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Sondereinsatz durch die Spezialistentruppe

Die GSG 9 ist die polizeiliche Eingreiftruppe, wenn es brenzlig wird. In den letzten 40 Jahren wurde ihr Aufgabengebiet immer mehr ausgeweitet, was auch zu Schwierigkeiten führte, wie etwa beim gescheiterten Piraterieeinsatz in Somalia. Die Politik diskutiert so zum Jubiläum den generellen organisatorischen Rahmen.

Von Wolf-Sören Treusch | 25.09.2012
    Polizei! Hände hoch! Geh durch, geh durch! ... Ganz ruhig!

    Zwei Männer mit schwarzen Sturmhauben schmettern eine 16 Kilogramm schwere Ramme gegen die massive Tür, Holz splittert, ein Wandspiegel im Flur geht zu Bruch. Ein Spezialeinsatzkommando der GSG 9 stürmt die Wohnung eines verdächtigen islamistischen Terroristen, die schusssicheren Helmvisiere sind heruntergeklappt, die Waffen im Anschlag. Schnell und routiniert durchsuchen die Beamten die Wohnung, mit grellen Taschenlampen leuchten sie jeden Winkel aus.

    Einfach in Ruhe abtasten! Nach Waffen durchsuchen! Sie sind jetzt ruhig und warten, was wir sagen!

    Der Kampf der GSG 9 gegen Terror und schwerste Gewaltkriminalität ist zumeist ein Kampf im Stillen. Geheimhaltung gehört zum Grundprinzip. Wann ihre Präzisionsschützen, Fallschirmjäger und Taucher tätig werden, erfährt die Öffentlichkeit erst nach einem Einsatz. Wenn überhaupt. Filmaufnahmen gibt es so gut wie keine – sie könnten potenziellen Gegnern taktische Tipps geben. Dennoch tauchen im Internet immer wieder Videos von Sondereinsätzen auf, darunter sogar Originalaufnahmen der GSG 9 selbst.

    Sie sind jetzt ruhig und warten, was wir sagen!

    "Die GSG 9 ist in Einsätzen in aller Regel die Einheit, die die Tür aufbricht im wahrsten Sinne des Wortes."

    "Spiegel"-Redakteur Holger Stark:

    "Die auch mal einen Hund erschießt, wie unlängst in Hannover bei einem Einsatz gegen den Hells-Angels-Chef. Die aber gleichzeitig erstaunlich wenig von der Schusswaffe Gebrauch macht. Die also in aller Regel versucht, mit überraschenden Zügen den Gegenüber zu paralysieren und nicht, ihn glattweg niederzuschießen. Der optimale Einsatz ist ein möglichst smarter mit möglichst wenig Gegenwehr."

    Mehr als 1.700 Mal rückte die Truppe in den 40 Jahren ihres Bestehens aus. In letzter Zeit sind vor allem Einsätze gegen Rockerbanden, Mafiakiller und extremistische Gruppierungen aus dem rechtsradikalen und islamistischen Umfeld bekannt geworden. Die GSG 9, erzählt Kommandeur Olaf Lindner, werde immer dann gerufen, wenn Bundeskriminalamt, Bundeszollbehörde oder die Polizeidienststellen der Länder an ihre Grenzen stießen.

    "Die GSG 9 hat so viele Einsätze in den letzten Jahren gehabt wie noch nie zuvor. Wir können uns über mangelnde Einsatzauslastung nicht beklagen, im Gegenteil: Ich muss eher aufpassen als Verantwortlicher für die GSG 9, dass wir noch all die Felder, in denen wir gefordert sind, professionell trainieren können. Die Einsatzlage lässt uns nicht voll umfänglich Zeit dazu."

    Das Kürzel "GSG 9" steht für "Grenzschutzgruppe 9". Als sie vor 40 Jahren gegründet wurde, war sie die neunte Einheit des Bundesgrenzschutzes. Der wurde 2005 in Bundespolizei umbenannt, die Truppe behielt ihr Kürzel. Sie hatte in der somalischen Hauptstadt Mogadischu Weltruf erlangt. Rückblick: Am 5. September 1972 überfallen palästinensische Terroristen das Olympische Dorf in München. Der Versuch, die Geiseln zu befreien, endet in der Katastrophe – 17 Menschen sterben. Als Reaktion auf den chaotischen Einsatz der Polizei wird drei Wochen später die GSG 9 gegründet.

    "Für uns war der Ausgang von München die schrecklichste Geschichte überhaupt. Für mich war das mehr als ein Trauma. Weil ich das alles miterlebt hatte, ich habe damals zu Minister Genscher gesagt: So etwas darf in Deutschland nicht noch mal passieren."

    Ulrich Wegener, damals Verbindungsoffizier im Büro von Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher, baut die neue Truppe auf. Nicht irgendeine Büroeinheit, eine Kampftruppe will er haben. Deshalb lässt er sich von israelischen Militärs im Antiterrorkampf ausbilden. Fünf Jahre später folgt die Bewährungsprobe. 28 Männer der GSG 9 stürmen am 18. Oktober 1977 in Mogadischu die Lufthansa-Maschine "Landshut" und befreien alle 90 Geiseln. Der Einsatz dauert genau sieben Minuten und geht in die Geschichte der Bundesrepublik ein.

    "Man konnte Verletzungen oder irgendwelche Geschichten, die möglicherweise zum Tod einer Geisel oder eines Mannes von mir geführt hätten, nicht ausschließen, ist keine Frage. Dazu ist die Geschichte zu gefährlich gewesen. Aber ich war hundertprozentig überzeugt, dass das klappen würde. Weil meine Leute eben hundertprozentig geübt waren, eine Flugzeugtür war für sie doch lächerlich. Das kannten die aus dem Effeff."

    Über Nacht wird die GSG 9 zur Legende, die Beamten zu den "Helden von Mogadischu". Rolf Tophoven, Leiter des Instituts für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik:

    "Viele erfuhren erst durch den Zugriff in Mogadischu, dass es eine solche Einheit überhaupt gab. Und es wurde in glänzender Weise bestätigt, was die GSG 9, und ich behaupte, bis heute eigentlich am besten durchführen kann. Was eine Art GSG-9-spezifische Domäne ist: nämlich der Sturm eines von Terroristen gekaperten Flugzeuges."

    Und "Spiegel"-Redakteur Holger Stark ergänzt:

    "Der Einsatz der GSG 9 in Mogadischu 1977 ist natürlich ein absolut einzigartiger, außergewöhnlicher Einsatz gewesen, der bis heute sich in die Platine einer ganzen Generation eingebrannt hat."

    1993 bekommt der Mythos von den unbesiegbaren Helden kräftige Kratzer. Am 27. Juni will eine Hundertschaft von Polizisten, darunter auch 37 GSG-9-Beamte, die beiden RAF-Terroristen Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams verhaften. Im Bahnhof von Bad Kleinen kommt es zu einer wilden Schießerei. Grams tötet den GSG 9-Beamten Michael Newrzella, anschließend sich selbst.

    "Das ist ein Einsatz gewesen, der von Anfang bis Ende nicht gut geplant war, eigentlich genauso war, wie er nicht sein sollte. Es gab keine schusssicheren Westen, der Einsatz ist zu früh durch einen Funkbefehl ausgelöst worden. Am Ende hat er zwei Menschenleben gekostet, was tragisch ist. Er hat aber der GSG 9 vor allem massiv an Reputation gekostet. Dazu hat sicherlich auch die öffentliche Diskussion beigetragen, wo die GSG 9 als Killertruppe dastand und dass es so nicht sein darf."

    "Es gibt immer einen Rest, den man nicht planen kann. 100 Prozent kann man einen Einsatz nie planen, da haben sie völlig recht."

    GSG-9-Kommandeur Olaf Lindner.

    "Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass die GSG 9 damals vor der Auflösung stand. Sie stand im Zentrum öffentlicher Kritik. Heute wissen wir, das ist ja nun belegt, hinreichend unberechtigter Kritik. Dazu gibt es inzwischen Rechtsgutachten, die das eindeutig belegen. Und diejenigen, die damals unwahre Behauptungen angestellt haben, die dann leider auch sofort abgedruckt worden sind, die haben sich inzwischen von dem damals Berichteten persönlich distanziert und sich sogar dafür entschuldigt."

    Für einige der Beamten, die damals dabei waren, kommen die Rechtsgutachten und Entschuldigungen jedoch zu spät. Sie sind bis heute traumatisiert.

    "Das Problem für viele GSG-9-Leute ist, dass es ihnen verboten ist, auch mit ihren engsten Angehörigen ihre Einsätze zu teilen. Das heißt, es ist nur klar, dass sie weggehen, sie möglicherweise ins Ausland gehen oder auf eine besonders heikle Mission. Es ist selten klar, wohin es geht. Und es ist ihnen auch nicht erlaubt, über die Risiken des Einsatzes zu sprechen, weder davor noch danach, wie kompliziert das teilweise ist. Und dass es eben auch nur begrenzt gut funktioniert, hat der Tod von zwei GSG-9-Beamten im Irak, von Tobias Retterath und Herrn Hafenecker, gezeigt, wo danach die Familien zerbrochen sind, dass ihre Söhne nicht wiedergekommen sind."

    "Polizeivollzugsbeamter für besondere Verwendung": Das ist die offizielle Berufsbezeichnung eines GSG-9-Beamten. Für eine ganze Generation von Jugendlichen ist er zum Actionhelden geworden. Kilometerweit taucht er im trüben Meer, aus höchster Höhe seilt er sich vom Hubschrauber ab. Reichtümer erwirbt er sich damit nicht: Ein Polizeimeister, 23 Jahre, unverheiratet, verdient monatlich netto etwa 1.700 Euro. Eher streichelt er mit dem Job sein Ego. GSG-9-Beamte zählen zur absoluten Weltspitze der Elitepolizisten, für die meisten ist es ein besonderer "Thrill", am Limit zu arbeiten. GSG-9-Kommandeur Olaf Lindner sagt: Nur wer geistig und seelisch topfit ist, schafft den Sprung zur Truppe. Teamfähig sollte er sein, flexibel, intelligent und nicht einfach nur ein Haudrauf.

    "Ein Rambotyp hat selbstverständlich Fähigkeiten, die auch bei uns gefordert sind. Er braucht ein entsprechendes Durchsetzungsvermögen. Und er braucht auch ein gewisses Maß an physischer Ausbildung. Aber die anderen Attribute: Bescheidenheit, Zurückhaltung, dieses nicht in der Öffentlichkeit agieren, das sind Merkmale, die diesem Image doch entgegenstehen und die uns sehr wichtig sind."

    Ist ein Einsatz im Ausland geplant, muss die Politik ihr Okay geben. Das ist heutzutage sehr viel komplizierter als im "Deutschen Herbst" 1977 und kann leicht zur "Mission Impossible" werden. Beispiel: Am 4. April 2009 wird das deutsche Containerfrachtschiff "Hansa Stavanger" vor der somalischen Küste gekidnappt.

    "In den ersten 24/48 Stunden hätte es eine schnelle Gelegenheit gegeben, zuzugreifen. Eine deutsche Fregatte war in der Nähe der "Hansa Stavanger", die hätte eingreifen können. Aber die Bundeswehr braucht ein Bundestagsmandat für einen Eingriff, sodass die etwas skurrile Situation entstand, dass eine deutsche Fregatte brav parallel schipperte und die "Hansa Stavanger", die Piraten, die das Schiff übernommen hatten, de facto in ihren Heimathafen begleitete."

    Fünf deutsche Staatsbürger befinden sich als Geiseln auf dem Schiff. Außen- und Innenministerium sind sich einig: Diesmal soll kein Lösegeld gezahlt werden, diesmal soll die GSG 9 ran. Deutschland will ein Zeichen setzen. Ein Vorauskommando fliegt nach Mombasa in Kenia und wird in einer noblen Ferienanlage einquartiert. Die Elitepolizisten mieten eine komplette Etage, verkleben ihre Fenster mit dunklen Folien – und warten. Die Bundeswehr sieht sich logistisch nicht in der Lage, die sechs Spezialhubschrauber der GSG 9 nach Afrika zu bringen. Schnell kriegen Journalisten von der Aktion Wind und reisen nach Mombasa.

    "Ich stieg aus dem Flieger in ein Taxi und bat den Taxifahrer auf Englisch, dass er mir ein gutes Hotel empfehlen kann, wo ich unterkommen kann."

    Deutschlandradio-Korrespondent Peter Marx.

    "Und entweder war mein Englisch so schlecht oder mein Akzent so deutlich. Auf jeden Fall sprach er mich auf Deutsch zurück: Sind sie Deutscher? Und ich sage "ja". "Ach", sagt er, "dann gehören Sie auch zur GSG 9". "Wie kommen Sie denn auf die Idee"? Ja, das wisse hier jeder. Und es wäre ihm eine Freude, mich gleich in das Hotel, in dem die GSG 9 wohnte, hinzufahren. Und da war mir schon etwas komisch: Jeder Taxifahrer in Mombasa weiß darüber Bescheid, dass die GSG 9 hier ist. Und wenn man weiß, dass die Hälfte der Taxifahrer in Mombasa Somalis sind, konnte man sich relativ einfach vorstellen, dass es da auch Familiengespräche nach Hause gegeben hat. Mit diesen Hinweisen."

    Als die Hubschrauber und der Rest der Truppe endlich da sind, taucht das nächste Problem auf. Wer transportiert die GSG-9-Männer nach Haradere, ins Piratennest, dorthin, wo die "Hansa Stavanger" liegt? Die deutschen Fregatten nicht, es fehlt das Bundestagsmandat. Das Ganze ist noch immer eine Geheimoperation. Die US-Amerikaner helfen: Sie stellen ihren Hubschrauberträger "USS Boxer" zur Verfügung.

    "Es ist auf der "Boxer" geübt worden, trainiert worden, wo am Ende Olaf Lindner, der Kommandeur der GSG 9, der Meinung gewesen ist, ein Einsatz ist machbar. Es ist dann präzise durchgestoppt worden, wie lange das Spezialkommando brauchen würde, um die "Hansa Stavanger" zu erreichen, wie lange es dauern würde, das Schiff zu entern, an Bord sich durch die verschiedenen Decks zu kämpfen. Und Lindner kam zu dem Ergebnis, dass es eine Operation von wenigen Minuten sein könnte, und hätte den Einsatz gern durchgeführt."

    Zu einer komplett anderen Lagebeurteilung kommt man 6.000 Kilometer entfernt im Bundespolizeipräsidium in Potsdam, der vorgesetzten Behörde der GSG 9. Viel zu riskant, heißt es dort. Und rät von der Operation ab. Auch Außen- und Verteidigungsministerium machen einen Rückzieher. Am Ende ziehen die USA die Reißleine. Die GSG-9-Männer müssen die "USS Boxer" verlassen. Knapp vier Wochen nach der Entführung der "Hansa Stavanger" ziehen etwa 200 deutsche Elitepolizisten unverrichteter Dinge wieder ab. Sicherheitsexperte Rolf Tophoven.

    "Die GSG 9 hat sich nicht lächerlich gemacht. Ich glaube, das letzte Wort, woran es nun gelegen hat, liegt noch in Akten, die tragen das Siegel "geheim". Und Lindner ist kein Mann, der ein Hasardeur ist, der hat sicherlich gute Gründe gehabt, aus seiner Sicht die Lage so zu beurteilen und darzustellen."

    General a. D. Ulrich Wegener, Gründer der GSG 9 und einer der Helden von Mogadischu, kritisiert das Verfahren sehr viel deutlicher.

    "Sagen wir so. Die GSG 9 war vor Ort. War an Bord der "USS Boxer", hatte geübt, Lindner war überzeugt davon, dass es hundertprozentig klappen würde. Er hatte auch bei Nacht geübt. Und ich habe hinterher mit den Amerikanern gesprochen, mit dem Kommandanten der "Boxer". Der sagte, er war völlig fassungslos, dass die Deutschen das dann nicht durchgeführt haben. Die waren exzellent, die Jungens, sagt er. Und: Das hätte geklappt. Und das ist etwas, was ich der Führung der Bundespolizei vorgeworfen habe, dass sie sich eingemischt hat in ein Verfahren, das sie gar nichts angegangen ist. Was völlig blödsinnig war. Die konnten das gar nicht. Erstmal hatten die keinen Einblick in die Lage vor Ort und hatten auch keine Erfahrung mit der GSG 9. Das war völlig idiotisch, ich darf es mal so hart ausdrücken."

    Die Somalia-Pleite hat gezeigt: In der deutschen Sicherheitsarchitektur gibt es Lücken. Wer entscheidet letztlich, ob die GSG 9 im Ausland eingesetzt wird oder nicht? Das Kompetenzgerangel dreier Fachminister – Innen, Außen und Verteidigung – macht schnelle Entscheidungen in Extremsituationen fast unmöglich. Per Erlass versucht der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble 2009, das Verfahren an sich zu ziehen: Zukünftig, so verfügt er, werde allein in seiner Verwaltung über einen möglichen Einsatz der GSG 9 entschieden – auch im Ausland. Unverständnis bei der Opposition. Omid Nouripour, sicherheitspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

    "Gerade bei Auslandseinsätzen der GSG 9 ist eine alleinige Federführung beim Bundesinnenminister grottenfalsch. Weil jeder einzelne dieser Einsätze natürlich auch international und diplomatisch Implikationen mit sich bringt. Dafür braucht man mindestens das Auswärtige Amt. Das heißt: Ein jeder Einsatz von Deutschen mit Waffen in der Hand - und das ist nicht nur bei der Bundeswehr so - muss tatsächlich von der Bundesregierung getragen werden und nicht von einem Fachminister."

    Tatsächlich ist nun die Bundesregierung bestrebt, aus dem verpatzten Einsatz vor Somalias Küste Lehren zu ziehen. Gemeinsam arbeitet sie an einer neuen Anti-Kidnapper-Strategie. "Spiegel"-Redakteur Holger Stark.

    "Es gibt eine Absprache zwischen dem Innenministerium und dem Verteidigungsministerium, dass in solchen Fällen, gerade bei Geiselnahmen, die GSG 9 die allererste Wahl sein wird. Beispielsweise das Kommando Spezialkräfte, die Eliteeinheit der Bundeswehr, in solchen Fällen zurücksteht. Das heißt, die GSG 9 wird die Truppe sein, die weltweit gerufen werden wird, wenn es irgendwo brennt."

    Die Opposition sieht das längst nicht so eindeutig. Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag:

    "Es spricht viel dafür, dass man Synergien nutzt. Dass möglicherweise Gerätschaften gleich sind. Dass es auch gleiche Systeme gibt, gleiche Frequenzen. Ich habe auch kein Problem damit, wenn die KSK-Einrichtungen von GSG 9 zum Üben benutzt werden. Aber eine Vermischung der inneren und äußeren Aufgaben darf damit in keiner Weise verbunden sein. KSK hat im Inland nichts zu suchen. Und GSG 9 hat im kriegerischen Umfeld im Ausland nichts zu suchen."

    Eine Frage beschäftigt die Abgeordneten besonders: Wie viel Kooperation ist zwischen GSG 9 und dem Kommando Spezialkräfte, kurz KSK, möglich? Sowohl rechtlich gesehen - im Grundgesetz gibt es ein Trennungsgebot zwischen Polizei und Militär -, als auch menschlich gesehen: Es heißt, die Mitglieder der beiden Spezialeinheiten mögen sich nicht besonders.

    In einer Angelegenheit tun sich Bundespolizei und Bundeswehr seit diesem Sommer zusammen. Für Langstreckenflüge kooperieren beide mit der gleichen russischen Frachtfluggesellschaft. Ziel: Innerhalb von 48 Stunden soll die GSG 9 von Leipzig aus an jedem Einsatzort der Welt sein. Und mit ihr alles, was sie für den Einsatz braucht: Hubschrauber, Aufklärungsgeräte und moderne Kommunikationstechnik.

    Hände hoch! Polizei!

    Doch die GSG 9 hat nicht nur Freunde und Unterstützer. Pünktlich zum 40-jährigen Gründungsjubiläum hat die Bundestagsfraktion der Linken zwei kleine Anfragen an die Bundesregierung gestellt. Darin geht es unter anderem um die Aufrüstung der GSG 9 und die Finanzmittel, die insgesamt seit 1972 in die Truppe geflossen sind. Die Antwort der Bundesregierung war knapp und förmlich. Die Ausstattung der GSG 9 werde permanent an die einsatztaktischen Bedürfnisse angepasst, heißt es, für 2013 seien dafür 2,6 Millionen Euro eingeplant. Im Übrigen, so die Bundesregierung, äußere sie sich nicht weiter zu konkreten Fragestellungen in Bezug auf Einsatz und Ausstattung der GSG 9, nach sorgfältiger Abwägung, Zitat: "Zwischen dem Auskunfts- und Informationsrecht der Abgeordneten und dem Wohl des Bundes, das durch Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen gefährdet werden könnte". Zitat Ende. Geheimniskrämerei gehört nicht erst seit ihrer Gründung zur GSG 9 dazu. Sie ist Teil ihres Mythos.

    "Die GSG 9 ist heute ein wichtiger Teil des Sicherheitskonzepts der Bundesrepublik. Man kann sich nicht mehr vorstellen, dass es die GSG 9 nicht gibt. Ohne die GSG 9 wären in der Vergangenheit, in den letzten Jahren, viel mehr schwere Terrorismusfälle in der Bundesrepublik passiert. Allein die Gegenwart der GSG 9, dass die GSG 9 existiert, hat viele Terroristen davon abgehalten, in der Bundesrepublik tätig zu werden. Da bin ich überzeugt davon."