der Sprache, was man halt darüber vermitteln kann und wie man es vermittelt, finde ich sehr schön und wäre schade, wenn das halt irgendwann nicht mehr wäre und so versuche ich, ein wenig Brauchtumspflege zu absolvieren und das kölsche Sprechen an sich, dat passiert dann immer nach drei Kölsch, oder vier."
    Am Beginn seiner Rapper-Karriere war dies eher nicht vorstellbar:
    "Ich glaub, ich hätte mich nicht getraut. Das Sprechen, das hört man ja selber, ist tendenziell mehr hochdeutsch. Dann hört man doch mehr das sch und das sch. Aber als ich angefangen habe mit dem Rappen mit 17, 18, da käme mir das nie in den Sinn. Also, wenn mir einer gesagt hätte Kölsch, dann so: Kann ich nicht."
    Kölsch studieren
    Denn Benskis Heimat, der heutige Kölner Stadtteil Porz, wurde erst Jahre nach seiner Geburt eingemeindet. Benski wuchs hochdeutsch auf, doch vor einigen Jahren änderte sich das, näherte sich Benski dem Kölner Dialekt:
    "Hab aber dann die Sprache für mich entdeckt, als ich mit meinem Vater die Akademie för uns kölsche Sproch besucht habe. Wir haben vier Semester absolviert."
    Die "Akademie för uns kölsche Sproch" ist Bestandteil der Kulturstiftung der Stadtsparkasse Köln, 1983 gegründet. Eigentlich, könnte man meinen, muss man sich in Köln wenig Sorgen um die Sprache machen: Denn alleine der Karneval sorgt dafür, dass Session für Session immer zahlreiche neue Lieder op Kölsch erscheinen. Und auch die bundesweit bekannte Band Brings hat eigens ein Lied dafür geschrieben:
    "Deutsch-Unterricht, dat wor nix för mich, denn ming Sprooch die jof et do nit, sprech ödentlich, hät de Mam jesaht".
    Bekenntnis zur Heimat
    Solche Lieder sind Klassiker, doch ein Rapper auf Kölsch eher ungewöhnlich, weiß auch Benski:
    "Es ist vielleicht dann auch tatsächlich dann auch mein Bekenntnis zu meiner Heimat, zu meiner Area. Und tatsächlich mein Alter: Ich bin jetzt 43, die Rap-Musik, wir machen zwar noch ein Firma-Album irgendwann ist es aber so, also es fühlt sich für mich so an: Man wächst raus."
    Im Jahr 2012 produzierte Benski dann – zusammen mit zwei Freunden – den Rap-Song "Kölle":
    "Et is wie et is, un et kütt wie et kütt, su es dat in Colooon: KÖLLE!"
    Bei den Aufnahmen im Keller-Studio muss Benski immer wieder neu ansetzen, irgendwie ist die Stimme zu rau, Spätfolgen eines Auftritts am Wochenende. Doch Benski, der einst als Versicherungsmakler arbeitete und sich nun als Sozial-Arbeiter um Jugendliche kümmert, dabei seinen Status als Rap-Star als Zugang nutzt, sieht sich als Kölsch-Botschafter. Zwar ständen bei den Jugendlichen eher der Deutsch-Rap im Vordergrund, doch ...
    "Vielleicht ist das so für mich zukünftig so ein kleiner Auftrag, dass ich die Sprache Kölsch den Jugendlichen mal ein bisschen näherbringe."